Google hat gerade erst Android 13 veröffentlicht und damit das nächste Kapitel des Betriebssystems begonnen. Gerade jetzt ist es sehr interessant, an das andere Ende der Versionskette zu schauen und einen Blick auf die offiziell längst nicht mehr unterstützten Versionen zu werfen. Wie sieht es aus, wenn man schon sehr lange an seinem Smartphone festhält und wie schlagen sich die uralten Versionen von Gingerbread bis Lollipop im Jahr 2022? Ein Test bringt viele interessante Erkenntnisse.
Android 12 kann noch als aktuelles Google-Betriebssystem bezeichnet werden, Android 13 wird erst in den kommenden Monaten auf viele Smartphones ausgerollt und wird sich langsam verbreiten. Selbst mit Android 11 muss man noch kein schlechtes Gefühl haben. Weil aber nur die wenigsten Menschen Lust haben, sich ständig ein neues Smartphone zu kaufen, kann die eigene Version auch recht schnell veralten. Und so sind auch heute gut ein Prozent aller Nutzer mit einer Version bis Gingerbread unterwegs, der Google schon länger den Stecker gezogen hat.
In puncto Sicherheit und Usability sind die Uralt-Versionen im Vergleich zu den modernen Version 11, 12 und 13 natürlich ein Graus, aber was ist, wenn man darüber hinwegsehen kann? Wie schlagen sich die alten Versionen im Jahr 2022 und ist es wirklich ein großes Drama, wenn man noch immer die Lollipop-Version oder schlimmer im Einsatz hat? Als Offline-Gerät mit Apps ohne zwingende Internetverbindung sind sie jedenfalls nach wie vor nutzbar und könnten gute Dienste leisten. Tatsächlich ist das ab einem gewissen Punkt auch halbwegs problemlos möglich.
Die Redakteure von Der Standard hatten sich vor einiger Zeit ihre alten Nexus-Smartphones geschnappt und das System jeweils mit der damals ausgelieferten Android-Version neu aufgesetzt. Dabei haben sie bis auf das Nexus S mit Android 2.3 Gingerbread zurückgegriffen, das damals immerhin noch von 0,3 Prozent aller Nutzer verwendet wurde.
Android 2.3 Gingerbread
Der Login in das Google-Konto ist möglich, allerdings nur dann, wenn ein neues auf dem Smartphone erstellt wird – ansonsten verwehren die Sicherheitsmechanismen bereits direkt nach dem Start den tieferen Einstieg in das Betriebssystem. Nach dem ersten Start eines älteren Geräts werden normalerweise erst einmal alle bereits installierten Apps aktualisiert und auf den neuestmöglichen Stand gebracht. Allerdings nicht bei Gingerbread, denn damals hieß der Play Store noch Android Market – der mittlerweile abgeschaltet wurde und auch kein automatisches Update mehr auf den Play Store durchführt.
Weil die meisten Apps schon damals zu großen Teilen Online arbeiten, wird der Nutzer bei sehr vielen zur Aktualisierung aufgerufen und kann sie teilweise auch nicht nutzen – aber das ist durch den fehlenden Play Store eben nicht mehr möglich. Abhilfe schafft eine Möglichkeit, den Play Store nachträglich zu installieren – was tatsächlich gelingt. Anschließend laufen dann doch viele Updates durch, aber die neueste App-Version wird in den meisten Fällen nicht mehr angeboten.
YouTube, Google Earth oder auch die Sprachsuche ist nicht nutzbar. Google Maps oder GMail hingegen tun tadellos ihren Dienst, aber zumeist mit zuletzt im Jahr 2014 aktualisierten Versionen. Auch Facebook muss lobend erwähnt werden, denn tatsächlich sind Facebook, Instagram und WhatsApp nutzbar – zwar nur noch wenige Wochen, denn Anfang 2020 wird der Stecker gezogen – aber immerhin.
