Windows 11: So könnten die Google-Produkte das neue Microsoft-Betriebssystem beeinflusst haben
Microsoft wird schon in wenigen Monaten das neue Windows 11 veröffentlichen, das eines der größten visuellen und funktionellen Updates der letzten Jahrzehnte mitbringt – auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht. Wir haben uns hier im Blog bereits mit den wichtigsten Themen beschäftigt und je mehr Details bekannt werden, desto mehr zeigt sich, dass einige der Neuerungen mit Google in Verbindung stehen.
Windows 11 tritt die Nachfolge der „letzten Windows-Version“ an, die es dann aber ganz offensichtlich doch nicht geworden ist: Windows 10. So wie jede andere neue Windows-Version zuvor, haben Microsofts Designer ein wenig an der Oberfläche geschraubt, bleiben der über Jahrzehnte etablierten Linie aber natürlich im Grundsatz treu. Die größte visuelle Neuerung ist es, dass das Startmenü nun plötzlich vom linken Rand in das Zentrum rückt und dann auch noch völlig anders aussieht.
Die größte funktionelle Änderung, die rückblickend in der Zukunft die größte Rolle spielt, ist die Unterstützung von Android-Apps, die man nun in das Betriebssystem bringt und damit als Plattform mit riesiger Reichweite auf dem Desktop etablieren könnte. Diese Unterstützung bietet für Microsoft sowohl Chancen als auch Risiken, doch prinzipiell wird es wohl der richtige Weg sein, den man mit der neuen Version beschreitet.
Hier findet ihr eine kurze Zusammenfassung der Windows 11-Neuerungen, die möglicherweise auch von Google inspiriert sind und es dem Unternehmen in Zukunft vielleicht wieder etwas schwerer als zuvor machen könnten, sich selbst im Desktop-Betriebssystem zu verankern. Was vor einigen Jahren mit Cortana in der Taskleiste begann, die viele wohl als erste Amtshandlung deaktiviert haben, geht nun sehr viel weiter.
Windows 11: Android-Apps kommen auf den Desktop – schafft sich Windows damit selbst ein bisschen ab?
Android auf dem Desktop
Windows-Anwendungen haben sehr viele Jahre lang eine große Rolle gespielt und das Ökosystem war spätestens seit 1995 DAS schlagende Argument für das Betriebssystem. Daran hat sich grundsätzlich nichts geändert, doch manche alte Anwendungen (insbesondere Spiele) lassen sich nicht oder nur noch über Umwege nutzen, viele Anwendungen haben sich in den Browser (=plattformunabhängig) verlagert und nun bringt man auch noch die Android-Anwendungen auf den Desktop. Einige klassische Windows-Anwendungen bleiben unverzichtbar, aber in der Masse sinkt deren Bedeutung immer weiter.
Dass Microsoft nun Android auf den Desktop bringt und Google diesen Schritt nicht schon vor langer Zeit gegangen ist, hat großes Potenzial für das Unternehmen – aber eben auch hohe Risiken. Ob damit eher die Windows-Plattform oder das Android-Ökosystem aufgewertet wird, lässt sich schwer bewerten. Ich denke, dass hier nun die Pläne umgesetzt werden, die man schon vor einigen Jahren mit Windows Phone hatte, das sich aber bekanntlich trotz hoher Investitionen nicht durchsetzen konnte. Wie gut das funktioniert und ob Google den Ball vielleicht aufnehmen und mit Microsoft gemeinsam arbeiten wird – so wie beim Chrome-Browser – wird sich zeigen.
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Amazon App Store bekommt die große Bühne
Obwohl Microsoft einen eigenen App Store betreibt und außerdem das Sideloading von Android-Apps erlauben wird, hat man sich externe Hilfe für die Android-Apps geholt. Man wird den Amazon App Store auf den Desktop bringen, über den die Nutzer ihre Android-Apps beziehen können. Das ist sicherlich nicht die schlechteste Wahl, denn der Amazon App Store ist der größte kommerzielle Hersteller-unabhängige Store, der lange Erfahrung mit Google-freien Apps hat. Natürlich hätte man sich auch Alternativen wie F-Droid holen können, aber das war Microsoft wohl zu riskant.
