Huawei: Ohne Google keine Chance – ist eine Rückkehr zu den Google-Produkten überhaupt noch denkbar?
Vor knapp zwei Jahren mussten viele US-Unternehmen die Geschäftsbeziehungen zu Huawei kappen und aufgrund der Handelsbeschränkungen jegliche Zusammenarbeit mit dem chinesischen Smartphone-Hersteller einstellen – auch Google. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert und auch wenn eine Aufhebung der Handelsbeschränkungen in der Wahrscheinlichkeit leicht gestiegen ist, gibt es für Huawei und Google wohl kein Zurück mehr. Und das ist problematisch.
Als im Frühjahr 2019 Spekulationen über eine Handelsbeschränkung rund um Huawei die Runde machten, glaubten viele Beobachter an eine Drohgebährde des damaligen US-Präsidenten, der vermutlich keine harten Taten folgen sollten. Wenige Tage später wurden dann Fakten geschaffen, die wiederum von vielen Beobachtern nur für einen sehr kurzen Zeitraum erwartet wurden – eine temporäre Drohung mit der Pistole auf der Brust sozusagen. Aber auch das war ein Irrtum und mittlerweile dauert diese Situation nun schon zwei Jahre an.
Huawei war gerade auf dem Sprung zum weltgrößten Smartphone-Hersteller, konnte das starke Wachstum der Vorjahre ohne die Google-Dienste aber nicht mehr lange aufrechterhalten – das war nicht weiter überraschend. Weil man wohl auch bei Huawei auf eine schnelle Lösung hoffte, brachte das Unternehmen in den folgenden Monaten einfach ältere Smartphones mit aufgebohrter Ausstattung noch einmal auf den Markt, sodass die Google-Dienste weiterhin vorinstalliert bleiben konnten. Aber auch das war natürlich nur eine Notlösung, um Zeit zu gewinnen.
Mittlerweile hat sich Huaweis Marktanteil halbiert und ohne den chinesischen Markt wäre man wohl schon unter der Wahrnehmungsgrenze angekommen. Das Unternehmen kann von Glück reden, dass der chinesische Markt mit Abstand der größte und wichtigste ist. Und gerade in Zeiten des Handelsbanns hat der Patriotismus der Chinesen dazu geführt, dass die Verkaufszahlen sogar noch gestiegen sind.
Wird Huawei bald entlastet?
Nicht nur aufgrund des Machtwechsels in den USA gibt es Hoffnungen, dass der Handelsbann über kurz oder lang gelockert oder sogar vollständig aufgehoben werden kann. Konkrete Hinweise gibt es zwar nicht, aber wenn Huawei ohnehin mit HONOR durch die Hintertür neu angreift, verschiebt sich das Ganze einfach auf eine andere Marke. Doch wie wären eigentlich die Aussichten, wenn US-Unternehmen plötzlich wieder völlig legal und ohne langwierige Ausnahmegenehmigungen Geschäfte mit Huawei machen dürften? Könnte es ein Comeback der Google-Dienste geben?
Auffällig ist und war, dass es zwischen Google und Huawei niemals böses Blut gegeben hat. Auch nach dem Ende der Partnerschaft betonten beide Seiten auf Nachfrage, dass man mit der damaligen Geschäftsbeziehung sehr zufrieden gewesen ist. Das war zwar stets vorsichtig formuliert, aber man ließ sich von beiden Seiten stets ein Hintertürchen für eine Wiederaufnahme offen. Aber natürlich ging das Wirtschaftsleben weiter und Google musste ohne den zweitgrößten, fast größten, Partner weitermachen. Huawei muss sich sogar völlig neu aufstellen.
Kann es ein Comeback geben?
Gehen wir nun mal davon aus, dass die Handelsblockade vollständig gelockert wird und Huawei die Möglichkeit hätte, die Google-Dienste wieder auf den Smartphones zu installieren. Würden die Chinesen diesen Schritt gehen? Vermutlich ließen sich die Verkaufszahlen innerhalb kürzester Zeit wieder hochfahren, denn nach der recht kurzen Zeit ist die Marke Huawei auch außerhalb Chinas längst nicht verbrannt. Allerdings würde eine Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen auch eine große Zäsur bedeuten, denn zahlreiche neue Projekte ließen sich kaum fortführen.
