Microsoft hat das neue Windows 11 vorgestellt und öffnet damit das nächste Kapitel der Windows-Geschichte, die ja eigentlich bei Dauerversion 10 enden sollte. Die wohl größte Überraschung ist es, dass Windows 11 Android-Apps ausführen kann, doch auch an der Oberfläche haben die Designer aus Redmond heftig gewerkelt und ein neues Startmenü geschaffen, das doch sehr stark an Googles Chrome OS erinnert.
Windows blieb über Jahrzehne unverändert
Microsoft Windows gehört zu den ältesten Software-Produkten, die sich über einen solch langen Zeitraum halten und erfolgreich bleiben konnten – von der ersten Version Mitte der 80er Jahre bis heute. Natürlich musste sich das Betriebssystem, das anfänglich nur eine grafische Benutzeroberfläche gewesen ist, immer wieder neu erfinden – doch einige Konstanten blieben. Da wären die namensgebenden Fenster und das mit Windows 95 eingeführte Startmenü, das in der Grundstruktur 25 Jahre unverändert blieb.
Das Startmenü als Konstante – bis jetzt
Das Startmenü und die Taskleiste war DIE Revolution, auch wenn das heute kaum noch nachvollziehbar ist und wurde mit jeder Version aufgefrischt oder adaptiert. Mit Windows 8.x hatte man es gewagt, sich standardmäßig vom Startmenü zu verabschieden und dieses durch die Vollbild-Kachelansicht zu ersetzen, mit der man mit der Holzhammer-Methode den Smartphone- und Tablet-Erfolg erzwingen wollte. Viele dürften sich noch erinnern, was die erste Amtshandlung nach dieser Umstellung gewesen ist – nämlich diese Ansicht wieder loszuwerden.
Microsoft hat das für MS-Verhältnisse schnell eingesehen und das klassische Startmenü wiederhergestellt, in dem die Live Tiles nur noch eine untergeordnete Rolle spielten. Mit Windows 11 verabschiedet man sich nun vollständig von den Tiles, aber auch erneut vom klassischen Startmenü. Selbst die heilige Position des Start-Buttons in der Ecke unten links hat man erstmals angetastet. Schaut euch den folgenden Screenshot der neuen Umsetzung an.
Windows 11 setzt nun auf eine Dock-Ansicht, die sehr stark an Apples Mac OS erinnert und den Start-Button neben den App-Symbolen fast untergehen lässt. Klickt man dann auf den Start-Button, fühlt man sich an ein weiteres Konkurrenz-Betriebssystem erinnert: Googles Chrome OS. Es öffnet sich ein Overlay mit einer Suchleiste am oberen Rand und einer folgenden Auflistung von App-Icons, die doch sehr stark an einen Launcher als an ein Startmenü erinnern. Funktionell tun sie zwar das Gleiche wie zuvor, aber die Herangehensweise und Übersicht ist doch vollkommen anders.
Diese Anleihen an Mac OS ud Chrome OS sind natürlich vollkommen in Ordnung, denn auch Google und Apple lassen sich immer wieder bei der Konkurrenz inspirieren. Man muss nicht auf Teufel-komm-raus immer wieder neue Lösungen finden, nur um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden. Dennoch gleicht das bei der Windows 11-Umsetzung nun schon einer vollständigen Abschaffung des Startmenüs und einem Umschwenken auf das Launcher / App Drawer-Konzept. Das halte ich in Kombination mit den Android-Apps für Windows doch für eine gefährliche Entwicklung für Windows – denn man verliert aus meiner ganz persönlichen Sicht die Identität des Betriebssystems und dessen GUI.
Veränderung ist gut und Design muss lebendig bleiben, aber wo ist aus Endnutzer-Sicht der Unterschied zwischen Windows 11 und Chrome OS? Auf die über Jahrzehnte gewachsene Anwendungs-Basis kann Microsoft kaum noch setzen, weil vieles im Browser oder in den „neuen“ Android-Apps passiert. Ich bin sehr gespannt, ob sich der zweite Abschied vom Startmenü durchsetzen wird oder die Nutzer auch dieses mal rebellieren – denn Microsoft bietet nicht ohne Grund die Möglichkeit, die klassische Ansicht wiederherzustellen.
» ALTes Eisen? Google will sich vom ALT-Button auf der Chromebook-Tastatur verabschieden
» Chrome OS Phone Hub: Fotos vom Android-Smartphone auf das Chromebook übertragen – ohne Google Fotos