Im Rahmen der Privacy Sandbox Initiative arbeitet Google schon seit längerer Zeit daran, die Cookies als wichtigstes Mittel zum Tracking der Nutzer abzulösen. Die im vergangenen Jahr vorgestellte Lösung FLoC stieß allerdings auf massiven Gegenwind und soll daher durch das neue Konzept der Topics abgelöst werden. Nun erklärt Google das Prinzip mit verständlichen Worten und hofft auf breite Unterstützung. Aber das Grundproblem wird man nicht lösen.
Google gehört zu den weltweit größten Unternehmen und finanziert sich hauptsächlich über Werbeeinnahmen. Diese wiederum basieren sehr stark darauf, dass die Nutzer überall im Web (und per Smartphone darüber hinaus) getrackt werden und ihnen passende Werbung eingeblendet wird. Obwohl die Umsätze seit zwei Jahrzehnten praktisch ausnahmslos steigen, ist dieses System aufgrund immer stärkerer Datenschutzvorgaben und der verbreiteten Tracking-Ablehnung durch die Nutzer am Wanken.
Auch aus diesem Grund sucht man seit längerer Zeit nach einer Lösung für dieses Problem und hat im vergangenen FLoC präsentiert. Mit diesem sollte das Cookie-basierte Tracking abgelöst werden, doch dazu wird es nicht kommen. Der Gegenwind aus der Industrie, von „Partnern“, Datenschützen, Beobachtern und praktisch allen, die eine Meinung dazu haben könnten, war gewaltig. Kein Wunder, dass man die Pläne recht schnell begraben hat. Nun hat man eine neue Lösung präsentiert, die auf den gleichen Ansatz setzt, aber einfacher gestaltet ist.
Wir haben bereits über das neue Topics-Konzept berichtet und nun gibt Google tiefere Einblicke darin, wie das Ganze funktionieren soll. Es bleibt auch weiterhin dabei, dass die Tracking-Cookies abgelöst werden sollen und die Einstufung der Nutzer in einzelne Kategorien (Kohorten) in den Browser verlegt werden soll. Schaut euch einfach die folgenden Kernaussagen an, die ich hier zum großen Titel zitiere.
Das ist Topics
Heute möchten wir euch Topics vorstellen, einen neuen API-Vorschlag für interessenbezogene Werbung im Rahmen der Privacy Sandbox. Topics ersetzt unseren ursprünglichen (Kohorten basierten) FLoC API-Vorschlag und basiert auf dem breiten Feedback, welches wir aus der gesamten Community erhalten haben sowie eigenen Erkenntnissen aus unseren früheren FLoC-Tests.
Einordnung der Nutzer in Kohorten
Mit Topics bestimmt euer Browser eine Handvoll Themen wie „Fitness“ oder „Reisen & Verkehrsmittel“, die basierend auf eurem Browserverlauf eure Hauptinteressen für eine Woche darstellen. Sie werden ausschließlich auf eurem Endgerät ausgewählt, ohne dass externe Server, weder von Google noch von anderen, beteiligt sind. Themen werden nur drei Wochen lang aufbewahrt und dann gelöscht. Wenn ihr eine teilnehmende Website besucht, wählt Topics nur drei Themen aus – jeweils ein Thema aus jeder der letzten drei Wochen, die mit der Website und ihren Werbepartnern geteilt werden. So seht ihr Werbung, die auf euren Interessen beruht.
Die Einordnung der Nutzer in die Kohorten, die man mit dem schöneren Wort „Topics“ beschreibt, geschieht also direkt im Browser. Der Browser wird diese Einordnung erkennen, verwalten und an die Webseiten zurückmelden. Ähnlich wie der Browser seine Version, das Betriebssystem, Displayauflösung, Gerätetyp und andere Dinge im Hintergrund weitergibt, soll das dann auch mit der Kategorisierung des Nutzers für die Ausspielung von Werbebannern passieren. Allerdings nur drei aktuelle Kategorien und kein vollständiges Profil.
Kontrolle über den Browser
Topics ermöglicht es Browsern, euch Transparenz und Kontrollmöglichkeiten über diese Daten und über die Art der Werbung, die ihr seht, zu geben. In Chrome bieten wir euch Einstellungsmöglichkeiten, mit denen ihr (1) die Themen einsehen könnt, die aufgrund eures Browserverlaufs erstellt wurden, (2) die Themen entfernen könnt, die euch nicht gefallen, und (3) diese Funktion vollständig deaktivieren könnt. Noch wichtiger ist, dass die Themen mit Bedacht ausgewählt werden, um sensible Kategorien wie Geschlecht oder Gesundheit auszuschließen.
Bald werden wir eine Testversion von Topics für Entwickler:innen in Chrome starten, die Einstellungsmöglichkeiten für Nutzer:innen enthält und es Website-Entwickler:innen und Werbetreibenden ermöglicht, diesen neuen Vorschlag auszuprobieren. Das endgültige Design der Einstellungsmöglichkeiten und die anderen verschiedenen technischen Aspekte der Funktionsweise von Topics werden basierend auf eurem Feedback und den Erkenntnissen aus dem Test entwickelt.
Weil die gesamte Verwaltung in den Browsern wandert, haben die Nutzer mutmaßlich die volle Kontrolle über ihre Einstufung. Aus der Kombination von drei Themen ist es für Webseiten nicht möglich, einen Nutzer eindeutig zu erkennen oder zu tracken. Damit erfüllt Topics das Prinzip, dass Google erreichen will.
Meine Meinung: Das Grundproblem bleibt
Der Vorschlag ist sehr gut und langfristig wird es sicherlich auf eine solche Technologie hinauslaufen. Das große Problem ist allerdings, dass das nicht nur Googles Sache ist, sondern die gesamte Werbeindustrie und damit auch das gesamte werbefinanzierte Internet mit daran hängt. Auch Datenschützer, eingeschränkt die Politik und natürlich alle Mitbewerber haben ein großes Wörtchen mitzureden. Doch das Problem ist, dass Google alle für Topics relevanten Bereiche dominiert: Werbung, Browser, Traffic. Google Chrome ist der weltgrößte Browser, Google Ads das größte Werbenetzwerk und die Websuche sowie einige weitere Plattformen der größte „Traffic-Steuerer“ im Web. Einerseits besteht zwischen diesen drei Bereichen ein Interessenskonflikt und andererseits auch mit allen anderen Marktteilnehmern.
Allein Googles Vorgangsweise zeigt, dass man so etwas notfalls alleine durchdrückt (und es auch kann). Google Chrome soll schon 2023 das Cookie-Tracking einschränken oder blockieren – wenn die Initiative erfolgreich ist. Das bedeutet, dass Google nicht nur das Konzept bestimmt, sondern auch selbst den Startknopf drückt. Man entscheidet am Ende selbst, wie es weitergeht. Und damit entscheidet man auch selbst über die Zukunft der Werbebranche im Web, während alle anderen nach Googles Regeln spielen müssen. Natürlich gibt man sich sehr offen und wird gerade in der ersten Phase Kritik und Vorschläge annehmen, aber wird das später auch noch so sein?
Topics, FLoC oder unter welchem Namen es auch immer startet, wird vermutlich (meine Meinung!) am Besten in der Kombination Google Chrome / Google Ads funktionieren und Signale auswerten, die von anderen Google-Plattformen kommen. Will man dem Unternehmen, dass den Löwenanteil des Traffics im Web über die Websuche-Algorithmen bestimmt auch die Kontrolle über die gesamte Werbung geben? Die Antwort werden wir sicherlich in den nächsten Wochen von vielen anderen Unternehmen und Einrichtungen erhalten.