Huawei hat innerhalb kürzester Zeit Ersatz für alle Google-Produkte gefunden und das eigene geräteübergreifende Betriebssystem Harmony OS soll schon bald starten. Das nun für Googles Android und die damit verbundenen Google-Produkte wieder zu begraben, wäre vielleicht kurzfristig der sicherere und bequemerer Weg – aber auch der gefährlichere. Man würde sich erneut in die Abhängigkeit des US-Unternehmens begeben und dementsprechend auch Gefahr laufen, mit einem erneuten Bann wieder alles zu verlieren. Allerdings muss man dazu auch wissen, dass HarmonyOS eine Mogelpackung ist.
Gleichzeitig wäre eine Rückkehr zu Google ein Eingeständnis der Schwäche. Man hat es selbst nicht geschafft, innerhalb von zwei Jahren etwas ohne Google-Beteiligung auf die Beine zu stellen. Also geht man zurück ins gemachte Nest, in dem allerdings der Partner die Regeln diktiert. Ich denke, dass das nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Brisanz hätte. Auch unter dem neuen US-Präsidenten werden sich China und die USA keine Rosen streuen. Eine Kooperation zwischen dem potenziell weltgrößten Smartphone-Hersteller und dem weltgrößten Betriebssystem- und Plattform-Entwickler hätte sicherlich mit erheblichen Einflüssen von Außen zu tun.
Rein technisch wäre eine Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen sicher ein Leichtes, aber strategisch eben nicht. Aus diesem Grund denke ich ganz persönlich, dass wir selbst bei einer Entspannung der Situation keine Huawei-Smartphones mehr mit Google-Diensten sehen werden. Nicht mehr in diesem Leben. Gut möglich, dass sich Huawei aus dieser Lage heraus eine ganz neue Machtposition aufbaut, denn die Google-Müdigkeit nimmt spürbar zu und eines Tages wird auch Googles Android in irgendeiner Form eine ernstzunehmende Konkurrenz abseits von iOS bekommen.
In den letzten Wochen hört man außerdem immer wieder, dass auch Xiaomi mit der US-Regierung im Clinch liegt und man sich mittlerweile gegenseitig mit Klagen überzieht. Es droht ein zweites Huawei-Szenario, diesmal allerdings mit ungewissem Ausgang. Xiaomi ist auf dem Smartphone-Markt innerhalb weniger Jahre zu einer Macht geworden, die mit dem Huawei-Aufstieg einige Jahre zuvor vergleichbar ist. Sollten sowohl Huawei als auch Xiaomi auf die Google-Dienste verzichten müssen, könnten sich die beiden Unternehmen auf der Software-Seite zusammentun – was sowieso schon seit längerer Zeit erwartet wird – und ein Ökosystem etablieren, dass die Reichweite von Google übersteigt.
Schaut man sich die Anteile auf dem Smartphone-Markt, sieht man nur chinesische Unternehmen, Samsung und Apple. Kommt es hart auf hart und zu einem echten Handelskrieg, könnten auch Oppo, OnePlus, Vivo und wie sie alle heißen den Zugriff auf die Google-Dienste verlieren. Und außer Samsung bleibt dann oberhalb der Wahrnehmungsgrenze kein Hersteller mehr übrig – womit plötzlich Google in eine Abhängigkeit rutschen würde. Auch dieses Szenario halte ich persönlich für gar nicht so unrealistisch.
Und um den abschweifenden Artikel mit einer Antwort auf die Frage im Titel zu beantworten: Ein Comeback der Google-Dienste auf Huawei-Smartphones ist für mich undenkbar.
Android: Ehemalige Huawei-Tochter Honor soll an neuen Smartphones mit Google-Diensten arbeiten
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Am Ende sind die Konsumenten nicht mit dem „Hersteller“ verheiratet, da ihre Dienste grundsätzlich von Google abhängen. Wie schön im Artikel beschrieben wurde ist der Aufstieg von Huawei und nun Xiaomi. Beide durch die einfache Software-Anbindung von Google. Das Produzieren des Smartphones und einer grundsätzlich leichten Oberfläche sind keine riesigen Kostenpuntke, wie eine komplettes Betriebssystem, das Vertrieben werden muss, zugänglich mit APIs und Co. und dann natürlich noch den „Konsumenten“ zu überzeugen.
Ich denke wenn Xioami und Huawei wegfallen, kommen andere Hersteller raus, bzw. die Marktanteile verschieben sich zu anderen aktuellen Herstellern (siehe Smartphone-Markt 2020).
Daher sehe ich das Szenario nicht, dass sich Google von diesen Herstellern abhängig macht, sondern vielmehr vom Konsumenten, der ihre Produkte weiterhin verschlingt und immer mehr in sein Leben implementiert.