Mit der Google Maps Navigation kann sich jeder Nutzer auf dem meist optimalen Weg an das Ziel lotsen lassen und einige wichtige Zusatzinformationen einblenden lassen. Dazu gehört schon seit längerer Zeit ein Tacho für die aktuelle Geschwindigkeit, doch das logische Gegenstück ist leider nicht vorhanden. Obwohl Google in D-A-CH über eine sehr gute Datenqualität verfügt, lässt sich das Tempolimit nicht anzeigen. Aber warum?
Die Google Maps Navigation wird stetig ausgebaut und immer wieder mit neuen Funktionen versehen, die zwar einige Nutzergruppen sehr praktisch finden können, aber nicht unbedingt zum Kerngebiet einer Navigation zählen. Dabei denke ich etwa an den Google Assistant oder die diversen unterstützten Medienplayer. Beides ist auf dem Smartphone dank anderer Möglichkeiten kaum notwendig, aber es scheint wohl genügend Platz an der Oberfläche zu geben.
Vor mittlerweile drei Jahren wurde ein Tacho in die Google Maps Navigation integriert, den sich jeder Nutzer auf Wunsch über die Option in den Einstellungen einblenden lassen kann. Dieser zeigt die aktuelle Geschwindigkeit auf Basis des GPS-Standorts. Im Auto ist das nicht unbedingt notwendig, auf dem Fahrrad vielleicht ganz interessant und als Fußgänger wird man die einstellige Zahl kaum benötigen. Viel wichtiger wäre es doch, das Gegenstück zu sehen: Wie schnell darf ich überhaupt fahren? In Begegnungszonen kann das auch für Fahrradfahrer relevant sein.
Wenn wir dann schon bei der Geschwindigkeit sind, wäre der Weg zur Darstellung der maximal erlaubten Geschwindigkeit bzw. des Tempolimits eigentlich gar nicht mehr so weit – aber dazu konnte sich das Google Maps-Team bis heute nicht durchringen. Zumindest gilt das in Deutschland, Österreich und Schweiz. Kürzlich hat mich ein Nutzer aus einem Italien-Urlaub kontaktiert und von den eingeblendeten Tempolimits berichtet, was auch der Grund für diesen Artikel ist.
Man könnte denken, dass Google über keine zuverlässigen Daten für die maximal erlaubte Geschwindigkeit verfügt und den Nutzern besser gar keine Informationen anzeigt, bevor man etwas Falsches angibt. Das ist aber nicht der Fall, denn Google verfügt nach eigenen Angaben für sehr viele Länder über hochqualitative Daten – das gibt man auf einer stets aktuell gehaltenen Webseite zur Google Maps AI an. Für Deutschland, Österreich, Schweiz und viele andere europäische Länder ist die Datenqualität mit sehr gut bewertet und könnte problemlos verwendet werden.
Google Maps verwendet die Daten im Hintergrund
Aber warum kauft Google diese Daten ein, wenn sie nicht genutzt werden? Der Einkauf lässt sich damit erklären, dass die Daten sehr wohl im Hintergrund verwendet werden. Denn ohne diese Daten könnten Routenplanung und Navigation nicht einschätzen, wie schnell der Nutzer von A nach B kommen wird. Weil Google Maps den Anspruch hat, die Ankunftszeit sehr genau zu prognostizieren, ist man auf diese Daten angewiesen. Das ist nur möglich, wenn die Algorithmen sehr genau wissen, wie schnell der Nutzer wahrscheinlich auf dem jeweiligen Streckenabschnitt unterwegs ist. In Kombination mit Stau-Daten und einigen Toleranzpolstern für rote Ampeln & Co. kommt man auf recht genaue Werte.
Mögliche Gründe für die Nicht-Verwendung
Wenn die Daten schon vorhanden sind und intern genutzt werden, könnte man sie eigentlich auch in der Oberfläche anzeigen. Leider kenne ich mich mit der rechtlichen Situation nicht aus, aber möglicherweise hat Google nur das Recht zur Verwendung, aber nicht zur Verbreitung dieser Daten eingekauft – sofern diese Konstellation möglich ist. Sollte das der Fall sein, bleibt die Frage, warum es in anderen Ländern funktioniert und viele Navigationsgeräte diese Information anzeigen können.
Die nächste Ausrede könnte sein, dass die Oberfläche zu überfüllt wäre und der Nutzer von den wichtigsten Informationen abgelenkt wird. Nun ja, dafür gibt es einige Gegenargumente: Der Musikplayer und der Assistant. Und auch die Darstellung der aktuellen Geschwindigkeit per Tachometer. Wie schnell der Nutzer fährt, kann er im Auto hoffentlich selbst sehen und benötigt dafür keine zweite Angabe. Alternativ lässt sich natürlich die Höchstgeschwindigkeit einfach als zusätzlich Zahl im Tacho darstellen oder man setzt es rein als Warnung um. Sobald der Fahrer das Gaspedal zu fest tritt, könnte der Tacho sich rot verfärben und die Geschwindigkeitsüberschreitung anzeigen. Möglichkeiten gäbe es sicher viele, daran kann es nicht liegen.
Rechtliche Probleme?
Eine weitere Vermutung kann die rechtliche Komponente sein. Was ist, wenn Google Maps behauptet, dass man auf der Straße 50 fahren darf, tatsächlich aber nur 30 erlaubt sind? Es würde wohl niemand auf die Idee kommen, den entsprechenden Bußgeldbescheid zu Google nach Mountain View zu schicken, aber gerade als global agierendes Unternehmen muss man sich in viele Richtungen absichern. Das könnte eine kleine Rolle spielen, warum es diese Anzeige nach wie vor nicht gibt.
Dem kann man wieder entgegnen, dass auch die Navigation den Fahrer immer wieder Mal falsch herum in eine Einbahnstraße schicken möchte – wer kennt es nicht? Wer dann trotzdem reinfährt, sollte eher den Führerschein abgeben statt den Schwarzen Peter zu Google zu schieben. Jedes Hilfsmittel zur Navigation ist genau das – ein Hilfsmittel. Darauf verlassen darf man sich nie, sondern es stets nur als Hinweis oder vielleicht zweite Kontrolle nehmen. Habe ich gerade ein 70er Schild gesehen? Wer sich kurzzeitig unsicher ist und dann von Google Maps die Bestätigung bekommt, kann sich dann noch ein klein wenig sicherer sein – wenn natürlich auch nicht mit letzter Gewissheit!
Und weil diese Diskussion über die Darstellung der Tempolimits in Google Maps schon seit vielen Jahren geführt wird und sich bisher kaum etwas getan hat, müssen wir wohl auch weiterhin damit leben, dass es diese Information aus unbekannten Gründen nicht auf Googles Kartenplattform gibt. Vermutlich wird sich das so schnell nicht ändern, denn am ehesten würde man so etwas beim großen Frühlingsupdate umsetzen – aber das ist bereits durchgelaufen.
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