Googles Designer lieben es, etablierte Oberflächen umzubauen, gewohnte Elemente zu verschieben oder gleich einen völligen UI-Neustart hinzulegen – aber das ist ja auch ihr Job. Im GMail-Team tickt man da allerdings ganz anders, denn in einem gewissen Bereich gab es seit eineinhalb Jahrzehnten kein nennenswertes Update mehr: Die Rede ist von den GMail-Einstellungen. Diese sehen auch heute noch so aus wie im Jahr 2004, aber immerhin zeichnet sich ab, dass sich das in Zukunft ändern wird.
Alle paar Jahre setzen sich Googles Designer neue Ziele und aktualisieren in den kommenden Jahren alle Apps, bis man sich dann wieder mit neuen Design-Richtlinien beschäftigt. Anfänglich mussten alle Google-Produkte farblich sein und es dominierten blaue und gelbe Farben. Später ging die Farbe verloren, sodass alle Produkte genauso gut auf einem Monochrom-Display hätten genutzt werden können (überspitzt gesagt). Dann folgten die flachen Oberflächen, kurz darauf das Material Design und jetzt sind wir beim Material Theme mit sehr viel Whitespace und großen Flächen angekommen.
GMail gehört mit zur Top-Riege der Google-Produkte und hat im Laufe der letzten 16,5 Jahre mehrfach einen neuen Anstrich erhalten. Obwohl sich die grundlegende Struktur niemals geändert hat, dafür gab es auch keinen Grund, sieht GMail heute genauso modern aus wie damals – nur eben an die aktuellen Bedürfnisse und Erfordernisse angepasst. Das gilt aber nicht nur für den Posteingang, sondern auch für das Mail-Fenster, die Konversationsansicht und viele weitere Bereiche. Aber nicht für die Einstellungen.
Wie ihr vielleicht innerhalb der letzten eineinhalb Jahrzehnte bemerkt habt, bietet GMail sehr viele Einstellungsmöglichkeiten rund um den Abruf und Versand von E-Mails, den Labels, zahlreiche Sicherheitsfunktionen und vielem mehr. All das zu organisieren ist durchaus nicht einfach, aber eine Herausforderung, der sich UI-Designer jeden Tag als Grundlage ihrer Arbeit stellen müssen. Doch an GMail sind sie entweder verzweifelt oder wurden niemals zu Rate gezogen.
Schaut euch einfach einmal die folgenden Screenshots an, dann wisst ihr sehr genau, was ich meine. Wer es gerne Live sehen möchte, ruft einfach mal die GMail-Einstellungen direkt im Browser auf. Am Desktop, nicht am Smartphone. Denn auf dem Smartphone ist es zwar moderner, aber mit einem deutlich zusammengestauchten Funktionsumfang.
Google Kalender: Die Aufgabenverwaltung Google Tasks wird endlich in den Kalender integriert (Screenshots)
GMail-Einstellungen im Jahr 2004
Obiger Screenshot stammt aus dem Jahr 2004 und zeigt, wie die Einstellungen beim Start der Plattform ausgesehen haben. Schon damals wurde man als Nutzer regelrecht erschlagen, aber weil GMail eine der ersten sehr weit verbreiteten Web-Apps überhaupt gewesen ist (Das „Web 2.0“ stand gerade erst am Anfang) fanden wir das eher beeindruckend als unübersichtlich. Alles sah genauso aus, wie man es von einer Desktop-App erwarten würde – und genauso wollte GMail auch wahrgenommen haben.
GMail-Einstellungen im Jahr 2020
Nein, es ist nicht nur ein anderer Skin – es ist die gleiche Oberfläche. 16 Jahre später. Wie ihr seht, haben sich hier und da einige Farben geändert, was aber dem grundsätzlichen Design von GMail geschuldet ist und vielleicht auch eher unabsichtlich geschehen ist. Denkt euch einen gelben Hintergrund und einige Akzentfarben und schon sehen wir hier zwei Mal exakt die gleiche Oberfläche. Natürlich kamen in eineinhalb Jahrzehnten neue Optionen dazu, aber die haben das visuelle Wirrwarr rund um die Einstellungen eher noch schlimmer gemacht.
Die GMail-Einstellungen sind damals wie heute ein unübersichtliches Monster, mit dem man sich erst einmal beschäftigen muss, um alle Möglichkeiten zu erfassen. An der Tiefe der Einstellungen würde zwar auch ein neues Design nicht viel ändern, aber natürlich dürfen die UI-Designer nach so langer Zeit auch mal eine neue Struktur einführen und die häufig genutzten Optionen vom Rest abtrennen. Wie man das sehr gut lösen kann, zeigen die Chrome-Designer und erst jüngst das UI-Team des Google Assistant.
Natürlich spielt der Zeitraum beim Design keine Rolle, denn wenn eine Oberfläche vor 16 Jahren sehr gut gewesen ist, kann man sie auch unverändert lassen. Vielleicht ein paar Farbtupfer und Anpassungen, aber grundsätzlich muss nichts nur um des Ändern-Willens geändert werden. Aber die GMail-Einstellungen waren noch nie übersichtlich, entsprachen noch nie den Google-Grundlagen und konnten weder damals noch heute als simple und Einsteigerfreundliche Oberfläche bezeichnet werden.
Die GMail-Einstellungen brauchen aber nicht nur eine neue Struktur, sondern auch moderne Bedienelemente, eine logischere Aufteilung und einen übergreifenden optischen Neustart. Viele Dinge könnten vermutlich herausfliegen oder anders gelöst werden, es sollte Touch-freundlich sein und ein einheitliches Bild mit den Einstellungen aller weiteren Apps kann natürlich auch nicht schaden. Bis heute sind die Einstellungsmöglichkeiten der GMail Android-App und der Web-App nicht einmal im Ansatz miteinander zu vergleichen.
In den Einstellungen befinden sich sogar scheinbar eingebettete Videos, die aber nicht mehr zu einem Video, sondern zu einer textlastigen Support-Seite führen. Es ist kaum vorstellbar, dass sich ein Nutzer gerne in diesen Bereich verirrt und direkt das findet, was er sucht. Die nächste Frage ist: Warum muss GMail bei fast jeder geänderten Einstellung neu geladen werden, was bei allen anderen Apps nicht notwendig ist?
Glücklicherweise zeichnet sich seit einigen Monaten ab, dass dem GMail-Team dieses Versäumnis aufgefallen ist, denn es wurden die Quick Settings in der Mail-Oberfläche/a> eingeführt, die die wichtigsten Dinge abdecken. Und das in einem einzigen kleinen Overlay.