Google hat vor längerer Zeit die Notfall SOS-Funktion in Android integriert und diese zu Beginn des Jahres für viele Nutzer standardmäßig aktiviert – sehr zum Missfallen zahlreicher Rettungsdienste rund um die Welt. Nach öffentlichen Beschwerden hatte Google Besserung versprochen und jetzt scheint man eine neue Variante auszurollen, mit der die Hosentaschenanrufe der Vergangenheit angehören sollen. Doch vielleicht hat man die Funktion jetzt zu sehr entschärft.
Smartphones und Smartwatches sind in den letzten Jahren immer häufiger zu echten Lebensrettern geworden, denn sie können unter bestimmten Umständen Hilfe holen, wenn es der Besitzer vielleicht selbst nicht mehr kann. Auch aus diesem Grund hat Google das Feature Notfall-SOS zuletzt weiter ausgebaut, in alle Android-Smartphones integriert und diese Funktion standardmäßig aktiviert: Das fünfmalige Drücken auf den Power-Button aktiviert die Funktion und kontaktiert die hinterlegte Notrufnummer (hierzulande die 112).
Diese Tastenfolge soll es ermöglichen, dass die Nutzer schnell und vielleicht auch unbemerkt Hilfe holen können, doch in den allermeisten Fällen hat sich das eher als kontraproduktiv erwiesen. Denn der simple Auslöser war geradezu prädestiniert für das bekannten Hosentaschen-Auslösen und ging sogar so weit, dass einige Rettungsstellen rund um die Welt zur Deaktivierung geraten haben. Dazu muss man wissen, dass die Rettungsstellen nicht einfach auflegen dürfen, sondern sich erst felsenfest davon überzeugen müssen, dass es ein versehentlicher Anruf ist und dieser nicht von einer Person in Not stammt.
Bei drei Milliarden Android-Smartphones dürften in den letzten Monaten unzählige solcher Anrufe entstanden sein, die die Notfallleitungen im schlimmsten Fall blockiert haben. Google hat schnelle Abhilfe versprochen, bereits im Juni erste Testläufe durchgeführt und scheint das neue Konzept nun für alle Nutzer auszurollen. Allerdings führt es das gesamte Konzept vielleicht ein wenig ad absurdum.
Fünf Mal Drücken und drei Sekunden Touch-halten
Bisher war es so, dass nach fünfmaligen Drücken der Power-Taste ein fünfsekündiger Countdown auf dem Display erscheint. Nach Ablauf wird die Notfallzentrale kontaktiert. In der neuen Variante ist es so, dass ebenfalls ein Countdown läuft, dessen Aktion aber nicht selbstständig ausgelöst, sondern noch einmal bestätigt werden muss: Ein großer Touch-Button auf dem Display muss für drei Sekunden gedrückt gehalten werden, um den Anruf auszulösen.
Das dürfte die versehentlichen Anrufe effektiv verhindern. Meiner persönlichen Meinung nach dürfte es damit aber auch schwer werden, unbemerkt oder in einer absoluten Notlage Hilfe zu holen. Natürlich könnte man das trainieren und nach dem fünfmaligen Drücken der Power-Taste einfach den Finger auf das Display legen – aber wer tut das wirklich? Und selbst wenn man das ein wenig trainiert hat, kann man es in der Notfallsituation dann auch tatsächlich anwenden?
Der Grat zwischen versehentlichem Auslösen und leichter Auslösung für Menschen in Not ist sehr schmal und vermutlich gibt es dafür derzeit keine perfekte Lösung. Aber die jetzt präsentierte Variante ist sicherlich noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Die neue Lösung ist Standard, lässt sich in den Einstellungen aber auch deaktivieren.