Für Google läuft es in diesem Jahr überhaupt nicht rund, denn obwohl das schwierige Jahr 2023 gefühlt gerade erst begonnen hat, steht man schon vor großen Herausforderungen. Doch diese Herausforderungen betreffen nicht irgendein Geschäft, sondern das Kernprodukt des Unternehmens – die Gelddruckmaschine Websuche. Man darf durchaus die Frage stellen, wie ein Google ohne erfolgreiche Suchmaschine aussehen würde.
Google ist vor mittlerweile 25 Jahren als Suchmaschine gestartet, die den Markt im Sturm erobert hat und innerhalb kürzester Zeit ganz ohne Eigenwerbung zum Marktführer aufgestiegen ist. Aufbauend auf diesem Erfolg wurden weitere Produkte gestartet, die zum Teil in die Websuche integriert wurden, aber auch zum Aufbau einer damals stark wachsenden App-Familie beitrugen. Diese haben die Reichweite immer weiter vergrößert, konnten aber nie den Erfolg der Websuche übertreffen.
Während die ersten Produkte noch eng mit der Websuche in Verbindung standen, hat man diese Mission später aus den Augen verloren. Zuerst kamen Produkte wie die Bildersuche, Google News, Vorläufer von Google Shopping und Ähnliches. Dann wurde die Mission von der Organisation aller Infos im Web auf die Organisation aller Informationen ausgeweitet. Es startete GMail, der Kalender, später die zahlreichen Google Drive-Apps und auch Google Maps, das das am tiefsten in die Websuche eingebundene branchenfremde Produkt ist. Vielleicht kann man auch die Erweiterung des Portfolios durch die Übernahme von YouTube dazuzählen. Die große Werbeplattform wurde parallel dazu aufgebaut, um das alles zu monetarisieren.
Später folgten völlig davon losgelöste Produkte wie Android, Chrome, die Google-Hardware und Ähnliches. Diese verfolgen vor allem den Zweck, Nutzer zu binden und die eigenen Apps zu etablieren. Der Erfolg gibt dem Unternehmen bis heute recht, aber trotz aller Erfolge und Milliarden-Umsätze ist das Konstrukt vielleicht recht fragil. Denn viele Produkte verdienen kein Geld, sondern werden nur subventioniert. Siehe dazu den kürzlichen Artikel zur Android-Subventionierung.
Wäre ein Google ohne die Websuche denkbar?
Jetzt gerät die seit zwei Jahrzehnten dominierende Websuche plötzlich unter Druck: Die Konkurrenz bietet eine Antwortmaschine, Umsatzbringer Apple könnte sich bald lösen und ein drohendes US-Kartellverfahren soll eine Aufspaltung prüfen. Für Google droht ein Szenario, das sowohl die Websuche als auch das stark davon abhängende Werbegeschäft erheblich einbrechen wird. Das würde nicht nur viele Milliarden Dollar Umsatz kosten, sondern natürlich auch die Subventionierung zahlreicher Produkte in Frage stellen.
CEO Sundar Pichai hat schon im Sommer 2022 gesagt, dass man sich aufgrund globaler Krisen manche Nebenschauplätze nicht mehr leisten kann und bereits einige Produkte eingestellt. Wenn sich das deutlich verschärft, kann es auch mal größere Produkte treffen. Dazu kommt die Forderung der Abspaltung der Suchmaschine vom Werbegeschäft. Das würde nicht nur der Werbekonkurrenz die Tür in die Websuche öffnen, sondern auch die Bedeutung des Google-Werbenetzwerks abwerten. Parallel zur Reichweite sinken auch die Klickpreise und damit verbunden der Umsatz.
Strukturell und strategisch wäre ein Google ohne Websuche vorstellbar. Ob das allerdings finanzierbar ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Und so ist es nicht ausgeschlossen, dass die aktuellen Probleme (siehe dieser Artikel) ein bisher stabiles Kartenhaus ins Wanken bringen. Es wird sicherlich nicht einstürzen, aber die eine oder andere Karte könnte fallen…
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