Google hat kürzlich die neue App Switch to Android offiziell für viele Nutzer gestartet, die bisher nur für den Wechsel auf die Pixel-Smartphones zur Verfügung stand. Mit der App soll der Umzug vom iPhone zum Android-Smartphone so leicht wie möglich gemacht werden, um so manchen Nutzer vielleicht doch noch vom anderen Ökosystem zu überzeugen. Leider ist Googles App selbst nur wenig überzeugend.
Android oder iOS, das ist seit weit über einem Jahrzehnt eine Glaubensfrage, auf die es keine Antwort geben kann. Jeder fühlt sich (hoffentlich) auf der eigenen Plattform zu Hause und wird einen Grund haben, sich für Googles oder Apples Welt entschieden zu haben. Man muss nicht die Vorteile, Nachteile, Stolpersteine, Sonderfunktionen oder sonstiges auflisten oder argwöhnisch beobachten, wer was zuerst hatte. Beide Plattform sind sehr gut (sonst würden sie nicht gemeinsam dominieren) und irgendwann fühlt man sich heimisch.
Der Wechsel zwischen den beiden Ökosystemen ist dank Cloud gar nicht so schwierig und mittlerweile sind es eher die lokalen Daten, die den Umzug aufwendig machen. Apple hat sich diesem Problem schon vor langer Zeit angenommen und vor mittlerweile fünf Jahren ‚Move to iOS‘ veröffentlicht. Mit dieser App ist es möglich, die wichtigsten Daten vom Android-Smartphone auf das iPhone zu übernehmen. Googles Antwort wird nicht lange auf sich warten lassen, dachten wir damals.
Tatsächlich sollte es die besagten fünf Jahre brauchen, ein halbes Jahrzehnt, bis Google das Gegenstück veröffentlicht. Das Ergebnis ist die ‚Switch to Android‘-App, die einige Monate nur für Pixel-Nutzer zur Verfügung stand und erst vor wenigen Tagen für alle Nutzer geöffnet wurde, die mit deren Hilfe zu Android 12 wechseln möchten.
Durch zahlreiche Screenshots sowie die verfügbare iOS-App wussten wir schon vorab, welche Möglichkeiten die App bieten wird. Sie zieht nach erfolgreicher Verbindung der beiden Geräte tatsächlich nur vier Dinge um, die wenig beeindruckend klingen und durch Auslagerung in die Cloud problemlos vom Nutzer hätten vorgenommen werden können: Kontakte, Termine, Fotos und Videos.
Kontakte und Termine werden sofort übernommen, lokal gespeicherte Bilder und Videos ebenfalls. Im Hintergrund soll außerdem die Übertragung aller iCloud-Fotos zu Google Fotos angestoßen werden, was einige Tage in Anspruch nehmen kann. Das ist eine Funktion, die auch jeder Nutzer selbst anstoßen kann und als Interoperabilität von einigen großen Plattformen geschaffen wurde. Kontakte und Termine dürften die meisten Nutzer ohnehin entweder vollständig in der Cloud haben oder zumindest mit dieser synchronisieren. Der einzige Vorteil bleibt also, dass lokale Bilder und Videos übertragen werden. Das ist sehr wichtig, keine Frage, aber auch viel zu wenig. Außerdem wird der Nutzer daran erinnert, iMessage zu deaktivieren.
WhatsApp-Konversationen werden nicht übertragen
Wenn die App schon die Übernahme von iCloud zu Google Fotos anstößt, warum dann nicht auch gleich das WhatsApp-Backup? Der Messenger ist auf beiden Plattformen und in vielen Ländern Marktführer, in manchen Teilen der Welt sogar dominant. WhatsApp selbst bietet Backup-Lösungen an, die noch dazu auf Google-Server setzen. Außerdem hatten WhatsApp und Google vor einiger Zeit mit einer solchen Übertragung experimentiert – warum hat es das nicht in die App geschafft?
Ähnliches gilt auch für andere weitverbreitete Messenger.
Apps werden nur teilweise übertragen
Der nächste Punkt wären Apps. Natürlich lassen sich iOS-Apps nicht zu Android übertragen. Aber es lassen sich deren Geschwister-Apps im Play Store finden und automatisch installieren. Google hat damit lange Zeit experimentiert und durch lange Listen von vielen Tausend populären Apps eigene Datenbanken angelegt. Es muss nicht jede kleine App mit fünf Nutzern enthalten sein, aber die obersten 50.000 könnte man schon vorhalten und automatisch übertragen. Nach einmaligem Aufwand zur Erstellung der Liste, den man ja bereits betrieben hat, dürfte die Pflege überschaubar sein.
Tatsächlich soll die App dies eingeschränkt leisten können, aber in vielen Fällen gilt das nur für wirklich große Apps und ist somit sehr eingeschränkt hilfreich. Eher ist es so, dass man längere Zeit suchen muss, welche Apps nicht übertragen wurden.
Einstellungen werden nicht übernommen
Um sich wirklich heimisch zu fühlen, sollten sich die Oberflächen ähneln. Dazu würde es helfen, das Hintergrundbild optional zu übernehmen, Homescreens bzw. Launcher-Anordnungen zu übernehmen, App-Einstellungen, Klingeltöne, Standard-Apps, Browser-Bookmarks und andere auslesbare globale Einstellungen. Man sollte all das optional zur Übertragung anbieten.
Bremst Apple oder Google?
Google muss sich auf Apples Plattform natürlich an die Hausregeln des Konkurrenten halten. Vielleicht ist manches nicht möglich. Vielleicht ist manches möglich, kann aber nicht mit dem Zweck der Übertragung zu Android in den App Store gebracht werden. Das lässt sich schwer bewerten, aber Googles Entwickler müssen sich schon fragen lassen, was sie die letzten fünf Jahre getan haben. Warum hat die Antwort auf Apples App so extrem lange gedauert, wenn sie dann weniger Möglichkeiten bietet als andere Hobby-Anwendungen?
Ein echter Umzugshelfer ist die App noch nicht, das kann ich, ohne selbst einen solchen Umzug mangels iPhone durchgeführt zu haben, sagen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die fehlenden Features nachgereicht werden, denn dann hätte man darauf auch noch warten können. Die App ist einmalig interessant, nachdem sie vorgestellt wurde. Dann wird sie gegebenenfalls ausprobiert und für nicht notwendig befunden. Alles was danach kommt, kriegt keiner mehr mit. Das Stadia-Phänomen.
Wir dürfen gespannt sein, wie man die App weiterentwickeln wird und ob es durch die Cloudanbindung beider Geräte und sehr vieler wichtiger Apps nicht doch noch die eine oder andere Umzugshilfe geben wird. Der steigende Marktanteil von iOS ist jedenfalls ein guter Grund, um nachzulegen.