Google arbeitet schon seit einigen Jahren am neuen Betriebssystem Fuchsia, das in vielen Bereichen neue Wege geht. Zu den größten Innovationen gehört die vollständige Modularität, die den Austausch beliebiger Komponenten und somit eine sehr hohe Flexibilität ermöglicht. Interessanterweise gehen die Entwickler mit den aktuellen Betriebssystemen Android und Chrome OS derzeit genau den gleichen Weg. Vorbild Fuchsia?
Ein neues Betriebssystem von Grund auf zu entwickeln, ist keine kleine Sache – auch nicht für Google. In der Vergangenheit hatte man sich bereits bestehender Projekte bedient und konnte auf diesen aufbauen: Android wurde eingekauft und Chrome OS auf die zuvor bereits verfügbare starke Chromium-Basis aufgebaut. Beide Betriebssystem basieren zudem auf dem Linux-Kernel. Das beschleunigt zwar die Entwicklung, verkleinert aber die Flexibilität.
Google lässt sich mit Fuchsia alle Zeit der Welt, das dürften interessierte Beobachter mittlerweile bemerkt haben. Zwar gab es in jüngster Zeit viele Hinweise auf einen baldigen Start, aber darauf wetten sollte man dennoch nicht. Aber vielleicht ist das auch gar nicht notwendig, denn viele der aufregenden Fuchsia-Neuerungen haben im Laufe der Zeit schon ihren Weg in die anderen beiden Betriebssysteme gefunden – vor allem die Modularität.
Android ist modular geworden
Mit der Version 8.0 Oreo ist Android erstmals in großem Stil modular geworden und wurde im Rahmen des Project Treble in mehrere Ebenen aufgeteilt. Das Hauptziel war es, die Betriebssystem-Updates zu beschleunigen, weil die Smartphone-Hersteller dadurch nur noch an einzelnen Ebenen ansetzen müssen und große Teile unverändert lassen können. Im Laufe der Jahre kamen ähnliche Projekte dazu, die wir heute unter dem Stichwort Update-Turbo zusammenfassen und für eine merklich verbesserte Fragmentierung gesorgt haben.
Es war eine logische Entwicklung, aber dennoch könnte sie mit den ersten Anläufen und Konzepten bei Fuchsia zusammenhängen. Und so kann man Fuchsia als Ideenschmiede und Android als Testballon bezeichnen, auch wenn man es eher andersherum erwarten würde. Selbst ein Kernel-Tausch bei Android wurde bereits in Erwägung gezogen, bisher aber noch nicht umgesetzt.
Chrome OS wird modular
Chrome OS mag auf den ersten Blick ein sehr simples Betriebssystem sein, aber unter der Haube ist es ein weiteres Mammutprojekt. Und dieses wird nun im Rahmen des Project Lacros zerlegt und ebenfalls in mindestens zwei Ebenen aufgeteilt. Bei Chrome OS ist das aufgrund der völlig anderen Update-Strategie zwar nicht bis in kleinste Detail wie bei Android notwendig, aber auch beim selbst verwalteten Betriebssystem gibt es ein End-of-Life. Und mit der Aufteilung möchte man den Browser trotz EOL für das Betriebssystem weiter aktualisieren.
Gut möglich, dass auch dieses Projekt von den Erfahrungen mit Android und Fuchsia heraus angestoßen worden ist. Eine echte Notwendigkeit besteht meiner Meinung nach mit einer Update-Garantie von bis zu acht Jahren zwar nicht, aber natürlich ist das eine gute Sache, wenn man die Chromebooks so zehn Jahre und mehr benutzen kann.
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Auch wenn Google das Betriebssystem noch lange zurückhalten sollte, bringt es dennoch auch die weiteren Plattformen etwas weiter voran. Auch die Google Assistant-Oberflächen in den Smart Displays erinnern stark an das, was man vor drei Jahren auf alten Fuchsia-Screenshots gesehen hat. Natürlich ist nicht belegt, dass all diese Dinge miteinander in Verbindung stehen, aber man muss auch immer zwischen den Zeilen lesen.
Der damalige Fuchsia-Abgesang des Android-Chefs besagte, dass es sich bei Fuchsia um eine Spielwiese handelt. Das ist zwar widerlegt worden, aber dennoch dürfte man in den geheimen Fuchsia-Laboren wohl die eine oder andere Technologie ausprobieren, bevor sie in die großen Projekte Einzug hält.