Der Smartphone-Markt wird seit vielen Jahren von den beiden dominierenden Betriebssystemen Android und iOS beherrscht, die sich zusammen weit über 95 Prozent des Marktes aufteilen. Weil iOS bekanntlich nur von Apple verwendet werden kann, bleibt für Smartphone-Hersteller nur der Griff zu Android – in den allermeisten Fällen in Kombination mit den Google-Diensten. Am jüngsten Beispiel Huawei zeigt sich, dass es trotz aller Alternativen ohne Google nicht geht.
Android steht in zwei verschiedenen Versionen zur Verfügung: Einmal das AOSP (Android Open Source Project) als solides und funktionierendes Betriebssystem und einmal in der mit Google-Diensten ausgestatteten Version. Jeder Hersteller kann sich das AOSP nehmen und anpassen, so wie es beispielsweise Amazon mit den Fire-Tablets mehr oder weniger erfolgreich tut. Allerdings dürfte Amazon außerhalb Chinas wohl auch der erfolgreichste Hersteller von Android-Geräten sein, die völlig frei von Google-Diensten ausgeliefert werden.
Huawei versucht sich gezwungenermaßen seit zwei Jahren daran, Android ohne Google-Dienste anzubieten und hat damit eine beispiellose Bruchlandung hingelegt: Vom Fast-Marktführer auf vier Prozent Marktanteil in weniger als zwei Jahren. Dass der Absatz der Huawei-Smartphones stark einbricht wird niemanden überrascht haben, aber auf dieses Ausmaß hätte wohl nicht jeder gewettet. Und dabei darf man gar nicht die Nutzergruppe außer Acht lassen, die sich „versehentlich“ ein Huawei kauft, sich ärgert und die Google-Dienste nachträglich installiert oder das Gerät aus diversen Gründen nicht zurückgeben möchte.
Kein Wunder, dass die ehemalige Tochter HONOR nun wieder auf Google-Dienste setzt und schon in den nächsten Wochen die ersten Smartphones mit der von den Nutzern geforderten Ausstattung auf den Markt bringt. Ansonsten wäre HONOR als Marke wohl sehr schnell am Ende gewesen. Huawei kann sich durch weitere Standbeine retten, aber HONOR als Marke produziert nur Smartphones.
Pixel 5a: Googles neues Budget-Smartphone ist wohl ein Pixel 4a 5G-Klon – die Hinweise auf eine Neuauflage
Nun ist es Gewissheit: Google sitzt am längeren Hebel
Im Frühjahr 2019 brodelte es ganz gewaltig und es dürfte wohl so manche Krisensitzung gegeben haben: Der zweitgrößte (fast weltgrößte) Smartphone-Hersteller darf plötzlich keine Google-Dienste mehr verwenden und es stellte sich die Frage, welches der beiden Unternehmen am längeren Hebel sitzt. Die Google-Dienste sind unverzichtbar, aber Huawei hatte sich in den Jahren zuvor eine extrem starke Fanbasis aufgebaut, die die Hardware des Unternehmens schätzte. Würden sie ihrer Marke treu bleiben oder weiterziehen? Zwei Jahre später wissen wir die Antwort.
Es stand einiges auf der Kippe
Auch wenn der Ausgang nicht vollständig vorherzusagen war, dürfte es nur wenige überraschen. Es hätte aber auch anders kommen können: Die riesige Huawei-Basis hätte die Alternativen zu den Google-Diensten, die zahlreich zur Verfügung stehen, akzeptieren und zum Durchbruch verhelfen können. Das wiederum hätte auch andere Hersteller hellhörig lassen werden können, die sicherlich nicht immer ganz glücklich mit ihrer Abhängigkeit von Google sind. Ich bin mir sicher, dass bei jedem Hersteller solche Gedankenspiele gegeben hat, die man erst einmal wieder in die Schublade gelegt hat. Man weiß ja nie, wann sich solch eine überraschende Situation mal wieder ergibt…
Vorerst darf sich Google aber freuen, fester als jemals zuvor im Sattel zu sitzen und bei Verhandlungen mit den Smartphone-Herstellern stets die Hand am längeren Hebel zu haben.