Mit Android stellt Google das weltweit meistgenutzte Betriebssystem, das nach eigenen Angaben auf über drei Milliarden Geräten verwendet wird und daher nicht nur einen enormen Einfluss, sondern auch Verantwortung hat. Vor wenigen Tagen hat man zwischen den Zeilen eine Qualitätsoffensive angekündigt und man muss sich schon fragen, ob die einzelnen Ziele und Herangehensweisen überhaupt miteinander vereinbar sind.
Google veröffentlicht jedes Jahr eine neue Android-Version, die nach einer langen Betaphase im Herbst des gleichen Jahres freigegeben und auf die Pixel-Smartphones ausgerollt wird. Schon der jährliche Release scheint manche Smartphone-Hersteller über Jahre überfordert zu haben (wir alle kennen das Update-Problem) und eine Teilnahme am Beta-Programm ist trotz theoretisch breiter Unterstützung eigentlich nur auf den Pixel-Smartphones zuverlässig möglich. Die seit dem vergangenen Jahr zusätzlich eingeschobenen QPR-Releases und deren monatliche Betas (+ oftmals Zwischenversionen) haben den Druck noch deutlich erhöht.
Vor allem durch die QPR-Schiene vergehen keine zwei Wochen, in denen Google keine neue Beta für die Pixel-Smartphones veröffentlicht. Zufall oder nicht, aber seitdem gibt es gefühlt mehr Probleme bei den Releases und somit auch häufigere Zwischen-Betas. Man könnte also den Eindruck gewinnen, dass das Android-Team heftig unter Druck steht. Das ist zumindest mein persönlicher Eindruck, auf den dieser Artikel in weiterer Folge aufbaut. Ausgerechnet in dieser Umgebung hat man jetzt angekündigt, dass Android qualitativ immer mehr zulegen soll.
Man hat die Bedeutung des Betriebssystems unterstrichen und will daher in puncto mit jeder Version stärker nachlegen. Das soll wohl keine Marketing-Floskel sein, sondern tatsächlich sollen die internen Qualitätsziele jedes Jahr nach oben geschraubt werden und man denkt an weitere interne Veränderungen der Entwicklungsprozesse. Leider ist Android-Chef Dave Burke nicht weiter darauf eingegangen, was das bedeutet.
Hohe Qualität und schnelle Releases – passt das zusammen?
Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob die hohen Qualitätsanforderungen sowie der selbst erzeugte Druck der engen Release-Pläne zusammenpassen. Sicherlich gibt die Android-Infrastruktur das mittlerweile her, denn einzelne Komponenten lassen sich einfacher als in früheren Jahren austauschen – notfalls auch per System Update im laufenden Betrieb. Dennoch bleibt wohl nur wenig Zeit zum testen, wenn man alle zwei Wochen eine Version veröffentlichen muss, die potenziell auf Millionen Pixel-Smartphones eingesetzt wird. Die parallel dazu geplanten Sicherheitsupdates machen das auch nicht besser.
Mir hat sich die Frage gestellt, ob die zunehmenden Probleme der letzten zwei Jahre eine Folge der bereits längst ausgerufenen Qualitätsoffensive sind oder ob man umgekehrt die Initiative wegen der Probleme gestartet hat. Erstes wäre dem Kuriosum geschuldet, dass die Entwickler den steigenden Qualitätsmaßstäben entsprechen müssen (wie auch immer man „Qualität“ definiert und misst) und daher nur wenig Zeit haben, das resultierende Stückchen Software auf Herz und Nieren sowie im Zusammenspiel mit anderen Komponenten zu testen.
Dass das Pixel-Team kürzlich verkündet hat, dass Software-Update dann ausgeliefert werden, wenn sie fertig sind und nicht mehr einem fixen Zeitplan folgen müssen, kann im Nachhinein auch anders interpretiert werden. Auch das kann man wieder in zwei Richtungen sehen: Entweder man nimmt sich die Zeit, die man braucht – oder – man hisst gegenüber dem Android-Team die weiße Fahne und nimmt sich selbst etwas Druck heraus. Dazu muss man wissen, dass Android und Pixel trotz aller Zusammenarbeit Google-intern vollkommen voneinander getrennte Teams sind.
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