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Googles neue Regeln: Gratis unbegrenzter Speicherplatz war ein Fass ohne Boden & musste abgeschafft werden

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Vor gut einem Monat hat Google mit der Ankündigung geschockt, den kostenlosen Speicherplatz einzustellen und somit die Nutzung von Google Fotos, Google Drive und indirekt auch GMail für einige Nutzer weniger attraktiv zu machen. Dieser Schritt brachte dem Unternehmen viel Kritik ein, doch es gab auch Verständnis. Gut möglich, dass die Änderung Signalwirkung haben wird und bei vielen Menschen ein Umdenken einläutet.


Google Fotos, Google Drive und GMail teilen sich seit vielen Jahren ein gemeinsames Speicherplatz-Kontingent von 15 Gigabyte, das allen Nutzer vollkommen kostenlos zur Verfügung steht. Sobald dieses gefüllt ist, schalten die Produkte entweder in eine Art read-only-Modus um oder der Speicherplatz muss durch ein Google One-Abo erweitert werden – beides steht allen Nutzern jederzeit frei. Allerdings muss man dabei auch beachten, dass sich Google die Möglichkeit vorbehält, die Daten automatisiert zu löschen.

Vor 15 Jahren waren 15 Gigabyte Speicherplatz in der Cloud eine unvorstellbare Datenmenge. Vor zehn Jahren war es sehr viel Speicherplatz, vor fünf Jahren war das ein nettes Angebot und mittlerweile ist es für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden. Die scheinbar unendliche Speicherkapazität von Google und Facebook, zum Teil auch von Amazon und Microsoft, haben die Nutzer im Laufe der Jahre bequem werden und einfach ALLES hochladen lassen. Das war in Ordnung und von den Unternehmen bis zu einem gewissen Grad auch genauso gewünscht – aber irgendwann ist der Bogen eben auch überspannt.

Nicht nur die Einstellung der Nutzer hatte sich verändert, sondern auch die Datenmassen wurden immer größer. Fotos und Videos sind heute nicht nur deutlich größer (sowohl Pixel als auch MB) als früher, sondern werden auch in immer größeren Mengen aufgenommen. Multipliziert man das mit mehreren Milliarden Nutzern, kommt man irgendwann zu dem Ergebnis, dass sich das nicht bis in alle Ewigkeit rentieren kann.




Die Nutzer wurden zu sehr verwöhnt
Vor allem der kostenlose Speicherplatz bei Google Fotos sowie das automatische Backup haben dazu geführt, dass die Nutzer extrem verwöhnt wurden. So wie das Wasser aus dem Hahn und der Strom aus der Steckdose kommt, so kommt der Speicherplatz aus der Google Cloud. Alles steht den verwöhnten Menschen gefühlt unbegrenzt zur Verfügung – doch man muss auch mal hinter die Wand blicken. Das Wasser wird mit viel Aufwand aufbereitet und transportiert, der Strom muss irgendwie erzeugt werden und Google muss Tag für Tag LKW-Ladungen an Festplatten, Speicherchips und anderen Datenträgern in die Rechenzentren fahren, wo diese verbaut werden müssen. Natürlich alles sehr vereinfacht dargestellt.

Diesen Komfort, einfach alles hochladen und niemals etwas löschen zu müssen, kann man auf Wunsch auch weiterhin haben, aber dafür wird man eben zur Kasse gebeten und muss seinen kleinen Anteil am zur Verfügung gestellten Speicherplatz leisten. Spätestens an diesem Punkt muss man dann aber auch mal ins Grübeln kommen. Lässt man den ganzen Tag das Wasser aufgedreht? Hat man rund um die Uhr im ganzen Haus Festbeleuchtung? Warum lädt man dann ALLE Bilder hoch und speichert sie für die Ewigkeit?

Qualität statt Quantität, Erinnerungen statt Datenmassen
Viele Menschen schießen unglaublich viele Videos und drehen unglaublich viele Videos. Die Frage ist allerdings, wann man sich diese wieder ansieht. Spoiler: Zu 99 Prozent wohl niemals. Viele Bilder und Videos entstehen, um sie einmal an die besten Freunde zu senden und danach geraten sie bei allen Beteiligten schnell in Vergessenheit, weil schon das nächste Bild folgt. Allerdings wurde es dann durch das Auto Backup auch 10x bei Google Fotos hochgeladen und belegt dort 10x für alle Ewigkeit Speicherplatz.

Natürlich soll man wichtige Momente festhalten und sich vielleicht auch wieder später daran erfreuen, aber (und jetzt kommt mein ganz persönlicher Eindruck) viele Menschen haben längst verlernt zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden. Alle paar Sekunden gibt es wichtige Momente, jeder Schritt, jedes Duckface, jedes Essen und jeder Gedanke muss festgehalten werden. Aber wie soll man in diesen Tausenden Bildern und Videos die wirklich wichtigen Momente finden? Die, deren Bilder man auch ohne Display im Kopf hat.

Es ist nicht nur das Speicherplatz-Problem bei Google, um das es in diesem Artikel ja eigentlich geht, sondern eben auch die Einstellung der Nutzer. Und vielleicht ist der Schritt von Google gar nicht so verkehrt, um wieder etwas mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, was wirklich wichtig ist – und was nicht.




Das Ende der Gratis-Kultur?
Ich hatte schon vor einigen Tagen darüber geschrieben, dass womöglich auch YouTube bald kostenpflichtig werden könnte, denn die Videoplattform dürfte wohl noch mehr Speicherplatz als Google Fotos benötigen. Dass ich damit nicht ganz so verkehrt lag, zeigt sich schon daran, dass YouTube fast zeitgleich angekündigt hatte, Werbung in allen Videos schalten zu wollen und die Uploader nicht mehr an den Einnahmen zu beteiligen. Natürlich ist das auch eine Form der Gewinnmaximierung, aber grundlos dürfte es nicht sein.

Schon seit langer Zeit ist im Web der Trend zu beobachten, nicht mehr alle Inhalte kostenlos anzubieten – man denke nur an die zahlreichen Paywalls auf den journalistisch geführten Webseiten. Das wird vor allem deshalb notwendig, weil immer mehr Menschen einen Werbeblocker einsetzen, der häufig die einzige Einnahmequelle für diese Medien abdreht. Aber darum soll es hier nicht gehen. Google bietet ebenfalls einen Großteil der Produkte kostenlos an, finanziert sie aber entweder mit Werbung oder subventioniert sie daraus, dass sie Daten für das Werbenetzwerk liefern.

Sowohl bei Google Fotos als auch Google Drive war das nicht der Fall. Beide Produkte sind nicht monetarisiert und die darin gespeicherten Daten werden auch nicht zur Profilbildung, sondern lediglich zur Kundenbindung, genutzt. Sollte die Popularität also sinken, wäre das für Google indirekt sogar von Vorteil, denn jeder Nutzer, der nichts bezahlt, ist eine Belastung für das System. Ganz eiskalt betriebswirtschaftlich gesehen. Und wenn dieser Schritt nun sowohl Google als auch den Nutzern helfen kann, war es doch für etwas gut. Wir dürfen gespannt sein, wann die Konkurrenz, die noch keine Limits auf ihren Plattformen hat, nachziehen wird.


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