Android: Googles Update-Turbos werden immer besser – wird das Fragmentierungs-Problem endlich gelöst?
Google hat die Update-Mechanismen in Android mit jeder neuen Version immer weiter ausgebaut und die Fragmentierung in den letzten Jahren spürbar in die richtige Richtung lenken – aber der große Durchbruch lässt noch auf sich warten. Doch das große Mainline-Update gibt Hoffnung darauf, dass die Version selbst in Zukunft vielleicht gar keine große Rolle mehr spielt. Löst sich das Problem im wahrsten Sinne des Wortes in Luft auf?
Android leidet eigentlich schon seit der zweiten Version des Betriebssystems an einem Update-Problem, das nach einigen Jahren immer größer wurde und über lange Zeit das Nummer 1-Argument gegen Android gewesen ist. Viele Versuche in der Vergangenheit, etwa die Hersteller zu schnelleren Updates zu verpflichten, schlugen fehl. Mittlerweile verlässt man sich nicht mehr auf die Partner, sondern nimmt das Ganze selbst in die Hand – mit Erfolg.
Die Zahlen zur Verteilung der Android-Versionen zeigen einen sehr positiven Trend: Neue Versionen verteilen sich immer schneller am Markt und lösen ihre Vorgänger jeweils schon einige Monate nach Erscheinen ab. Am unteren Ende der Tabelle bleibt die Fragmentierung zwar gleich, aber seit Android 9 Pie ist der Update-Schwung deutlich spürbar: Android Pie hat Android Oreo schneller abgelöst, als in den Jahren zuvor. Android 10 hat Android Pie schneller abgelöst und nun macht sich Android 11 auf, Android 10 abzulösen. Ein Blick auf die Zahlen findet ihr hier.
Dieser Update-Schwung wird unter anderem von den Projekten Treble und Mainline angeschoben, die große Teile des Betriebssystem-Updates auslagern und somit allen Beteiligten mehr Luft zum Atmen verschaffen. Nicht selten haben die Smartphone-Hersteller ihre Update-Pläne noch nicht vollständig abgearbeitet, wenn schon die nächste Version vor der Tür steht. Und so verkünden einige Hersteller auch heute noch mit Stolz, Android 10 für Gerät XY auszuliefern, während einige andere Nutzer schon seit eineinhalb Monaten auf Android 11 unterwegs sind.
Doch der Ausbau von Mainline macht deutlich, dass Google auf dem richtigen Weg ist und dabei auch Erfolg hat. Allerdings lassen sich diese Erfolge nur im großen Zeitrahmen messen. Der große Treble-Schritt in Android 8 Oreo (2017) konnte erst mit dem Update auf Android Pie (2018) seine Arbeit verrichten und die echten Stärken nicht vor dem Update auf Android 10 (2019) zeigen.
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Mit Treble hat Google das Betriebssystem in viele Layer zerlegt, von denen alle Betroffenen stets nur ihren eigenen Teil anpassen müssen. Die Smartphone-Hersteller müssen also nur ihre eigenen Anpassungen vornehmen und nicht mehr am gesamten Betriebssystem doktern – ein riesiger Zeitgewinn, der gleichzeitig für mehr Stabilität sorgt. Das allein reichte aber nicht, denn nur weil die Hersteller weniger Aufwand haben, heißt es ja nicht, dass sie es schneller oder zuverlässiger durchführen. Stattdessen nehmen sie einfach dieses Einsparpotenzial mit und verkleinern die Teams.
Mit Mainline hat Google die Verantwortung wieder auf die eigene Seite geschoben: Viele Betriebssystem-Komponenten wurden soweit ausgelagert, dass sie über eine sichere Anbindung an den Play Store bzw. die Play Services aktualisiert werden können. Mittlerweile sind es 25 Komponenten und die Liste wird immer länger. Darunter auch sehr viele Komponenten, die bei den monatlichen Sicherheitsupdates eine große Rolle spielen – etwa der Medienserver. Und so können diese Lücken auch ohne Unterstützung der Hersteller gestopft werden – und das sogar noch dann, wenn es keine Betriebssystem-Updates mehr gibt.
