Google ist schon vor vielen Jahren in den Markt der smarten Brillen eingestiegen und hatte mit Google Glass nicht nur eines der meistgehypten Produkte vorgestellt, sondern auch einen der größten Flops gelandet. Über ein Jahrzehnt später scheint man noch nicht viel weiter zu sein, doch immerhin weiß man mittlerweile, woran das Projekt damals gescheitert ist. Ein Softwareentwickler des damaligen Projekts gibt interessante Einblicke.
Viele unserer Leser werden sich noch an Google Glass erinnern, das damals mit einer fulminanten Präsentation vorgestellt wurde und einen Hype rund um das Projekt und die gesamte futuristische Produktkategorie ausgelöst hat. Doch die in der Präsentation gezeigten Features waren nicht nutzbar, das Produkt sehr teuer, limitiert verfügbar, aus Datenschutz-Sicht ein Albtraum und so manches mehr. Google Glass gehört bis heute zu den größten Flops des Unternehmens, könnte aber dennoch irgendwann von Pixel Glass beerbt werden, das mittlerweile auch schon zwei Mal eingestellt wurde und derzeit auf Eis liegt (aber nicht vergessn ist).
Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig, doch ein damals am Projekt beteiligter Senior Software-Entwickler gab vor einiger Zeit sehr interessante Einblicke in die damalige Situation, die Kultur im Team und seine heutigen Ansichten. Damals hatte man sich bei Google noch die Reste eines Startup-Images bewahrt (auch wenn es längst ein Milliardenkonzern war), scheiterte aber dennoch vor allem an den typischen Problemen eines großen Unternehmens: Alle Beteiligten wissen, was schief läuft, werden aber nicht erhört oder trauen sich schlicht und ergreifend nicht, etwas zu sagen.
Hier die von Warren Craddock angeführten Gründe für das Scheitern, die aus meiner Sicht allesamt nachvollziehbar sind und vermutlich nicht nur bei Google für das Scheitern vieler weiterer Projekte führen. Achtet einmal auf die Parallelen zu Meta, das ja seit Jahren an verwandten Produkten arbeitet und abseits kleinerer Erfolge nach wie vor auf den ganz großen Durchbruch wartet. Ich werde das in meinen Kommentaren noch etwas weiter ausführen.
Unnötig und unschön
Google Glass actually had *two* fatal flaws:
– It didn't really do anything very useful.
– You looked stupid while wearing it.The culture in the Google Glass team grew to completely ignore these flaws, too.
Eigentlich hat er das wichtigste mit diesem Tweet schon zusammengefasst, was zum Scheitern geführt hat. Das Produkt mag grundsätzlich beeindruckend gewesen sein, aber einen praktischen Nutzen oder gar Vorteil gegenüber anderen Geräten hatte es nicht. Über letzten Punkt kann man streiten, aber trotz Brillenform war es natürlich alles andere als natürlich. Die auf die Mitmenschen gerichtete Kamera und das Display in der Ecke, das die Träger in die Ecke statt „normal geradeaus“ blicken ließ, war nicht wirklich clever.
Keine Killer-App
The engineers spent their days testing Glass with vapid questions like, "Ok Glass, how tall is the Eiffel Tower?" and taking phots of the potted plants on their desks.
Phone notifications are bad enough. No one wanted them on their faces, too.
Glass just wasn't useful.
Ich kann mich erinnern, dass Google damals hohe Prämien für externe Entwickler ausgelobt hatte, die Killer-Apps oder Ideen liefern. Das zeigte schon, dass man selbst keine hatte. Tatsächlich soll es wohl niemals eine echte Killer-App-Idee gegeben haben. Hoffen wir, dass sich das bis heute geändert hat, denn immerhin arbeitet man ja an einem Nachfolger.
Selbst das Team hat Glass nicht genutzt
Wearing Glass also made you look stupid.
No one ever wore Glass at the office. The devices sat on our desks, plugged into USB, endlessly charging.
The team tried to paper over this flaw, too. They launched an infamous photo spread in Vogue.
Kommen wir zu den Parallelen, die ich zu Meta sehe, wie es bis Ende 2023 aufgetreten ist: Niemand wollte Google Glass und selbst die Entwickler hatten ihre Brillen nicht auf der Nase, sondern stets nur Alibi-mäßig auf dem Schreibtisch. So ähnlich wird es wohl auch bei Meta aussehen. Wenn Zuckerberg vorbeischaut, ist man im Metaverse unterwegs und sobald er selbst wieder abtaucht, verschwindet die Brille. Ähnlich dürfte es damals mit Larry Page (als CEO) und Sergey Brin (als starker Projekt-Befürworter) gewesen sein. Jedes Widerwort hätte wohl direkt den Platz auf dem Schleudersitz gebucht, sodass man im Team selbst „blind“ dafür geworden ist, dass man mit Vollgas gegen die Wand fährt.
Niemand wollte Glass, aber keiner gab es zu
Unsurprisingly (at least in retrospect) that also failed to change the reality of Glass's fatal flaws.
The team never directly acknowledged the fatal flaws at all.
Instead, they trundled on, trying to push an ugly, useless product into a market that clearly didn't want it.
Das Team selbst soll wohl selbst nie eingestanden haben, dass man riesige und eigentlich unlösbare Probleme hat. Schwer zu sagen, ob man da tatsächlich vom eigenen Projekt so begeistert war und die sprichwörtliche rosarote Brille aufhatte, oder ob andere Meinung einfach nicht gehört wurden. In der Form kennt man das aus vielen großen Unternehmen, bei denen jeder Mitarbeiter, mit Ausnahme des Chefs sieht, dass vieles schiefläuft.
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Erst vor wenigen Tagen haben wir euch die Gründe für das Scheitern der Google Clips-Kamera genannt, die interessanterweise recht ähnlich sind. Die Experimentierfreudigkeit hat sich bei Google schon oft ausgezahlt, doch manchmal geht es eben schief und man landet Flops, bei denen man sich rückblickend fragt, warum diese nicht absehbar gewesen sind. Die Antwort findet ihr, denke ich, im vorherigen Absatz.
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