Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Google-Produkte regional voneinander unterscheiden und nicht überall den gleichen Funktionsumfang bieten. Doch bei Google Maps könnte man den Eindruck gewinnen, dass das Produkt mit Deutschland auf Kriegsfuß steht und wichtige Features aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen nicht anbietet. Nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft weitere Funktionen entfernt werden müssen.
Deutschland gehört zu den wichtigsten Märkten der Tech-Unternehmen und ist daher auch bei Google je nach Produktkategorie in der ersten oder zumindest zweiten Riege zu finden. Doch bei Google Maps stellt Deutschland schon seit weit über zehn Jahren ein Sonderfall dar und es ist trotz aller Hoffnung nicht absehbar, ob und wann es ein Comeback von Streetview in Deutschland geben wird. Aber das ist längst nicht das einzige Produkt, das hierzulande nicht angeboten wird.
Streetview
Über Google Maps Streetview haben wir uns hier im Blog gerade erst rund um den 15. Geburtstag beschäftigt und dabei natürlich auch auf die Situation in Deutschland zurückgeblickt. Zwar gibt es Streetview-Aufnahmen einiger deutscher Großstädte, aber diese sind längst veraltet und somit kaum noch für den eigentlichen Zweck nutzbar. Weil man damals aufgrund der Panik, die international die „German Angst“ erneut bestätigt hatte, mehr als eine Million Bilder aufwendig verpixeln musste, wurden jegliche Fahrten bis auf Weiteres eingestellt. Damals hätte man kaum damit gerechnet, dass „bis auf Weiteres“ auch 13 Jahre später noch gilt.
Es gab viele Hinweise auf ein Comeback, doch Google hat wichtige Zeitpunkte verstreichen lassen und auch weiterhin keine Pläne verkündet, neue Aufnahmen in Deutschland anzufertigen. Gut möglich, dass sich das auch in den nächsten 15 Jahren nicht ändern wird. Alle Informationen, Hinweise und Notwendigkeiten findet ihr übersichtlich in diesem Artikel.
Tempolimit
In vielen Ländern zeigt die Google Maps Navigation ein Tempolimit, an dem die Autofahrer auch auf dem Display ablesen können, wie schnell gefahren werden darf. Diese Daten stehen international in sehr vielen Ländern in ausgezeichneter Qualität zur Verfügung – natürlich auch in Deutschland. Doch während viele deutsche Urlauber in diesen Tagen das Tempolimit plötzlich auf der Fahrt in den Auslands-Urlaub sehen werden, wird es zu Hause wieder verschwinden.
Die Gründe für das Fehlen des Tempolimits sind nicht nachvollziehbar. An der Datenqualität liegt es vermutlich nicht, denn allein schon zur Berechnung der Ankunftszeit oder der Auswahl der beste Route sind diese Daten unbedingt erforderlich. Dazu kommt, dass sie in Waze, der zweiten Google Navigations-App, zur Verfügung stehen. Meine einzige logische Erklärung wäre es, dass man aufgrund fehlender Streetview-Aufnahmen die Daten im eigenen Bestand nicht validieren kann und daher nicht anzeigen möchte. Wer weiß, welche internen Hürden und Abhängigkeiten es gibt, die auch mit Streetview zusammenhängen.
Blitzerwarner
Die nächste Kategorie hängt mit den Tempolimits zusammen, hat aber auch andere Gründe. In einigen Ländern fungiert Google Maps auch als Blitzerwarner und kann den Fahrer darauf hinweisen, wenn sich ein Blitzer nähert und man selbst mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist. In Deutschland sind solche technischen Hilfsmittel für den Fahrer verboten, für den Beifahrer allerdings erlaubt. Dadurch ergibt sich ein Graubereich, den so manche App und auch Navigationsgeräte nutzen.
Schlussendlich ist der Nutzer schuldhaft, wenn er ein solches Hilfsmittel verwendet und nicht der Anbieter des Services. Daher könnte Google Maps einfach vor der Nutzung warnen, die Blitzer aber dennoch optional anzeigen. Immerhin sind Blitzer in Waze, der bereits erwähnten zweiten Google Navigations-App, vorhanden. Die Daten wären also vorhanden und ich sehe keinen Unterschied zwischen Google Maps und Waze, der die Blockade der Funktion auf der einen Plattform notwendig machen würde, während sie auf der anderen angezeigt werden.
Auch international warnt Google Maps vor Blitzern, wobei die Daten in vielen Fällen direkt von den Nutzern eingepflegt werden. Diese können Blitzer ähnlich wie Unfälle, Verkehrshindernisse oder andere Dinge melden, auf die man besonders achten sollte.
Wird Google Maps bald weitere Funktionen verlieren?
Vor wenigen Tagen hat das Bundeskartellamt verkündet, Google Maps ganz genau unter die Lupe nehmen zu wollen. Man gehe Hinweisen nach, nach denen Google Maps die Nutzung einzelner Dienste durch Konkurrenzplattformen erschwert oder unterbindet. Konkret geht es tatsächlich um Produkte wie die Streetview-Aufnahmen oder auch die Datenbank mit Orten und Personen sowie Standortdaten, die sich nur schwer bis gar nicht in Konkurrenzplattformen einbinden lassen. Der Vorwurf ist ohne Frage korrekt, aber man muss sich schon fragen, warum Google diese Daten freigeben sollte.
Es erschließt sich mir nicht, warum Google Maps starke Funktionen, die man mit sehr hohen Investitionen und Aufwand aufgebaut hat, der Konkurrenz anbieten sollte. Doch weil das Bundeskartellamt vermutlich nicht ohne Grund Untersuchungen startet, sind nach dem Abschluss eines solchen Verfahrens einige Auflagen zu erwarten. Das wird die Beziehung zwischen Google Maps und Deutschland, sofern man das auf dieser Ebene so bezeichnen kann, sicherlich nicht verbessern.
Nicht ausgeschlossen, dass man einige Produkte eher zurückfährt, statt sie der Konkurrenz anzubieten. Über die zum Teil kostenpflichtigen Maps APIs gibt es diverse Möglichkeiten, wenn diese aber nicht ausreichen, wird man wohl nicht um eine Einstellung einzelner Produkte herumkommen. Bis dahin werden noch viele Monate vergehen, aber die Vorzeichen stehen nicht gut.
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