Funktionelle Komponenten werden ebenfalls aktualisiert
Aber es dreht sich nicht mehr nur um das Thema Sicherheit, das bei Android längst zur DNA gehört und gar nicht mehr erwähnt werden muss, sondern zunehmend auch um die Funktionalität. Google kann mittlerweile zahlreiche Betriebssystem-Funktionen serverseitig nachrüsten, ohne dass die Nutzer ein Update auf die neueste Version benötigen. Das ist möglich, weil sehr viele Dinge über die Google Play Services abgewickelt werden bzw. eine Cloud-Anbindung benötigen.
Und so ist es längst nicht mehr undenkbar, dass Google eines Tages die größten Brocken des Betriebssystems einfach per Knopfdruck serverseitig aktualisiert. Vollkommen unabhängig von den Smartphone-Herstellern, die sich ja gerne Zeit lassen und eher mit eigenen Verbesserungen glänzen möchten, die sie unabhängig von Google in das Betriebssystem bringen. Das ist ihr gutes Recht und sicherlich ein wichtiges Verkaufsargument, aber auch problematisch für das Android-Ökosystem.
Android 10, 11, 12 oder 13? Egal!
Gut möglich, dass Google irgendwann die Android-Versionsnummern soweit in den Hintergrund rückt, dass sie keine Rolle mehr spielen – Vorbild Windows 10. Es könnte die Halbwertszeit des Betriebssystems weit nach oben schrauben, so wie man es schon bei Chrome OS eindrucksvoll vorgemacht. Bei Googles zweitem Betriebssystem gibt es mittlerweile bis zu neun Jahre Chrome OS-Updates. In diese Sphären wird Android wohl aufgrund der Architektur nicht kommen können, aber die eingeschlagene Richtung zeigt, wohin die Reise gehen soll.
Mit Treble, Mainline und einigen weiteren nicht ganz so bekannten und eher technisch komplizierten Technologien könnten sich Möglichkeiten schaffen lassen, dass die notwendigen Hersteller-Anpassungen einfach als Plug-Ins in das Betriebssystem gebracht werden können. Google könnte das Kern-Betriebssystem so lange aktualisieren, wie es die Treiber der Komponenten-Hersteller (Qualcomm & Co) zulassen. Und wenn sowohl die Sicherheit passt als auch die neuen Funktionen ihren Weg auf das Smartphone finden, dann ist es für den Nutzer nicht mehr relevant, ob nun Android 11, 12 oder 13 verwendet wird. Oder welcher Nutzer außerhalb der Tech-Blase weiß, welche Chrome OS-Version genutzt wird?
Das würde auch die Tür für schnellere Betriebssystem-Updates öffnen. Früher war es normal, zwei bis drei Jahre auf eine neue Betriebssystem-Version zu warten. Später war es jährlich, mittlerweile mehrmals jährlich und bei Chrome OS sogar alle sechs Wochen. Und was bei Chrome OS funktioniert, das ja als sehr sicheres Betriebssystem gilt, an dem sich Hacker die Zähne ausbeißen, kann auch bei Android möglich sein. Dass Google den Aufwand für große Umbauten nicht scheut, hat man ja in den letzten Jahren bewiesen.
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Zu wünschen, dass es so eintritt, wären es Google, den Herstellern und letzlich auch uns als Konsumenten.
Leider ziehen die Hersteller bei den ganzen „turbos“ auch nur mit, weil sie die Google Play Lizenzierung wollen. Wäre der Play-Zugang nicht an diverse Bedingungen gekoppelt, würde man sicherlich auch die Pflege des OS vernachlässigen und nach kurzer Zeit den Support wieder einstellen…. der Profitgier wegen.. :/