Wear OS: Googles Smartwatch-Betriebssystem vor dem dritten Neustart – aber welche Rolle spielt es noch?
Google steht mutmaßlich vor einem umfangreichen Wearable-Neustart, der zwar noch einige Zeit auf sich warten lassen wird, dessen Puzzlestückchen sich aber immer mehr zusammensetzen lassen. Es zeichnet sich ab, dass dieser neue Anlauf weit über den Smartwatch-Bereich hinausgehen wird, was natürlich die Frage aufwirft, wie es mit dem bisher sehr glücklosen Smartwatch-Betriebssystem Wear OS weitergehen wird.
Wenn es nicht ganz rund läuft, dann legt Google oft den Rückwärtsgang ein und gibt mit neuen Ansätzen noch einmal Gas. Das gehört im Messenger-Bereich schon zur Routine, ist bei Play Music und YouTube Music fast schon abgeschlossen, wurde bereits bei den Tablets durchgezogen und der Android TV-Neustart steht gerade in den Startlöchern. Und auch Wear OS könnte angesichts der aktuellen Situation durchaus einen weiteren Neustart vertragen.
Vor weit über sechs Jahren hat Google das Wearable-Betriebsssystem Android Wear veröffentlicht, das sich trotz des sehr weit gefassten Namens einzig und allein auf den Smartwatch-Markt konzentriert – mit sehr überschaubarem Erfolg. Google dürfte schon 2014 in dem Glauben gewesen sein, alles was „Google“ und „Android“ im Namen trägt, fliegt von ganz alleine – aber das war ein Irrtum. Anders lässt es sich zumindest nicht erklären, warum es keine echte Google Watch gegeben hat, keine nennenswerten Partnerschaften und eine Weiterentwicklung mit fest angezogener Handbremse.
Spätestens als die großen Smartphone-Hersteller ihre eigenen Smartwatch-Betriebssysteme eingesetzt haben, dürfte jedem klar gewesen sein, dass Android Wear absolut kein Selbstläufer ist und eher zum Problem wird. Das hat auch Google irgendwann erkannt und dem Betriebssystem Anfang 2018 einen großen Neustart spendiert – zumindest war es als solcher angekündigt. Die Plattform heißt nun „Wear OS by Google“ und es gab einige neue Funktionen, die beim großen Android höchstens zu einer neuen Zwischenversion gereicht hätten. Und die Google-Hardware ließ weiter auf sich warten.
Schon bald dürfte der zweite Neustart anstehen, den man nun deutlich ernsthafter in Angriff nimmt als in den Jahren zuvor. Allerdings könnte man dafür ein großes Opfer bringen, das bisher zwar nicht als solches benannt wurde, aber der Entwicklung vielleicht auch im Weg steht: Wear OS.
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Google bastelt sich gerade einen Wearable-Neustart zusammen, der nicht nur aus Smartwatches bestehen wird, sondern auch aus Fitnesstracker, smarten Brillen, smarten Ringen und vermutlich wird auch das über mehrere Jahre in Kooperation mit Levi’s entwickelte Project Jacquard eine Rolle spielen. Erst dann wird man der gesamten Abteilung „Wearables“ wirklich gerecht, die in der Vergangenheit in puncto global verfügbare Produkte stets nur auf Smartwatches bezogen war.
Problematisch für Google ist es dabei, dass das Betriebssystem Wear OS eine solch untergeordnete Rolle im globalen Markt spielt und weder von den Herstellern noch von den Kunden angenommen worden ist. Dazu kommt, dass das gesamte Betriebssystem natürlich auf den Einsatz auf dem Smartwatch-Display optimiert ist und in der Form nicht auf Brillen verwendet werden kann und wohl kaum zum Antrieb von Gadgets ohne Displays wie etwa den Ringen, smarten Jacken und Schuhen oder auch Kopfhörern konzipiert ist.
