Fuchsia: Googles neues Betriebssystem wird links und rechts von Android überholt – war das der große Plan?
Googles neues Betriebssystem Fuchsia hat es bisher zwar nur auf wenige Geräte geschafft, aber dennoch schon eine lange Geschichte von mittlerweile sieben Jahren Entwicklungszeit hinter sich. Immer häufiger taucht allerdings ein Name auf, der das gesamte Projekt zunehmend infrage stellt: Android. Während Fuchsia noch vor wenigen Jahren als „Android-Killer“ galt, ist es heute genau andersherum.
Dem neuen Betriebssystem Fuchsia wurden vor einigen Jahren wundersame Dinge zugetraut und in vielen Medien wurde es plötzlich als „Android-Killer“ bezeichnet, obwohl Google es niemals offiziell angekündigt hat – was übrigens bis heute der Fall ist. Das war allerdings zu einer Zeit, in der auch Android trotz aller Dominanz am Smartphone-Markt ein wenig ins Straucheln geriet. Was damals wirklich passiert ist und warum Android ein Jahr später wieder in die Spur gefunden hat, ist nicht bekannt. Mit Fuchsia hat es aber wohl nichts zu tun.
Das Interesse an Fuchsia ist längst wieder im Keller und nur noch in Fachkreisen vorhanden (zu denen unter anderem ein großer Teil unserer Leser gehören). Aus dem einstigen Android-Killer ist heute ein Betriebssystem geworden, das seine Richtung sucht und dem in der aktuellen Generation langsam die Geräte ausgehen, auf denen es eingesetzt werden könnte. Ich habe bereits in diesem Artikel darüber philosophiert, dass eigentlich keine Geräteklasse für Fuchsia frei ist.
Der damalige Bezug zu Android ging irgendwann verloren, ist aber mittlerweile wieder vorhanden. Mittlerweile ist es aber nicht mehr so, dass Fuchsia ein Android-Killer, sondern eher umgekehrt: Android ist ein Fuchsia-Killer und stellt das neue Betriebssystem immer mehr infrage. Gleichzeitig könnte Fuchsia aber auch eines seiner Ziele erreicht haben.
Fuchsia sucht noch seine Identität und wird diese vermutlich nicht in den zwei Smart Displays finden, auf denen es bisher ausgerollt wurde. Lange Jahre waren Smart Displays potenziell der wichtigste Markt für Fuchsia, doch man ist links und rechts überholt worden. Das CastOS rund um den Google Assistant macht einen guten Job, sodass Fuchsia beim aktuellen Rollout lediglich als Unterbau dient und keinerlei echte Verbesserungen bringt.
Schlimmer noch, Google hat wohl längst ein neues Betriebssystem für Smart Displays gefunden – ein alter Bekannter: Android. Weil sich Tablets und Smart Displays in Googles Plänen stark annähern, will man dort für eine Vereinheitlichung sorgen. Es ist mittlerweile bekannt, dass sich das Pixel Tablet als Smart Display nutzen lassen wird. Und man wird sicherlich keine eigene Plattform dafür entwickeln, wenn nicht auch andere Geräte in diese Richtung gehen.
Android kommt Fuchsia zuvor
Damit hat Fuchsia seinen vielversprechendsten Markt wohl an Android verloren. Auch Tablets, einige Zeit als Fuchsia-Land betrachtet, nimmt Android wieder in Angriff. Im Auto ist Android zu Hause, auf dem Smart TV, auf Smartwatches und selbst andere Wearables setzen wohl auf einen neuen Android-Ableger. Überall, wo man ein neues Betriebssystem gebraucht hätte, hat sich Android ausgebreitet und lässt für Fuchsia keinen Platz.
Fuchsia orientiert sich an Android
In jüngster Zeit werde nur wenige Verbesserungen rund um Fuchsia bekannt. Wenn es dann mal wieder etwas neues gibt, steht es mit Android in Verbindung. Man baut die Unterstützung von Android-Apps aus. Es wird ein neuer Layer auf Kernel-Ebene für Android geschaffen. Android-Apps sollen in Fuchsia nativ ausgeführt werden. Und zuletzt haben wir berichtet, dass Fuchsia ADB unterstützen soll und sich mit der Android Debug Bridge auf den Zahn fühlen lässt.
Alles Projekte mit Android-Bezug die zeigen, dass das Betriebssystem und dessen Ökosystem in Fuchsia eine wichtige Rolle spielt. Fast bin ich versucht zu sagen, dass Fuchsia sich so sehr an Android orientiert, dass es kaum noch eigene Stärken mitbringt. Aber wozu wird es dann überhaupt benötigt?
Sollte Fuchsia nur Android verbessern?
Fuchsia konnte vor 4-5 Jahren mit einigen Besonderheiten punkten: Eine flexible Oberfläche, ein voll flexibles Einsatzgebiet, Unterstützung verschiedener Plattformen und eine Modularität mit austauschbaren Komponenten. Das war aufregend und hat die Vorfreude auf das Betriebssystem erst aufkommen lassen. Doch heute hat Android vieles davon übernommen. Das Betriebssystem ist flexibel geworden, unterstützt mit Smartphone / Foldable / Tablet / Desktop verschiedene Oberflächen, ist auf immer mehr Plattformen zu Hause und ist modular aufgebaut.
Gut möglich, dass Fuchsia genau damit sein Ziel erreicht hat: Es wurde immer als Spielwiese bezeichnet, auf der man neue Technologien testen kann. Die Android-Verbesserungen der letzten Jahre könnten auch auf Fuchsia zurückzuführen sein, wo man die Konzepte ausprobieren konnte. Doch jetzt hat Android Fuchsia überholt und es gibt keine innovativen Neuerungen mehr. Welche Rolle soll es jetzt noch einnehmen?
Vermutlich werden hinter Fuchsia noch lange Zeit viele Fragezeichen stehen. Vielleicht hat es eines Tages noch den großen Durchbruch, aber wetten sollte man darauf nicht. Wahrscheinlicher ist es, dass man die Entwicklung irgendwann ohne Ankündigung einstellt und die Fragezeichen bestehen bleiben.
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Ich habe irgenwo einmal gelesen, dass Fuchsia als Test dienen soll, wie man Android modularer gestalten kann um eine bessere Trennung zwischen den Systemebenen herbeizuführen Mit dem Ziel z.B. den Kernel updaten zu können, ohne dass der Herstelleraufsatz dafür angepasst werden muss.
Und es hat (in meiner Wahrnehmung) ja offensichtlich schon Früchte getragen.
Genau darauf ziele ich auch mit dem Artikel ab. Gut möglich, dass das tatsächlich der Fall ist.
Fraglich nur, warum man es dann jetzt noch weiterentwickelt und auf zwei Geräte ausrollt.