Google ist mit Android seit vielen Jahren im Smartphone-Markt erfolgreich und hat außer Apples iOS seit langer Zeit keine nennenswerte Konkurrenz. Im Tablet-Bereich sieht das ein bisschen anders aus, denn dort verfolgt man schon seit längerer Zeit eine unklare Strategie und scheint diese auch nicht mit eigenen Geräten stützen zu wollen. Vielleicht ändert sich das mit Android 12L, aber nach heutigem Stand hat man sich ein großes Kuddelmuddel aufgebaut.
Auf dem Smartphone-Markt ist Google mit Android extrem erfolgreich, mit den Pixel-Smartphones gehört man zu den aufstrebenden Herstellern und Chrome OS bzw. die Chromebooks konnten dank Home Office-Boom einen großen Schritt machen. Doch die Geräteklassen dazwischen sind für das Unternehmen trotz großer Verbreitung der Plattformen gefühlt ein Buch mit sieben Siegeln. Sowohl bei Tablets als auch bei Smart Displays scheint man sich auch intern lange Zeit nicht einig gewesen zu sein.
Android
Anfänglich wurden Tablets einfach als große Smartphones behandelt, sodass der Logik folgend Android zum Einsatz kam. Anfangs ein aufgeblasenes Gingerbread, später Honeycomb und seit Ice Cream Sandwich mit einem integrierten Tablet-Modus (mehr dazu hier). Obwohl Android-Tablets hohe Marktanteile haben, konnte man den Smartphone-Erfolg nicht wiederholen. Das schien bei Google aber niemanden so recht zu stören, denn man behandelt den Tablet-Markt seit jeher stiefmütterlich. Obwohl das iPad für Apple seit Jahren eine Goldgrube ist.
Chrome OS
Weil man Android nicht weiter anpassen wollte (oder konnte?) hat man eines Tages zu Chrome OS gewechselt, das aufgrund der Convertibles bzw. Hybriden zum Betriebssystem der Wahl für Tablets wurde. Dank Unterstützung der Android-Apps hätte das funktionieren können. Allerdings hatte man auch bei Chrome OS verpasst, sich wirklich auf die Tablets anzupassen und sich stattdessen weiterhin, vielleicht auch vernünftigerweise, auf die Chromebooks konzentriert.
Android 12L
Nun steht mit Android 12L das nächste Betriebssystem vor der Tür, bei dem erstmals die Tablets im Fokus sind. Android 12L ist speziell für Foldables, Tablets und Android unter Chrome OS konzipiert. Ob man das als großen Angriff auf den Tablet-Markt werten kann, wird sich zeigen. Fakt ist, dass die Foldables bei der Auflistung stets als erstes genannt werden. Sollten sich Foldables eher an Smartphones als Tablets orientieren, könnten die Tablets wieder nur die zweite Geige spielen.
Man lässt den Herstellern und Nutzern also wohl zukünftig die Wahl zwischen Android, Android 12L und Chrome OS. Drei sehr ähnliche Betriebssysteme, die sich aber voneinander unterscheiden und allesamt den Tablet-Markt ein wenig bearbeiten wollen. Das macht es nicht besser und es zeigt sich, dass man intern wohl bis heute nicht weiß, wo man die Tablets am besten einordnen soll. Aber selbst an der Stelle ist noch nicht Schluss.
Fuchsia
Vergessen wir das neueste Betriebssystem nicht: Fuchsia. Dessen Einsatzbereiche sind zwar weiterhin ein Mysterium, doch durch den Rollout auf Smart Displays in diesem Jahr hat man der Plattform den ersten großen Einsatz spendiert. Doch leider ist die Grenze zwischen Smart Display und Tablet genauso fließend wie die zwischen Smart Display und Smartphone bzw. Smart Display und Notebook. Alle decken ihre eigenen Bereiche ab und unterscheiden sich bezüglich der Hardware und des Designs, haben aber dennoch Überschneidungen. Ein Dock macht ein Tablet zum Smart Display. Eine abnehmbare Display-Einheit macht ein Smart Display zum Tablet.
Vier Betriebssysteme
Und damit hätten wir dann vier ganz verschiedene Betriebssystem, die Google auf Tablets zum Einsatz bringen kann. Keines scheint mit voller Ernsthaftigkeit für Tablets konzipiert zu sein. Am ehesten noch Android 12L, bei dem wir aber nicht wissen ob es ein einmaliger Ableger bleibt oder von Android 13L, Android 14L und so weiter gefolgt wird. Ein echtes Tablet-OS, wie es Apple schon vor längerer Zeit mit iPadOS geschaffen hat gibt es bei Google nicht.
Dazu kommt, dass Google seit langer Zeit kein eigenes Tablet mehr im Portfolio hat. Was spricht denn dagegen, dass das Unternehmen ein eigenes Pixel Tablet auf den Markt bringt? Eigentlich gar nicht. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass man sich nicht klar positionieren wollte und deshalb bisher auf ein Tablet verzichtet hat. Google würde als Herrscher über die Plattformen den Weg vorgeben und die anderen Hersteller womöglich mitziehen. Gut möglich, dass man das mit Android 12L nachholt und dann endlich ein eigenes Tablet auf den Markt bringt. Schon jetzt wurden für Frühjahr 2022 die ersten Produkte mit Android 12L angekündigt, wobei nicht deutlich gemacht wurde, ob es sich dabei nur um Partnergeräte oder auch eigenen Hardware handelt.
Zuletzt wollen wir den kürzlich neu geschaffenen Android Entertainment Space nicht vergessen, der speziell für Tablets konzipiert wurde und unter Android läuft. Damit würden Chrome OS und das ohnehin unwahrscheinliche Fuchsia schon einmal herausfallen. Dass der Android Entertainment Space ein wenig wie Google TV aussieht – das ja schon wieder eine andere Plattform ist und selbst nur ein Aufsatz für Android TV ist – macht die Verwirrung noch perfekt.
Ich denke, dass Google 2022 die Weichen für Tablets stellen muss, wenn man auf absehbare Zeit Erfolge feiern möchte. Mit Android 12L hat man die Möglichkeit, man muss sie nur nutzen…