Google ist bekannt dafür, in vielen Bereichen mit eigenen Produkten aktiv zu sein, immer wieder umzubauen und die Fühler in zahlreiche weitere Richtungen auszustrecken, die in Zukunft bearbeitet werden könnten. Manchmal tut man dies mit experimentellen Produkten, die auch als solche zu erkennen sind – unter anderem vom internen Inkubator Area 120. Doch jetzt hat man dort ordentlich durchgefegt und könnte nach Ansicht einiger Beobachtung an Innovationskraft einbüßen. Oder etwa nicht?
Vor einigen Monaten hat Google-CEO Sundar Pichai verkündet, dass sein Unternehmen Kosten reduzieren bzw. Umsätze steigern muss, um das seit vielen Jahren erzielte Wachstum weiterhin zu halten. Dafür sollen Produkte und Abteilungen effizienter werden und man kann sich manche Spielereien in diesen Zeiten nicht mehr leisten – so ähnlich hat Pichai es ausgedrückt. Es war klar, dass es damit vor allem die Bereiche trifft, in denen viel experimentiert wird.
Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Hälfte aller Area 120-Projekte eingestellt und das Team deutlich verkleinert wird. In vielen Medien war zu lesen, dass Google durch diesen Schritt an Innovationskraft einbüßen wird. Natürlich könnte man das so sehen, denn Area 120 wurde von Google selbst als „Startup-Inkubator“ beschrieben und man hat zahlreiche Produkte gestartet und nicht wenige schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt.
Wir haben euch in den letzten Jahren immer wieder Area 120-Produkte vorgestellt, sodass ihr einen groben Überblick über das bekommt, was aus diesem Inkubator hervorgegangen ist. Ich kann nur sagen, dass das Interesse hier im Blog extrem überschaubar war, es sich praktisch nur um MeToo-Apps gehandelt hat und von Innovationen in jeglicher Form eigentlich nichts zu sehen war. Das zeigt schon die Tatsache, dass die GameSnacks, Mini-Spiele für Android Auto und andere Plattformen, als größte Area 120-Innovation gelten.
Vielleicht habe ich zu wenig Einblick in das Area 120-Konstrukt, aber meiner persönlichen Meinung nach war dieser Inkubator weit von Innovationen entfernt. In den einzelnen Produkt-Abteilungen findet mehr Entwicklung statt und Google hat eine große Forschungsabteilung für neue Technologien, die echte Neuerungen hervorbringen. Ob Area 120 nun existiert oder nicht, dürfte überhaupt keinen Unterschied machen. Das heißt nicht, dass die Apps schlecht waren, aber sie waren nicht innovativ, praktisch nie auf Dauer ausgelegt und wurden nach der ersten Präsentation schnell vergessen.
Es gab Zeiten, in denen heute sehr erfolgreiche Google-Produkte aus Projekten der berühmten „20 Prozent Zeit“ hervorgingen. Das war eine Zeit, in der Google-Mitarbeiter 20 Prozent ihrer Arbeitszeit privaten Projekten widmen durften. Produkte wie die Google Maps Navigation, Google AdSense oder auch GMail haben hier ihren Ursprung. Zumindest ist die Grundidee in dieser Phase entstanden. Doch wenn man sich Googles erfolgreiche Produkte ansieht, dann wird schnell deutlich, dass die meisten schon 10 bis 15 Jahre oder gar mehr existieren. Innovationen im App-Bereich für Privatnutzer hat es schon lange nicht mehr gegeben.
Oder wann hattet ihr den letzten Wow-Effekt bei einem Google-Produkt? Ich kann mich noch an GMails gigantische 1 GB-Speicherplatz erinnern, an die pfeilschnelle GMail Web-App, an Google Earth, Google Streetview oder den Chrome-Browser. Alles Produkte, die echte Gamechanger waren und sind. Es ist nicht zu erwarten, dass Area 120 ähnliches hervorgebracht hätte…