Google Maps: Waze-CEO bereut Verkauf der Navigation-Plattform an Google und zieht sich zurück (Bericht)
Google betreibt parallel zu Google Maps seit vielen Jahren die Navigationsplattform Waze, die im Jahr 2013 übernommen wurde und bis heute vollkommen eigenständig fortgeführt wird. Vor wenigen Tagen hat der langjährige CEO der Plattform das Unternehmen verlassen und gibt nun in einem sehr interessanten Beitrag viele Einblicke in die Zeit nach der Übernahme. Kurzform: Er bereut den Verkauf an Google, weil das Startup-Feeling wenig überraschend verloren gegangen ist.
Als Google die Navigationsplattform Waze im Jahr 2013 übernommen hat, hätten viele Nutzer mit einer Integration des wichtigsten Funktionsumfangs in Google Maps gerechnet. Daraus ist allerdings niemals etwas geworden, denn beide Plattformen werden vollständig getrennt voneinander weiterentwickelt. Und so kommt es, dass Google Maps in den letzten zwei Jahren viele Features erhalten hat, die bei Waze seit langer Zeit vorhanden waren und das Waze Google Maps-Features nachbaut. Klingt nicht gerade nach lohnenden Synergie-Effekten.
Der langjährige CEO Noam Bardin gibt nun in einem längeren Blogpost viele Einblicke in die Zeit nach der Übernahme, die sich Google immerhin gut eine Milliarde Dollar hat kosten lassen. Das erste große Projekt, das man in Angriff nahm, war die Anpassung an das Google-Backend, was nach der Schilderung von Bardin ein gigantisches Projekt gewesen ist, das unzählige Arbeitsstunden kostete und alle Entwickler bündelte. Das war notwendig, zeigte aber sehr schnell, dass die Startup-Mentalität spätestens an diesem Punkt vorbei gewesen ist.
In den folgenden Jahren erhielt Waze laut Bardin keine Unterstützung durch Google, sondern musste alle Projekte aus eigener Kraft stemmen und wurde wie jede andere externe App auch behandelt – selbst wenn man mit den Google Maps-Kollegen im gleichen Haus saß. Viele neue Ideen und Projekte wurden im Keim erstickt und direkt zu Google Maps übernommen. Leider geht Bardin nicht konkret darauf ein, um welche Funktionen und Ideen es sich dabei handelt.
Nach eigenen Angaben entwickelt Bardin seine Projekte stets mit dem Ziel, den Nutzern Vorteile zu verschaffen, was bei Google nach seinen Aussagen aber keine große Rolle spielt. Es wird zu viel Zeit mit Neben-Baustellen verbracht, die die Freude an neuen Features trüben: Der Großteil der Zeit geht für Meetings, Produktplanungen und für Gesprächen mit der Rechtsabteilung drauf, während die Weiterentwicklung für den Nutzer stark untergeordnet wird. Das war sehr frustrierend und sorgte dafür, dass der Elan und Spirit des Unternehmens sehr schnell auf ein Minimum gefallen ist.
Waze ist unter dem Dach von Google sehr stark gewachsen, hätte ohne Google aber noch sehr viel mehr erreichen können und wäre vielleicht mit Google Maps auf Augenhöhe gewesen. So sieht es zumindest Bardin. Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, hätte er sich damals gegen den Verkauf entscheiden und in Eigenregie weitermachen sollen. Das hätte man wohl auch geschafft, aber 2013 war die Zeit der großen Übernahmen und es galt als „Chic“, sich von einem der großen IT-Riesen kaufen zu lassen (Instagram, WhatsApp,…). Dass Google vielleicht nur einen potenziellen Google Maps-Konkurrenten unter Kontrolle bringen bzw. kleinhalten wollte, sah man damals nicht.
Die Aussagen von Bardin sind sehr interessant und auch fundiert. Kein Google-Bashing, sondern einfach nur eine ausgiebig geschilderte Enttäuschung über die Philosophie des Unternehmens, das sich so gerne als Nutzer-fokussiert darstellt – es aber oftmals gar nicht ist oder nur sehr langsam voranschreitet. Lest es euch einfach einmal durch, denn vielleicht wird dadurch so manche Entwicklung etwas klarer. Vielleicht hätte Bardin aber auch als „einfacher Entwickler“ mehr Freude gehabt als als CEO der Navigationsplattform.
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„Der Großteil der Zeit geht für Meetings, Produktplanungen und für Gesprächen mit der Rechtsabteilung drauf, während die Weiterentwicklung für den Nutzer stark untergeordnet wird. “ – Den Eindruck habe ich auch schon lange. Man guckt nur noch drauf, wie man möglichst viel Geld verdienen kann, neben dem, was man durch die Verwendung der anfallenden Benutzerdaten sowieso einfährt. Da braucht man natürlich Anwälte, und Besprechungen, damit abgesichert wird, dass man gerade soviel Innovation und Benutzerfreundlichkeit liefert, dass die Käufer nicht zur Konkurrenz abwandern und schön weiter zahlen, und zwar mit Geld und Daten, die monetarisiert werden. Google ist das neue Apple….
Kann man nicht verdenken, die Entwickler wollen ja auch nicht für den Mindestlohn arbeiten. Jeder will was vom Kuchen abhaben und so muss irgendwo auch Geld herkommen.