Mit Google Maps Streetview können alle Nutzer per Mausklick um die Welt reisen und unzählige Orte in vielen Ländern virtuell entdecken. Doch ausgerechnet in einem nicht ganz unbedeutendem Neuland ist dies nicht möglich, weil die Streetview-Fahrzeuge vor über einem Jahrzehnt regelrecht von der Straße vertrieben wurden. Vor einigen Tagen flackerte kurz Hoffnung auf einen Neustart auf, doch diese scheint wohl leider unbegründet.
Die Streetview-Aufnahmen sind ein zentraler Bestandteil von Google Maps und werden auch außerhalb der Kartendarstellung verwendet. Etwa bei der Navigation, bei den Detailansichten zu Adressen oder in Form von Metadaten zum Abgleich bestehender Informationen. Kein Wunder, dass mittlerweile unzählige Länder und Orte von den verschiedenen Streetview-Fahrzeugen abgelichtet wurden und diese in regelmäßigen Abständen zur Aktualisierung der Daten immer wieder vorbeischauen. Nur nicht in Deutschland.
Deutschland ist das einzige größere Land in Mittel- und Westeuropa, in dem keine flächendeckenden Streetview-Aufnahmen zur Verfügung stehen. Und dort wo es Aufnahmen gibt, das ist in einigen Großstädten der Fall, wurden sie rund um das Jahr 2010 aufgenommen und seitdem nicht mehr aktualisiert. Das ergibt zwar mittlerweile spannende Möglichkeiten für eine virtuelle Zeitreise durch Deutschland, ist aber natürlich keine befriedigende Situation.
Vor wenigen Tagen hatte ich über ein mögliches Streetview-Comeback in Deutschland berichtet, das auch von anderen Medien aufgegriffen worden ist, die sich auf meinen Artikel bezogen. Der Tenor war überwiegend positiv, sodass man zumindest den Eindruck erhalten kann, dass die überwiegende Zahl der Deutschen nun für Streetview bereit ist.
Streetview in Deutschland, es wird Zeit
Ein Comeback von Streetview in Deutschland wäre längst überfällig, denn nach über zehn Jahren kann sich die Meinung der Bevölkerung geändert haben, sodass sich das damalige Debakel möglicherweise nicht wiederholen würde. Damals haben sehr große Gruppen von den Datenschützern über die Politik bis hin zu den Medien und dann auch die Bevölkerung gegen Streetview gewettert. Google hatte daraufhin die Fahrten eingestellt und musste Millionen Bilder manuell verpixeln. Ein gigantischer Aufwand, den man sich kein zweites Mal aufbürgen möchte.
Zwar sind die Streetview-Fahrzeuge in unregelmäßigen Jahres-Abständen in Deutschland unterwegs, aber die Fotos werden nicht veröffentlicht, sondern lediglich für die bereits angesprochenen Metadaten ausgewertet. Das zeigt, dass Google die Bilder rein theoretisch ohne zusätzlichen Aufwand aufnehmen könnte. Ein kleiner Schritt in Richtung Veröffentlichung dieser Bilder würde vielleicht schon reichen, um die öffentliche Meinung abzuklopfen. Auch aus diesem Grund habe ich meinen Artikel am Montag geschrieben.
Wohl kein Comeback in Deutschland
Unter meinem Artikel hat sich auch Frau Keybach zu Wort gemeldet, die den Beitrag im Google-Blog verfasst hat (aber nicht bei oder für Google arbeitet). Sie schrieb, dass es keine neuen Bilder geben wird. Ich habe sie daraufhin kontaktiert, um die Authentizität des Kommentars zu überprüfen und gleichzeitig die Quelle der Informationen herauszufinden. Nach wenigen Stunden schrieb sie mir zurück, dass ihr keinerlei Pläne bei Google bekannt sind, neue Aufnahmen zu veröffentlichen und dass sowohl der Beitrag als auch der Kommentar (der mich erst zum Artikel veranlasste) kein Hinweis auf einen Neustart seien.
Zwar sollen regelmäßig Bürgermeister anfragen, ob und wann Google die Streetview-Bilder aktualisiert, aber bei der derzeitigen Situation kommt das für Google nicht in Frage. Damals mussten für die Verpixelung mehrere Hundert Mitarbeiter angestellt werden, um den Aufwand zu stemmen. Dazu kommt, dass in Deutschland jedes Bundesland einen eigenen Datenschutzbeauftragten hat, während es in anderen Ländern meist nur einer für die gesamte Nation ist. Es wäre wohl schwer, die Interessen aller unter einen Hut zu bringen.
Es ist also keine direkte Absage, aber der Aufwand ist einfach zu hoch und würde sich für Google nicht lohnen. Das wird sich vermutlich auch auf absehbare Zeit nicht ändern.
Die Deutschen sind Streetview-Weltmeister
Vor einigen Jahren hatte ein Google-Sprecher mitgeteilt, dass ausgerechnet die Deutschen Streetview-Weltmeister sind. In keinem anderen Land der Welt werden die Streetview-Aufnahmen so häufig abgerufen wie in Deutschland. Natürlich kann man nicht >80 Millionen Menschen über einen Kamm scheren, aber das zeigt schon, wie gespalten das Verhältnis mancher Menschen zu diesem Thema ist. Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch die Menschen, die damals ihre Häuser und Wohnungen verpixeln ließen, nun regelmäßig Streetview-Aufnahmen aus anderen Ländern betrachten.
Österreich zeigt, dass es geht
Auch Österreich war lange Zeit ein weißer Fleck auf der Streetview-Karte, denn gleichzeitig mit den Fahrten in Deutschland hatte man auch die Österreich-Pläne gestoppt. Warum auch immer. Doch das hat sich Mitte 2018 geändert und mittlerweile sind einige österreichische Städte abgelichtet. Das ist zwar noch weit von flächendeckenden Aufnahmen entfernt, aber in Österreich ist mir noch kein einziges verpixeltes Haus begegnet…
Brauchen wir eine Petition?
Von selbst wird sich nichts ändern. Die Politik (abgesehen von einigen Bürgermeistern) wird Google nicht einladen, die Datenschützer ebensowenig und auch Google wird nach einer so langen Zeitspanne wohl nicht ohne deutliche Signale einen Vorstoß wagen – die natürlich auch sehr viel Geld kosten. Vielleicht braucht es eine Petition, um die Diskussion wieder anzuregen und alle Beteiligten mal wieder an einen Tisch zu bringen. Ich möchte so etwas nicht starten, aber falls sich ein Leser dazu motiviert fühlt, würde ich es natürlich unterstützen.