Trotz einiger Anläufe von Google, Microsoft oder auch den Smartphone-Herstellern gibt es bis heute keine perfekte Möglichkeit zur Nutzung der Android-Oberfläche auf einem Desktop-Computer. Könnte sich bald ändern, aber noch ist es nicht so weit. Ausgerechnet eine Freeware-App zeigt den großen Unternehmen seit Jahren, wie man es richtig macht und das Smartphone komfortabel in eine Desktop-App einbinden kann: Das Tool scrcpy.
Keine Installation notwendig
Wir haben euch die praktische App scrcpy hier im Blog schon vor längerer Zeit vorgestellt und sie ist immer wieder einen Tipp wert: Die App ermöglicht es, die Oberfläche des Android-Smartphones ohne jegliche Installation oder Einrichtung auf dem Desktop interaktiv zu spiegeln. Alle auf dem Desktop getätigten Eingaben per Cursor, Tastatur oder auch Touch werden an das Smartphone weitergeleitet und somit gefühlt in Echtzeit ausgeführt. Ihr müsst nur das USB-Kabel anschließen, einmalig auf dem Smartphone das USB Debugging aktivieren und schon kann es losgehen. Das Smartphone-Display muss während der Übertragung übrigens nicht eingeschaltet bleiben.
Dateien und Inhalte kopieren
Die App ermöglicht nicht nur die Darstellung und Nutzung, sondern bietet auch einige Methoden für den Dateitransfer zwischen den beiden normalerweise streng voneinander getrennten Plattformen. So könnt ihr etwa Dateien per Copy & Paste einfach vom Computer auf das Smartphone übertragen und selbst der Zugriff auf die Zwischenablage ist seit einem Update im vergangenen Jahr gegeben: Einfach am Computer kopieren und im Smartphone-Fenster einfügen oder umgekehrt. Während dafür früher die Android-Zwischenablage zum Einsatz kam, lassen sich die Inhalte nun direkt kopieren.
Dabei handelt es sich um ein „seamless copy-paste“ mit UTF-8 Text. Leider ist das bisher nur mit Text, aber nicht mit Medien möglich. Ein in die Zwischenablage kopiertes Bild lässt sich also noch nicht zwischen den Plattformen übertragen. Ob das in Zukunft möglich sein wird oder es technische Hürden gibt, kann ich leider nicht sagen.
Update für Android 12
Weil Android 12 einige Sicherheitsvorkehrungen mitgebracht hat, war der bisherige Ansatz von scrcpy nicht mehr nutzbar und hat dazu geführt, dass die App direkt nach dem Start abstürzte. Das wurde recht zügig durch einen Workaround behoben, in dem man auf dem Smartphone auf ein „non-secure Display“ setzt, das die Inhalte abfangen kann. Das funktioniert ohne große Probleme, bringt aber einen Stolperstein mit: Sperren sich Apps gegen Screenshots oder Videoaufnahmen (so wie etwa das Onlinebanking), ist es mit scrcpy am Desktop nun nicht mehr sichtbar.
Eine weitere Stärke ist es, dass der vom Smartphone gelieferte Videostream unter Linux als Webcam eingebunden werden kann. Damit lässt es sich auch an andere Apps weiterreichen, die auf eine Webcam zugreifen können. Weitere Updates bringen die Möglichkeit, das Smartphone nach Beendigung von scrcpy herunterzufahren, die Display-Orientierung zu sperren oder auch den vierten und fünften Button des Smartphones aus der Ferne steuern zu können.
Probiert das einfach einmal aus, meiner Meinung nach eine sehr praktische App, die in keiner Tool-Sammlung fehlen darf. Es ist faszinierend (und im Hinblick auf Malware vielleicht auch erschreckend), welche Möglichkeiten ein angeschlossenes Smartphone ohne jegliche Installation und Einrichtung bietet. Komfortabler kann man das auch heute noch nicht machen, trotz Googles und Microsofts Bemühungen.