Stadia: Wettlauf mit Google Play Games? Erweiterung als Cloud-Angebot zeichnet sich immer deutlicher ab
Vor wenigen Wochen hat Googles Spieleplattform Stadia den dritten Geburtstag gefeiert und befindet sich damit im dritten und vielleicht auch entscheidenden Jahr. Hinter den Kulissen werden schon seit längerer Zeit die Weichen auf einen „soft restart“ gestellt und die jüngsten Schritte des Unternehmens zeigen, dass Stadia als Endprodukt ein wenig in die zweite Reihe rücken könnte.
Google glaut an Stadia. Das hat man immer wieder bekräftigt und musste die eigene Strategie schon vor dem Start der Spieleplattform verteidigen. Diesen Ruf hat man sich selbst hart erarbeitet und die Angst vor dem Google-Friedhof dürfte bei so manchem hoffnungsvollen Produkt dafür sorgen, dass selbst interessierte Nutzer es meiden (Grüße an die Messenger-Abteilung). Die Vorzeichen für Stadia waren alles andere als rosig und heute sieht es objektiv gesehen nicht besser aus.
Stadia wächst unaufhörlich, steht mittlerweile bei über 200 Titeln und Google vermittelt weiterhin den Eindruck, an die Plattform zu glauben. Dennoch ist die Stimmung nicht gerade positiv, denn abseits von einer treuen und lautstarken Fangemeinde (auch unter unseren Lesern) ist Stadia nicht gerade zum Überflieger geworden. Das liegt nicht nur an den Unkenrufen vor dem Start, den Problemen und vermissten Features während des Starts, sondern auch an der aktuellen Kommunikation.
Nachdem man Mitte und Ende 2019 alles aufgefahren hat, was nur ging – selbst CEO Sundar Pichai stand zwei Mal auf der großen Bühne, um Stadia anzukündigen – ist es danach sehr ruhig geworden. Es ist das typische Google-Muster: Druck im Kessel aufbauen, dem Produkt Schwung geben und dann schauen, ob etwas hängen bleibt. Nachlegen und den Schwung vergrößern gehört nicht zu Googles Strategie – das war noch nie anders. Erst wenn sich der Erfolg von selbst einstellt, ist man intern wieder interessiert.
Stadia findet nicht mehr statt
Googles Kommunikation rund um Stadia ist das Hauptproblem. Natürlich gibt es die Community, den Community-Blog und auch das Stadia-Forum – aber das sind abgegrenzte Welten. Wann habt ihr das letzte Mal auf dem offiziellen Google-Blog etwas über Stadia gelesen, das über einen Nebensatz hinausgeht? Möglichkeiten gäbe es mit Produkten wie YouTube, YouTube Gaming, Android TV, Chromecast und sogar den Google Store-Aktionen zur Genüge. Aber selbst wenn es relevante Neuerungen gibt, bekommt man als Nicht-Stadia-Blog-Leser davon praktisch nichts mit.
Dass nicht mehr über ein Produkt gesprochen wird, ist bei Google immer ein schlechtes Zeichen. Dass man noch niemals Statistiken genannt hat – der zweite Geburtstag wäre dafür prädestiniert gewesen – macht es nicht besser. Hat man jemals gehört, dass Stadia so und so viele Spieler hat? Hat man jemals eine kurze Jubelmeldung gelesen, dass Stadia bei 200 Titeln steht? Selbst die starke Stadia Premiere-Aktion, die das Starterset für nur 22,22 Euro raushaut, fand weder bei den zeitgleich laufenden Black Friday-Aktionen noch im Google Store Erwähnung. Das sind so viele simple Dinge, die Stadia wenigstens einen Millimeter weiterhelfen würden, aber nicht getan werden. Aber warum?
Neue Pläne für Stadia?
Ich habe es hier im Blog schon mehrfach angesprochen: Bei Stadia wird schon seit Beginn des Jahres häufiger von „Partner“ als „Nutzer“, „Spieler“, „Abonnenten“ oder sonstigen Bezeichnungen für die wichtige Nutzerbasis gesprochen. Die Gerüchte, dass Stadia zur White Label-Plattform wird, passen dazu sehr gut. Mittlerweile wurden in diesem Bereich auch Fakten geschaffen: Man sucht Mitarbeiter für die White Label-Plattform und hat bereits das erste White Label-Spiel gestartet.
Die Frage ist also nicht, ob Stadia sich wandelt, sondern wie. Ich gehe davon aus, dass man dauerhaft Zweigleisig fahren wird. Stadia als Marke und Endprodukt wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bestehen bleiben. Und damit auch der Zugriff auf alle gekauften Titel, erworbenen Highscores und erzockten Spielständen. Dennoch wird man das Endprodukt sicherlich von der Infrastruktur trennen und diese vielen anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. Damit wäre Stadia nur eines von vielen Produkten, dass die Stadia-Infrastruktur nutzt. Vielleicht annähernd vergleichbar mit den Google-Apps im Google Play Store.
Stadia ist tot, lange lebe Stadia!
Die Gerüchte über eine Einstellung des Endprodukts haben genügend Grundlage, um wahr zu werden – aber nach meiner Einschätzung werden sie das nicht. Es begann schon Anfang 2021 mit der Schliessung der Games Studios und dem Ausstieg aus der Spieleentwicklung, bevor auch nur ein einziger Titel eigener veröffentlicht wurde. Später folgte die Information, dass sich Google die große Spieleauswahl teuer erkauft und die Publisher zum Titel mit Dutzenden Millionen Dollar für einzelne Titel unterstützt. Man kann sagen, dass Google das volle finanzielle Risiko für die Entwicklung übernimmt. Auch die Publisher scheinen ähnlich zögerlich zu sein wie die potenziellen Spieler.
Stadia muss finanziell erfolgreich werden
Google kann nicht ewig Hunderte Millionen Dollar für Spiele-Ports „versenken“, das Starterpaket für knapp 20 Euro anbieten und weit über 40 kostenlose Spiele bieten – die ja nicht wirklich kostenlos sind, sondern vom Unternehmen bezahlt werden. Stadia ist sicherlich kein Kernprodukt des Unternehmens, das man dauerhaft mitschleifen und auf ewig subventionieren kann (so wie etwa Google Fotos). Eine zweite Schiene im Cloudbereich als White Label-Plattform mit „Mieteinnahmen“ könnte helfen, die Plattform zu tragen. Es wäre also in jeglicher Hinsicht eine gute Entwicklung.
Google Play Games vs. Stadia
Der angekündigte Start von Google Play Games für Windows muss für Stadia-Spieler ein Nackenschlag gewesen sein. Denn statt Stadia auf den Desktop zu bringen, hat sich Google für Play Games entschieden. Damit ist klar: Der Markt der Desktopspieler soll mit Android und nicht mit Stadia in Angriff genommen werden. Ob das die richtige Entscheidung war, wird sich erst im Laufe der nächsten Jahre zeigen. Für Android und den Play Store ein großer Schritt, für Stadia aber eher ein Rückschlag.
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Stadia ist noch lange nicht am Ende (ganz im Gegenteil), auch wenn die Zeichen derzeit trotz allen Wachstums und (in den USA) derzeit vieler negativer Medienberichte schlecht stehen. Dementsprechend möchte ich den Artikel positiv verstanden wissen, denn Google scheint einen Plan B zu haben, den man verfolgt und damit auch Stadia so lange über Wasser hält, bis die Nutzer eines Tages ganz von selbst kommen.
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