Der Funktionsumfang von Google Fotos wächst Jahr für Jahr und wurde auch in den letzten Monaten weiter ausgebaut. Es gibt immer wieder neue Bearbeitungsmöglichkeiten, doch auf eine schon vor fünf Jahren angekündigte Funktion (!) warten die Nutzer nach wie vor: Die nachträgliche Colorierung von Schwarz-Weiß-Fotos. Vielleicht wird es sich in diesem Jahr endlich ändern, denn die Weichen sind gestellt.
Google Fotos ist eine sehr populäre Fotoplattform, die in ihren ersten Jahren mit starken Features aufwarten und viele Nutzer begeistern konnte. Die meisten Features sind noch immer da, aber irgendwann gewöhnen sich die Nutzer, die Konkurrenz kann nachziehen und es wird Zeit für den nächsten großen Schritt. Mit dem magischen Radierer hat man in der letzten Zeit stark nachgelegt und vielleicht die Tür für eine weitere Funktion geöffnet. Das nachträgliche Colorieren von Schwarz-Weiß-Bildern, automatisch auf Knopfdruck, ohne dass man als Nutzer Kenntnisse über das Motiv oder eine künstlerische Ader haben müsste.
Um das zu ermöglichen, muss die Plattform etwas erschaffen, das nicht vorhanden ist. Natürlich können die verschiedenen Grautöne Aufschluss geben, aber selbst grobe Farbinformationen sind auf den Bildern einfach nicht vorhanden und müssen daher von der KI ausgewürfelt werden. Und das dann auch noch so, dass sich ein stimmiges Bild ergibt, das an Realismus grenzt. Mit teuren Spezialeffekten und erfahrenen Grafikern ist so etwas technisch seit Ewigkeiten machbar, aber der Automatismus ist das große Problem.
Doch Google hat sich dieses Problem selbst auferlegt, denn man hat ein solches Feature auf der Google I/O 2018 angekündigt und auf der Bühne sogar schon im Einsatz gezeigt. Zwar nannte man kein Datum für den Rollout, aber immerhin sprach man von „bald“, sodass nicht wenige mit dem folgenden Sommer oder Herbst gerechnet hätten. Aber dazu kam es nicht.
2/ Here’s a photo of my 104yo grandmother on her wedding day, colorized with Google Photos on my phone. (You can see we have some work to do; my grandfather didn’t wear pink pants to his wedding!) pic.twitter.com/Ni8v0Bz3vg
— David Lieb (@dflieb) May 6, 2019
Ein Jahr später, auf der Google I/O 2019, spielte das Thema keine Rolle mehr und das Google Fotos-Team wurde von den Medien an das damalige Versprechen erinnert. Tatsächlich meldete sich Google Fotos-Produktmanager David Lieb zu Wort und versprach, dass es sich in Entwicklung befindet und irgendwann ausgerollt wird. Damit war das Thema dann schon wieder beendet und wurde nie wieder offiziell erwähnt. Kann sich eine solche Funktion tatsächlich über mittlerweile viereinhalb Jahre in Entwicklung befinden und noch nicht intern aufgegeben worden sein?
Ein letztes Lebenszeichen gab es im Oktober 2019, als die Funktion tatsächlich kurzzeitig in der Beta-Version der App auftauchte. Allerdings in einer geleakten Beta und selbst da nur durch Aktivierung einiger versteckter Flags. Man nannte es „Add color to old photos (BETA)“ und beschriebe es genau so, wie damals angekündigt. Es ließ sich sogar nutzen, wie ihr den wenigen unten eingebundenen Screenshot entnehmen könnt. Die Ergebnisse waren nicht beeindruckend, aber dennoch vielversprechend.
Drei weitere Jahre später
Jetzt sind schon wieder drei Jahre und zwei Monate vergangenen, seitdem wir das Feature zum letzten Mal gesehen oder überhaupt irgendwas davon gehört haben. Gibt es noch Hoffnung, dass es eines Tages freigeschaltet wird? Wenigstens als Beta für zahlende Google One-Abonnenten? Eigentlich würde ich sagen, dass man Google-intern längst den Stecker gezogen hat, aber ein anderer Release macht dann doch noch Hoffnung.
Es geht um das Entfernen von störenden Objekten in Bildern, das tatsächlich vor einigen Monaten für die ersten Nutzer ausgerollt wurde und somit ein sehr altes Versprechen eingelöst wurde. Die Rede ist vom „magischen Radierer“, den man vor allem im Rahmen des Pixel 7-Marketings immer wieder erwähnt.
Das Entfernen von Objekten aus Fotos wurde mit obiger Animation im Mai 2017 (!) angekündigt. Also noch ein Jahr früher, als es beim Colorieren von Bildern der Fall gewesen ist. Es sollte viereinhalb Jahre dauern, bis dieses Feature für die ersten Nutzer offiziell angeboten wird. Und in dem Zeitfenster befinden wir uns mit der Colorierung in etwa noch. Es zeigt, dass man sich intern auch von so manchen Fehlschlägen nicht abbringen lässt und es „richtig machen“ will, wie im zuvor eingebundenen Tweet bereits zu lesen war.
Aber es nicht nur die Entwicklungsdauer, die mir Hoffnung macht, sondern auch die Qualität des anderen Produkts. Das Entfernen von Objekten funktioniert recht gut, liefert aber keine beeindruckenden Ergebnisse. Die Bearbeitung ist in vielen Fällen gut zu sehen, selbst wenn man den Betrachter nicht direkt darauf hinweist. Google Fotos schafft nichts, was viele andere Apps in diesem Bereich nicht auch können. Es ist eher ein großzügiges Verwischen und mit Mustern auffüllen als eine echte KI zur Fortführung oder gar Erschaffung von Hintergrundobjekten.
Und damit befindet man sich auf dem gleichen Level: Beide Projekte sind nutzbar, liefern aber keine sehr gute Qualität. Aber das Google Fotos-Team traut sich dennoch, dieses Feature zu veröffentlichen und erst durch die Masse der Nutzer mit unzähligen Erfahrungswerten zu fluten, die für eine solche KI sehr wichtig sind. Meine Prognose: 2023 ist es endlich soweit!