Google-CEO Sundar Pichai leitet bereits seit 2015 die Geschicke des Unternehmens und ist schon jetzt der langjährigste CEO, den Google bisher hatte. In jüngster Zeit muss Pichai allerdings einiges an Kritik einstecken und erst vor wenigen Tagen wurden seine Entscheidungen so deutlich wie noch nie in Frage gestellt. Jetzt stellt sich die Frage, ob Pichai noch die richtige Person an der Spitze ist oder das Ruder abgeben sollte.
Google hatte in der gut 25-jährigen Geschichte nur drei CEOs: Zuerst Gründer Larry Page, der diese Rolle beim damals sehr schnell wachsenden Unternehmen gefühlt nur nebenbei ausfüllte. Es folgte Eric Schmidt, unter dessen Leitung das Suchmaschinen-Unternehmen sehr schnell expandierte und zum bekannten Tech-Konzern umgebaut wurde. Später übernahm wieder Larry Page das Ruder, der das vielleicht etwas zu schnell gewachsene Unternehmen auf Effizienz trimmte – damals tatsächlich angetrieben von Ratschlägen von Apple-CEO Steve Jobs.
Im Zuge dieser Effizienzsteigerung wurde die Alphabet Inc geschaffen, Larry Page übernahm den Chefsessel der Holding und der vorherige „Supermanager“ Sundar Pichai wurde 2015 CEO von Google. Einige Jahre später wurde er auch CEO von Alphabet und überwacht sich in puncto Google somit selbst. Das hatte ich damals schon hinterfragt. Das Unternehmen ist weiter stark gewachsen, doch echte Impulse waren von Pichai nie zu spüren. Außerhalb von Produktpräsentationen oder Anhörungen trat er nie in Erscheinung. Selbst „Buchhalter“ Tim Cook hat mehr Präsenz.
Und das ist nicht nur meine Beobachter-Perspektive, sondern wird wohl auch von vielen anderen Beobachtern und Mitarbeitern so gesehen. Tatsächlich wird Pichai seit der sich abzeichnenden Krise vorgeworfen, dass das Unternehmen planlos agiert, kaum langfristig denkt und Strategien immer wieder anpasst. Sicherlich ist er nicht in Detailentscheidungen involviert, aber die gefühlte Planlosigkeit und sprunghaften Strategiewechsel dürften auch vielen Nutzern in den letzten Jahren aufgefallen sein.
Zu viel Forschung, zu wenig Produkte
Unter Pichai hat Google zwar sehr viel in die Forschung investiert und sich das Motto „AI First“ auf die Fahnen geschrieben, aber in der Außendarstellung ist abseits vieler Tech-Demos nicht passiert. Das rächt sich aktuell ganz besonders, denn man hat die ChatBots verpasst und agiert trotz aller Eigen-Prognosen und Forschungen planlos und wie ein aufgescheuchter Haufen. Die jüngst bekannt gewordene Kritik der Google-Mitarbeiter an Pichai zeigt, dass man die Schuld daran beim CEO sucht. Doch manche Dinge kann man eben nicht innerhalb weniger Wochen aus dem Boden stampfen, vor allem nicht im eigenen Kerngeschäft mit angeschlossener Gelddruckmaschine.
Und so wird sich Pichai die Frage gefallen lassen müssen, ob er noch der richtige Mann an der Spitze von Google ist. Pichai ist gefühlt eher Forscher und Techniker, der vielleicht viele starke und beeindruckende Ergebnisse präsentieren kann, aber keine konkreten Produkte und Geschäftsbereiche daraus formt. Auch die kürzlich verkündeten 12.000 Entlassungen werden ihm angekreidet. Natürlich ist er in der letzten Verantwortung und sein Wort im Unternehmen Gesetz, aber dennoch ist es nicht alles seine „Schuld“. Dass man dennoch alles ihm in die Schuhe schiebt, zeigt den fehlenden Rückhalt der Belegschaft, der sich schon länger abgezeichnet hat. Schon vor Jahren hatten wir gezeigt, dass Pichai bei Googlern nicht beliebt ist.
Schon als Pichai die Leitung von Alphabet übernommen hat, hatte ich eingeworfen, dass das vielleicht ein bisschen zu viele Aufgabenbereiche für eine einzelne Person ist. Google ist ein Gigant, der auf vielen wichtigen Hochzeiten tanzt und die restlichen Alphabet-Unternehmen benötigen nicht weniger Aufmerksamkeit, auch wenn sie finanziell noch keine große Bedeutung haben. Pichai ist kein Elon Musk. Und auch dieser hat bekanntlich immer mehrere Monate ein Fokus-Unternehmen, das die volle Aufmerksamkeit erhält.
Ich bin nicht in der Position, irgendwas zu empfehlen und maße mir kein Urteil an, sondern gebe nur meine Meinung ab: Pichai sollte Alphabet leiten und Google in andere Hände geben, die wieder Ordnung in den Laden bringen.