Android auf dem Desktop: Will Google Windows kapern oder konkurrieren? Android 12L & Play Store kommen
Googles Betriebssystem Android hat es über die Jahre auf die verschiedensten Geräteklassen geschafft und lässt sich vom Smartphone über das Tablet bis zum Smart TV nutzen. Den Desktop hat man allerdings immer wieder umschifft und niemals ernsthaft in Angriff genommen. Das wird sich schon bald ändern und interessanterweise fährt Google eine zweigleisige Strategie, um die Android-Apps auf den Desktop zu bringen. Dazu wird man sogar Windows kapern.
Android auf dem Smartphone ist eine einzige Erfolgsgeschichte, die wohl noch viele Jahre fortgesetzt wird. Auf anderen Plattformen hatte man hingegen weniger Glück: Wear OS als Android-Ableger steckt vergleichsweise in der Nische, Android TV hat auf dem Smart TV-Markt große Konkurrenz und selbst auf dem Tablet-Markt, der dem Smartphone sehr ähnlich ist, konnte Android trotz hoher Marktanteile gefühlt nie richtig Fuß fassen. Das alles weiß auch Google.
Nicht umsonst hat man nun Android 12L geschaffen, das zwei wichtige Plattformen angehen soll, in denen Android Probleme hat: Tablets und den Desktop. Damit wildert Google das zweite Mal nach Chrome OS in angestammten Microsoft-Gefilden, das den Desktop mit Windows seit Jahrzehnten dominiert und neben Apples eigenem geschlossenen Ökosystem eigentlich seit 30 Jahren ohne echte Konkurrenz ist.
Die Erfolgsaussichten lassen sich schwer bewerten und vermutlich wird Android 12L vor allem auf einer Geräteklasse Erfolg haben, die man ohnehin schon sprichwörtlich in der Tasche hatte: Auf den Foldables. Kein Wunder, dass man für den Desktop nun zweigleisig fährt und dabei auch Windows in die Zange nehmen könnte.
Android auf dem Desktop
Es hat schon sehr viele Versuche gegeben, Android auf den Desktop zu bringen. So manches Projekt wurde von externen Unternehmen gestartet, die damit in ihrer Nische auch erfolgreich waren. Wirklich durchsetzen konnte sich das bisher aber nicht, denn Android ist selbst in angepasster Form einfach kein Desktop-Betriebssystem. Google selbst hat Android schon vor längerer Zeit so etwas wie einen Desktopmodus spendiert, der bereits ab Android 10 Bestandteil des Betriebssystems war. Wirklich genutzt wurde das aber niemals.
Android ist auf dem Desktop nutzbar, aber bisher noch nie mit offizieller Unterstützung von Google und erst recht nicht abseits der Nische. Mit Android 12L könnte sich das ändern, denn mit der Konzentration auf größere Displays und „neuen“ Eingabemethoden wie der Tastatur und dem Cursor werden wichtige Grundlagen geschaffen. Dabei geht es nicht nur um die Unterstützung dieser Geräte und das aufblasen der Oberfläche, sondern um das Gesamtbild. Der Sprung auf eine völlig andere Geräteklasse ist ein Mammutprojekt, das sich nicht im Vorbeigehen stemmen lässt.
Wagt Google den Sprung auf den PC?
Bisher hat man Android 12L nur für Tablets, Foldables und für den Einsatz innerhalb der Chrome OS-Umgebung angekündigt. Der Sprung auf den PC ist dann aber nicht mehr weit. Dabei muss man aber auch sehen, dass das mittlerweile recht erfolgreiche Chrome OS niemals über den eigenen Tellerrand der Chromebooks hinausgeschaut hat. Selbst die Tablets hat man „Chromebook Tablets“ genannt. Würde Google Chrome OS als alternatives Betriebssystem für PCs zum Download anbieten, hätte sich sicherlich eine kleine Fanbase entwickelt. Wird man es mit Android wagen oder diesen Bereich weiterhin Chrome OS bzw. Microsoft überlassen?
Google Play Store für Windows
Vermutlich hatte Google niemals ernsthaft vor, den Google Play Store zu Windows zu bringen – aber durch Windows 11 gerät man in Zugzwang. Microsoft hat Windows für Android geöffnet und will dort den eigenen App Store sowie den Amazon App Store etablieren, der auch unter Android als größter globaler Konkurrent für den Google Play Store gilt. Google kann es sich trotz aller Android-Dominanz kaum leisten, das zu ignorieren. Sollten sich der Amazon App Store und die Android-Apps unter Windows wider erwarten dominieren, hätte Google ein ernsthaftes Problem.
Windows als neue Google-Plattform?
Man kann darüber philosophieren, ob Google Microsoft ausgetrickst hat oder umgekehrt Microsoft Google unter Druck setzt. Fest steht jedenfalls, dass das Unternehmen darauf reagiert und vor wenigen Tagen angekündigt hat den Google Play Store zu Windows zu bringen. Vorerst zwar nur die Spiele-Sektion, aber dabei wird es mit ziemlicher Sicherheit nicht bleiben. Und damit hat Google dann tatsächlich einen Trumpf für den Desktop in der Hand.
Bevor sich Android oder Chrome OS auf dem Desktop durchsetzen können, kann sich Google die dominierende Plattform Windows zu Eigen machen. Damit würde man die Microsoft-Strategie fahren: Nach dem Scheitern von Windows Phone hat man in Redmond Android für sich entdeckt und nutzt es als „seine“ mobile Plattform – daher auch die Windows-Anbindung. Umgekehrt kann nun Google Windows als seine Desktop-Plattform nutzen. Mit dem Chrome-Browser und dem Google Play Store kann man weite Teile der privaten Desktopnutzung abdecken.
Google auf dem Desktop? Nie zuvor waren die Chancen so gut
Und so kann man in den nächsten Jahren eine interessante zweigleisige Strategie fahren, bei der man sowohl die eigenen Betriebssysteme zu etablieren versucht und sich gleichzeitig auf dem führenden Betriebssystem breit macht. Microsoft kann dem durch die Öffnung für Android nicht einmal viel entgegensetzen. Fraglich ist nur, ob Google daran überhaupt Interesse hat, denn bisher waren die Desktop-Anläufe allesamt halbherzig. Wir behalten das weiter im Auge.
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