Google ist es gelungen, den Chrome-Browser innerhalb weniger Jahre von Null an die Spitze zu bringen und die Marktanteile immer weiter zu steigern. Weil die Konkurrenz in vielen Ländern nur noch eine Statisten-Rolle hat und der Browser für das Unternehmen eine enorme Bedeutung hat, könnte das schon bald zu einem großen Knall führen: US-Wettbewerbshüter prüfen derzeit die Möglichkeit, Google zum Verkauf des Chrome-Browsers zu zwingen.
Google gehört gemeinsam mit wenigen anderen Unternehmen zu den Internet-Giganten, die große Teile der digitalen Welt kontrollieren. Was lange Zeit vor allem in der EU kritisch beäugt wurde, scheint nun auch in den USA langsam Sorgenfalten auf die Stirn der Wettbewerbsbehörden zu bringen. Und so kommt es, dass Google bzw. Alphabet, Facebook, Amazon, Apple und auch Microsoft unter strenger Beobachtung stehen und schon bald harte Auflagen bekommen könnten.
Man muss es sagen, wie es ist: Die USA beherrschen große Teile der digitalen Welt und in Zeiten von America First und Handelskämpfen hätte man eigentlich gedacht, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Doch die Wettbewerbsbehörden in den USA merken in jüngster Vergangenheit zunehmend, dass die Unternehmen eine zu große Machtbasis aufgebaut haben. Vor allem Google steht aufgrund des Geschäftsmodells und der zahlreichen dominierenden Plattformen in vielen Branchen in der Kritik. Das könnte nun Folgen haben.
Laut einem Bericht sollen die US-Wettbewerbsbehörden derzeit mindestens zwei harte Auflagen gegen Google prüfen: Einen erzwungenen Verkauf eines Teils des Werbegeschäfts sowie einen erzwungenen Verkauf des Chrome-Browsers. Wie Erstes aussehen soll, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, doch weil es sich bei Chrome „nur“ um ein Produkt handelt, wäre das wohl vergleichsweise leicht umzusetzen. Das Szenario wird derzeit als recht wahrscheinlich bewertet, befindet sich aber noch in der Prüfung.
Als möglicher Grund wird von dem Bericht angegeben, dass der Chrome-Browser eng mit dem Werbegeschäft verknüpft ist und Google eine zu große Macht in diesem Bereich sichert. Dass Google aktiv an Standards mitarbeitet oder diese, wenn nötig, im Alleingang durchdrückt, sieht man mit Sorge. Und das dürfte wohl auch das stärkste Argument sein.
Grundsätzlich verdient Google mit dem Chrome-Browser kein Geld und der Browser enthielt niemals Werbebanner oder ähnliche Finanzierungsmethoden. Dennoch sorgt der Browser dafür, dass Google die Standardsuchmaschine ist, moderne Web-Standards unterstützt, keinen gegen Google selbst gerichteten Werbeblocker integriert und vieles mehr. Der Browser als Einzelprodukt ist ein klares Minusgeschäft, sichert aber viele Geschäftsbereiche des Unternehmens ab. Das macht einen möglichen Verkauf natürlich schwierig.
Selbst wenn der Verkauf angeordnet wird, wäre die große Frage, wer den Browser kaufen soll. Browser sind immer ein Minusgeschäft und stützen lediglich die Interessen des Besitzers. Und was sollte Google daran hindern, erneut in das Browsergeschäft einsteigen? Weil Chromium Open-Source ist, könnte das Unternehmen vermutlich innerhalb weniger Monate einen neuen Browser auf die Beine stellen. Google hat sich mit diesem Konstrukt sehr gut abgesichert.
Es bleibt abzuwarten, was daraus wird. Ich glaube nicht an einen Verkauf des Browsers oder anderer Geschäftsteile. Die vielfach geforderte Abspaltung des Werbegeschäfts wäre das einzige für mich vorstellbare Szenario. Weil sich Google aber zu über 90 Prozent durch das Werbegeschäft finanziert und es das Ende vieler Produkte wäre, scheint das kaum umsetzbar. Fest steht, dass es für Google auch im Heimatmarkt zunehmend ungemütlich wird.