Android 4.1 Jelly Bean
Bei Jelly Bean zeigt sich Googles Produkt-Strategie sehr deutlich, denn gleiche eine ganze Reihe von vorinstallierten Apps wurde längst eingestellt und ist nicht mehr nutzbar. Dazu gehört Google+, der Google+ Messenger oder auch „News and Weather“. Alle Apps sind vorinstalliert, lassen sich auf normalem Wege aber nicht entfernen. Reine Datenleichen. Besonders interessant ist das bei der App „Currents“, mit denen Magazine gelesen werden konnten.
Currents funktioniert erst nach einem Update über den Play Store. Allerdings verweist die App nur darauf, dass sie durch den Google Play Kiosk ersetzt wurde. Dieser wiederum wurde 2019 eingestellt und durch die Google News-App ersetzt. Und die steht nicht für Android 4.1 zur Verfügung. Klassiker.
Android 4.4 KitKat
Android KitKat ist eine der letzten halbwegs nutzbaren Versionen auf der nach unten offenen Skala. Viele Apps haben bis zum vergangenen Jahr mindestens Android 4.4 vorausgesetzt, sodass praktisch alle modernen Apps nutzbar sind und teilweise auch bis heute mit Updates versorgt werden oder zumindest das letzte reguläre Update im Jahr 2018 erhalten haben. Das ist nicht schön, aber für Nutzer eines alten Knochens derzeit noch akzeptabel.
Das Problem der alten vorinstallierten Google-Apps besteht hier zusätzlich auch mit Google+ Photos und sogar Quickoffice – ja, das war tatsächlich ein Google-Produkt und wurde bereits 2014 eingestellt. Ansonsten sind praktisch alle Apps verfügbar und nutzbar, aber ausgerechnet Google-Apps machen aufgrund des fehlenden Google+ ein paar Probleme. Weil das Netzwerk tief in viele Apps integriert war und die letzten Updates aus der Zeit stammen, in denen es noch existierte, muss man mit einigen Fehlermeldungen und Update-Aufforderungen leben.
Android 5.0 Lollipop
Android 5.0 Lollipop ist tatsächlich noch ein komfortables Betriebssystem, denn es ist die aktuelle Untergrenze vieler Apps, sodass alle großen Entwickler bis heute Updates liefern. Alle Google-Apps bis auf Play Movies werden aktualisiert, Facebook-Apps werden wohl noch einige Jahre nutzbar sein und auch die Auswahl im Play Store könnte mit Android 10 kaum größer sein. Weil mit diesem Betriebssystem das Material Design eingeführt wurde, ist es sogar optisch noch einigermaßen auf der Höhe der Zeit.
Vermutlich wird sich das aber schon bald ändern und Google entsprechend die Mindestanforderung auf Android 6.0 Marshmallow heraufsetzen. Android 5.x ist auch die erste ältere Version, die bis Ende 2019 einen Anteil von über 10 Prozent hatte.
Dass die Smartphones mit den alten Versionen noch nutzbar sind, ist nicht überraschend, denn so lange man nicht Online gehen muss und nur die alten lokalen Apps verwendet, spielt das Alter gewissermaßen keine Rolle. Sobald dann aber die Online-Verbindung benötigt wird, wird eben eine aktuelle Plattform vorausgesetzt, was zu unvorhergesehenen Ergebnissen und Problemen führen kann. Vielleicht testen die ganz großen Entwickler ihre Apps noch mit den historischen Versionen, aber Rücksicht können sie darauf natürlich nicht mehr nehmen.
Was ebenfalls nicht vergessen werden darf, selbst wenn das Uralt-Gerät nur als besserer Taschenrechner verwendet wird, ist die Sicherheit. Als diese Geräte auf den Markt kamen, war von monatlichen Sicherheitsupdates noch nicht einmal zu träumen und natürlich würden sie ohnehin längst nicht mehr aktualisiert. Das gesamte Betriebssystem, die Hardware und auch alle Apps sind also Einfallstore für jegliche Gefahren – und eh man sich versieht, ist das eigene Smartphone Teil eines Botnetzes.
Natürlich sollte man darauf achten halbwegs auf dem aktuellen Stand zu bleiben und muss sich eben wohl oder übel, wenn einem die Sicherheit wichtig ist, vom alten Smartphone trennen – zumindest im produktiven Einsatz mit persönlichen Daten.
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