Wear OS 3.0
Es läuft also auf einen dritten Anlauf von Wear OS hinaus, bei dem mit Sicherheit auch alte Zöpfe abgeschnitten werden müssen. Man muss sich vom Grundkonzept verabschieden, dass die Smartwatch nur ein verlängertes Smartphone-Display ist und diese als vollkommen eigenständiges Gerät betrachten – das dennoch ein eigenes Ökosystem mit den restlichen Geräten des Nutzers bilden muss. Die Brille muss wissen, was die Uhr macht, der Ring muss die Kopfhörer steuern und die Jacken und Schuhe sollten ebenfalls mit allen Geräten kommunizieren könnten. Es muss ein eigenes Internet-of-Things mit Filterblase auf den Nutzer her.
Fraglich, ob Google dafür Wear OS extrem anpassen oder stattdessen auf die eingekauften Lösungen setzen wird. Fitbit hat zwar Probleme, aber dennoch ein etabliertes und gut funktionierendes Betriebssystem. North hat ebenfalls viele Jahre an der Symbiose aus Brille und Betriebssystem gearbeitet. Google hingegen hat sich stets nur als Software-Lieferant für die Smartwatch-Hersteller gesehen, was dazu geführt hat, dass nur Technik-ferne Unternehmen wie Fossil & Co. – die nicht das nötige Know-How für Software haben – heute auf Wear OS setzen
Bei der Fitbit-Übernahme im Herbst 2019 hatte man noch von einer Wear OS-Evolution gesprochen, aber davon ist mittlerweile schon längst nichts mehr zu hören und bei der North-Übernahme wurde Wear OS nicht einmal mehr erwähnt. Da hilft es auch nichts, dass Google auf Nachfrage betont, dass man weiter in Wear OS investieren möchte und zum Beweis ein Pixelschubsen-Update vorlegt.
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Was ist Googles Problem mit Wear OS?
Google hat das Wear OS-Problem schon Anfang 2018 erkannt und dem Betriebssystem den bereits angesprochenen Neustart verpasst, inklusive vollmundiger Worte über eine große Zukunft. Zweieinhalb Jahre später wissen wir, dass daraus nicht viel geworden ist. Große Updates kann man mit der Lupe suchen, die Pixel Watch oder Google Watch existiert bis heute nur auf dem Papier und neue Partner sind ebenfalls nicht in Sicht. Mit der Apple Watch und dem dazugehörigen Betriebssystem hätte man eigentlich ein sehr gutes Vorbild. Natürlich muss man Apple nicht kopieren, aber Googles Strategen könnten sich einmal inspirieren lassen, wie man es richtig macht.
Warum man Wear OS nach wie vor nicht wirklich weiter entwickelt hat, zumindest haben wir davon nichts bemerkt, lässt sich schwer sagen. Es lässt auch tief blicken, dass sich Google für mehrere Milliarden Dollar bei Fitbit und North einkaufen muss, um einen Fuß in den Märkten zu haben, die man selbst schon seit vielen Jahren bearbeitet. Was kann Fitbit, was Google nicht kann? Was kann North, was Google Glass nicht kann? Auf diese Fragen gibt es zwar Antworten, aber warum müssen sie überhaupt gestellt werden? So innovativ das Unternehmen häufig ist, so tief und fest schläft man manchmal in anderen Bereichen. Und da gehören Wearables eindeutig dazu.
Wie es mit Wear OS weitergehen wird, steht in den Sternen. Es ist kaum denkbar, dass Google mit Wear OS und Fitbit OS dauerhaft zwei Betriebssystem betreiben wird. Das bedeutet aber auch, dass entweder Fitbit OS geöffnet werden oder umgekehrt Wear OS auch für Fitnesstracker bereit gemacht werden muss – denn vor allem für diesen Bereich hat man das Unternehmen übernommen. Das Gleiche gilt für die North-Brillen. Wir dürfen sehr gespannt sein, ob und wie die Geschichte von Wear OS weitergeht, denn auch das Bekenntnis zum Betriebssystem ist mehr als halbherzig und nicht mehr als die Antwort auf eine vom Nutzer gestellte Frage. Was hätte man auch sonst sagen sollen…?
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