Die Entwicklerkonferenz Google I/O ist vorüber und hat zahlreiche Ankündigungen und neue Produkte gebracht, die in den nächsten Monaten und Jahren im Google-Universum eine wichtige Rolle spielen werden. Einmal mehr gab es eine prominente Nicht-Ankündigung, die mit keinem Wort erwähnt wurde und auch keinen Platz zu haben scheint: Das neue Betriebssystem Fuchsia fiel komplett unter den Tisch.
Ich hatte es wenige Tage vor der I/O schon hier im Blog prognostiziert und diesmal war die Chance, dass ich Recht behalten sollte, doch sehr hoch: Google hat Fuchsia nicht angekündigt. Die Entwicklerkonferenz ist wohl der einzige sinnvolle Termin im Google-Jahr, bei der man über das neue Betriebssystem reden könnte. Wenn schon nicht auf der großen Bühne, dann wenigstens bei den zahlreichen Entwickler-Sessions. Aber nichts, Fuchsia wurde erneut totgeschwiegen.
Statt das Betriebssystem zu erwähnen, das derzeit nur auf einem einzigen Smart Display-Modell verwendet wird, hat man die Zukunft von Smart Displays recht deutlich mit Android in Verbindung gebracht. Android, Google Assistant und die darauf laufenden Dienste, sonst nichts. Für ein Fuchsia ist kein Platz. Weder auf Smart Displays, noch auf Smartwatches, nicht auf den kommenden AR-Brillen und schon gar nicht auf Smartphones oder gar Chromebooks.
Man könnte vermuten, dass ein Unternehmen wie Google für wichtige Kernbereiche einen Plan B und Plan C in der Schublade hat, der entsprechend vorbereitet und gepflegt werden will. Fuchsia könnte ein solcher Plan B sein, den man erst bei Misserfolg oder einer unvorhersehbaren Entwicklung ziehen muss. Und durch die universelle Einsetzbarkeit könnte Fuchsia sogar der Plan B für sehr viele Plattformen und Geräte sein.
Eine solche Reservisten-Rolle wäre das einzige, was nach einer solch langen Entwicklung und dem Umgang mit dem Produkt logisch erscheint. Der Plan B, der gleichzeitig als Spielwiese und interne Tech-Demo genutzt wird. Doch weil es auf den allermeisten Google-Plattformen blenden gut läuft und vor allem Android nicht den Eindruck macht, dass es in Kürze gegen die Wand gefahren wird, könnte man diesen Joker niemals ziehen. Vielleicht ist das in fünf Jahren anders, aber vielleicht ist das Fuchsia-Konzept bis dahin auch schon wieder überholt.
Man muss Google zugutehalten, dass man niemals über Fuchsia gesprochen hat, genauso wie man es auch über viele weitere interne Projekte nicht tut, die niemals das Tageslicht erblicken. Doch die offene Entwicklung hat es in die Medien gebracht, die daraus vielleicht eine größere Sache gemacht haben, als es eigentlich ist – da schließe ich mich auch selbst nicht aus. Es hätte auch kurz vorm Release stehen können und dann noch kurz vor knapp zurückgezogen worden sein. Weil Google weder das eine noch das andere sagen wird, werden wir es wohl nie erfahren.
Aus meiner Sicht, war die Google I/O in dieser Woche, auch wenn das Produkt niemals erwähnt wurde, ein ganz klarer Sargnagel für das Produkt. Nicht für die Technologie dahinter, aber für das potenzielle Endnutzerprodukt. RIP Fuchsia?
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