Google bastelt derzeit an einigen Möglichkeiten, mit denen die Window-Apps zu Chrome OS kommen sollen, um das Betriebssystem aufzuwerten und den potenziellen Nutzerkreis zu vergrößern. Android-Apps haben es schon vor längerer Zeit auf den Chrome OS-Desktop geschafft, doch wirklich angekommen und etabliert sind sie noch lange nicht. Google dürfte noch auf der Suche nach der perfekten Symbiose aus Android und Chrome OS sein – aber wie könnte die aussehen?
Es gab Zeiten, da waren die dominierenden Geräteklassen im Consumer-Bereich deutlich voneinander getrennt: Computer, Notebook, Handy / Smartphone – doch diese Ära ist längst Vergangenheit. Spätestens mit der Einführung der Tablets begann ein Prozess der Zusammenführung der großen Plattformen Mobil und Desktop, dessen Linie heute manchmal kaum noch erkennbar ist. Convertibles, Hybrid-Geräte oder einfach nur Displays mit ansteckbarer Tastatur lassen sich schwer in nur eine Schublade stecken.
Google wird die Windows-Apps auf die Chromebooks bringen, daran besteht durch mehrere Ankündigungen und verschiedenste Ansätze kein Zweifel. Das ist mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen und erfordert sehr viel Know-How und Technologien, aber für den Endnutzer ist es nur ein sehr kleiner Schritt, für den er sich kaum umstellen muss. Die Unterschiede in der Bedienung zwischen Windows und Chrome OS sind marginal, sodass sich Windows-Apps unter Chrome OS sehr schnell natürlich und selbstverständlich anfühlen werden.
Bei den Android-Apps sieht das hingegen etwas anders aus: Diese lassen sich schon heute auf vielen Chromebooks verwenden und portieren die jeweilige App-Oberfläche einfach in ein Fenster, das in etwa die Größe eines Smartphone-Displays hat. In den meisten Fällen bekommt der Nutzer also lediglich die Smartphone-Oberfläche auf dem Chromebook-Desktop zu sehen, die sich zwar mit Touch oder per Cursor bedienen lässt, aber nur wenig natürlich anfühlt.
Trotz jahrelanger Arbeit ist das nicht unbedingt die beste Umsetzung und kann meiner Meinung nach eher als Notlösung bezeichnet werden, an der noch sehr viel geschraubt werden muss. Und so ergibt es sich, dass die perfekte Umsetzung von Windows-Apps unter Chrome OS wohl eher abgeschlossen ist, als die Android-Apps auf den Chromebooks.
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Android ist und bleibt ein Smartphone-Betriebssystem
Android hat auf Smartphones begonnen und ist trotz einiger Ableger, die lediglich den gleichen Kern verwenden, noch immer auf den mobilen Geräten zu Hause. Mit Tablets ist Android nie richtig warm geworden, was sowohl an Googles überschaubaren Bemühungen als auch der Design-Faulheit der App-Entwickler liegt (man muss es leider so sagen). Android-Apps sind auf dem Tablet häufig gestreckt und nutzen die Vorteile des größeren Displays kaum aus.
Natürlich gibt es sehr viele sehr gute Android-Apps für das Tablet, aber in der großen Masse der über den Play Store verfügbaren Apps gehen sie unter. Weil Android auf Tablets niemals wirklich durchstarten konnte, trotz gerade zu Beginn beachtlicher Marktanteile, hat Google längst Chrome OS auf die Tablets gebracht, das aus vielerlei Gründen als das bessere Betriebssystem für Tablets gehalten wird. Genau das ist aber auch ein Kernproblem der Android-Apps unter Chrome OS.
Android-Apps sind auf die Smartphone-Ratio optimiert
Viele Android-Apps sind schon beim Dreh in den Landscape Modus nicht ganz so optimal nutzbar, sodass es kein Wunder ist, dass sie unter Chrome OS wieder im Portrait Modus verwendet werden – trotz völlig anderer Orientierung des Displays. Und wenn die Apps schon für das Tablet nicht optimiert worden sind, wird es auf dem Desktop richtig schwer. Das Problem lässt sich wohl nur dadurch lösen, dass die Zielgruppe deutlich größer wird und sich die Anpassung für die App-Entwickler lohnt. Ohne geeignete Apps wird diese Zielgruppe aber nur schwer wachsen – der übliche Teufelskreis.
Progressive Web Apps als Lösung?
Eine mögliche Lösung wären die Progressive Web Apps, in die Google seit einiger Zeit sehr viele Energien steckt. Weil es sich dabei grundlegend um Webseiten handelt, sind diese sehr häufig responsive gehalten und passen sich den Größenverhältnissen an. Was bei der App-Entwicklung Mehraufwand bedeutet, ist mit modernen Web-Frameworks und Technologien sehr leicht umzusetzen, sodass es für viele Webdesigner zum Standard gehört.
In puncto Design als auch verfügbaren Schnittstellen wären die Progressive Web Apps die beste Lösung und würden gar keine Notwendigkeit mehr geben, die Android-Apps zu Chrome OS portieren – denn es gibt ja eigentlich gar keine „Android-App“. Es gibt nur die unter Android ausgeführte PWA, bei der es sich um dieselbe App handelt, wie die im Chrome OS-Browser.
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Android Desktop Modus
Android besitzt schon seit einigen Versionen einen Desktop-Modus, der immer weiter ausgebaut wird, von Google aber noch nicht aktiv beworben oder in einem Produkt verwendet wird. Zwischen dem Android Desktop Modus und dem Chrome OS-Desktop gibt es dank sehr ähnlicher Designsprachen und Anpassungen der letzten Jahre gar keinen so großen Unterschied. Damit sind die Apps zwar immer noch im „falschen Format“, aber eine schnelle Verbreitung des Desktop Modus kann natürlich Wunder bei der Anpassung bewirken.
Der Android Desktop Modus und Chrome OS würden wohl die beste Symbiose aus beiden Welten bilden und könnten eines Tages sehr zusammenspielen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Gerüchte und sogar eine Patentzeichnung eines Chromebooks mit einschiebbarem Android-Smartphones. Was Google damit bezweckt, lässt sich schwer sagen, der Desktop Modus könnte dabei aber eine große Rolle spielen. Allein schon aus Komfortgründen aber wohl eher drahtlos statt als Einschiebevariante.
Und wenn dann eines Tages die Apps von Android, Windows und Linux ihren Weg zur perfekten Umsetzung auf Chrome OS gefunden haben, dürfen wir uns fragen, ob es dann überhaupt noch Chrome OS ist…