Es ist nicht zu erwarten, dass der Amazon App Store dem Google Play Store dadurch ernsthaft gefährlich werden kann, aber dennoch ist es ein großer Schritt für diese Plattform. Amazons App Store spielt vor allem auf den Fire-Tablets eine sehr große Rolle, lässt sich aber auch außerhalb nutzen und besitzt einige exklusive Apps, die bei Google nicht zu finden sind.
Startmenü alá Chrome OS
Mit Windows 11 fassen die Entwickler die Heilige Kuh erneut an und bauen das Startmenü völlig um. Auch wenn es mit Windows 8.x bereits ein sehr großes Update erhalten hatte und quasi zugunsten der Vollbild-Kacheln abgeschafft wurde, hatte man dies schnell wieder rückgängig gemacht und ließ es dauerhaft abschalten. Nun geht man erneut einen ähnlichen Schritt und ändert sogar die über Jahrzehnte gelernte Position des Startmenüs. Dieses ist nicht mehr links unten, sondern nun zentriert. Das lässt sich anpassen, aber viele Nutzer dürften es dabei belassen.
Von der reinen alphabetischen und in Ordnern einsortierten App-Auflistung verabschiedet man sich genauso wie von den Live-Kacheln. Stattdessen gibt es eine Suchleiste, viele App-Icons und Verknüpfungen zu Dokumenten. Sowohl die neue Taskleiste als auch das Startmenü erinnern sehr stark an Chrome OS, was sicherlich kein Zufall ist. Die deutlich zurückgefahrene Organisation zeigt erneut, dass lokale Apps keine so große Rolle mehr wie in den Jahren zuvor spielen.
OneDrive im Windows Explorer
Gerade erst wurde Google Drive für den Desktop neu gestartet, schon zeigt sich, warum es Google auf einmal so eilig hat. OneDrive wird mit Windows 11 noch tiefer in den Windows Explorer integriert, als es ohnehin schon seit Windows 10 der Fall gewesen ist. Selbst Screenshots werden mit Windows 11 standardmäßig in OneDrive gespeichert und sind dann von jedem angebundenen Gerät aus zugänglich. Gut möglich, dass OneDrive und Google Drive sich dadurch ähnlich bekriegen werden wie es seit einigen Jahren zwischen Chrome und Edge der Fall ist.
Neuigkeiten in der Taskleiste, wie Assistant und Discover
Die Taskleiste wird nicht nur eine überarbeitete App-Auflistung erhalten, sondern auch einen neuen Bereich mit „Neuigkeiten und interessanten Themen“. Dieser Bereich ist seit dem jüngsten größeren Update schon in Windows 10 enthalten und steht mit Windows 11 mehr im Rampenlicht. Ich finde diesen neuen Bereich sehr praktisch und es erinnert ein wenig an einen Mix aus dem damaligen Google Now, dem heutigen Google Discover und vielleicht auch dem Google Assistant oder dem ‚auf einen Blick‘-Widget von Android. Ein guter Mix aus alledem.
Aber nicht nur dieser Bereich konkurriert mit den Google-Produkten, sondern auch Widgets feiern ein Comeback in Windows. Microsoft dürfte sich von Apples iOS inspirierte lassen haben, so wie das auch bei den neuen Google-Widgets der Fall ist und ich kann mir vorstellen, dass sie auf dem Desktop noch praktischer als auf dem Smartphone verwendet werden können. Vielleicht wird es eine Möglichkeit geben, die Android-Widgets in Windows zu verwenden.
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Windows 11 ist ein großer Schritt, von dem sich Microsoft viel erhoffen dürfte. Aus meiner Sicht geht es dabei auch um die Bedeutung des Desktops für Privatanwender, der für viele Aufgaben und vor allem im Casual-Bereich kaum noch notwendig gewesen ist. Gut möglich, dass sich das nun wieder ändert.
Windows 11: Android-Apps kommen auf den Desktop – schafft sich Windows damit selbst ein bisschen ab?
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