Google ist mit Android Auto in vielen Millionen Fahrzeugen fast aller größeren Hersteller vertreten – Tendenz nach wie vor steigend. Aber Android Auto ist nur eine Übergangslösung, die langfristig von Android Automotive abgelöst werden soll, das schon heute als großer Bruder der bekannten Plattform bezeichnet werden kann. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Android Auto und Android Automotive – und warum wehren sich einige Hersteller gegen die neue Plattform?
Die Automobilbranche ist im Umbruch – und das in jeglicher Hinsicht. Innovationen und neue Technologien gab es in jeder Generation, aber in den nächsten Jahren wird sich so viel ändern, dass es auch für die großen der Branche um das Überleben geht. Zuerst das politisch stark aufgeladene Thema Elektromobilität, bei dem die Hersteller langsam in die Gänge kommen. Das Zweite Thema ist das autonome Fahren, das in gar nicht allzu ferner Zukunft sehr schnell eine große Bedeutung erreichen könnte. Und das Dritte ist die zunehmende Digitalisierung des Fahrzeugs.
Das Infotainment-System spielt in modernen Fahrzeugen eine wichtige Rolle und wird nicht nur zur Steuerung der Musik und Navigation verwendet, sondern kann auch viele weitere Funktionen erhalten, die früher eher mit physischen Buttons umgesetzt wurden. Viele Hersteller haben in Kooperation mit den spezialisierten Herstellern eigene Oberflächen und Betriebssystem entwickelt, ohne die sich zum Teil nicht einmal mehr die Klimaanlage einschalten lässt. Kein Wunder, dass die Hersteller so etwas nicht aus der Hand geben wollen oder können.
Google hat diesen Infotainment-Displays mit Android Auto eine ganz eigene Oberfläche verpasst, die zwar einen angenehm großen Funktionsumfang bietet, aber längst nicht so weit in die Tiefe gehen kann wie die vorinstallierten Plattformen der Hersteller. An dieser Stelle kommt dann auch schon der potenzielle Nachfolger bzw. der große Bruder Android Automotive ins Spiel, der die Plattformen der Hersteller vollständig ersetzen und diese überflüssig machen soll.
Und während die Hersteller Android Auto in sehr großem Umfang unterstützen, sieht es bei Android Automotive völlig anders aus. Insbesondere Volkswagen hat sich in den letzten Monaten dadurch hervorgetan, mehrmals zu betonen, nicht mit Google kooperieren zu wollen und stattdessen ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln. Das wiederum hat vorerst aber keine Auswirkungen auf Android Auto.
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Das ist Android Auto
Android Auto ist aus Sicht der Autohersteller keine echte Plattform und streng genommen auch nicht im Fahrzeug vorinstalliert. Android Auto ist lediglich eine vom Smartphone auf das Display im Auto gespiegelte Oberfläche, die ohne das Smartphone nicht nutzbar ist. Dazu wird zwar die eine oder andere Schnittstelle in der vorhandenen Infotainment-Umgebung zur Verfügung gestellt, aber das war auch schon alles. Man könnte es als externes Smartphone-Display bezeichnen, denn sehr viel weiter geht der Funktionsumfang nicht.
Aus diesem Grund ist Android Auto lediglich eine App, die innerhalb des vorinstallierten Betriebssystems ausgeführt wird und vollständig vom Smartphone gesteuert ist. Das funktioniert in den allermeisten Fällen problemlos, ist aber eher eine aus der Not heraus geborene Lösung, die den damals bommenden Smartphone-Markt sehr schnell in das Auto bringen sollte. Aufgrund dieser Struktur ist der Funktionsumfang von Android Auto stark eingeschränkt und kann unter diesen Bedingungen auch nicht erweitert werden.
Das ist Android Automotive
Android Automotive ist ein vollwertiges Betriebssystem für die Infotainment-Komponente im Auto, die einige starke Wurzeln in die restliche Infrastruktur des Autos hat. Das Betriebssystem ist nicht unbedingt auf das Smartphone angewiesen und wird direkt auf dem im Fahrzeug integrierten Tablet ausgeführt. Der Funktionsumfang ist dem von Android Auto grundsätzlich sehr ähnlich, kann aber je nach zur Verfügung stehenden Schnittstellen und Daten stark erweitert werden – und das ist genau der Punkt, an dem es Streitigkeiten gibt.
In der Vergangenheit haben bereits mehrere Hersteller verraten, dass sich Google nicht mit Datenresten zufriedengibt, sondern zur Lizenzierung von Android Automotive auf ALLE Daten und Steuerungsmöglichkeiten zugreifen möchte. „Alle“ bezieht sich dabei natürlich nur auf den Bereich, der mit der Fahrsicherheit und der grundlegenden Fahrzeugsteuerung nichts zu tun hat. Ansonsten möchte Google für Android Automotive aber jeden Sensor abfragen, alle Datenströme mitschneiden und viele Funktionen steuern können. Das geht von der Klimaanlage über den Fensterheber bis zur inneren Fahrzeugbeleuchtung. Und das geben die Hersteller nicht so leicht aus der Hand.
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Android Auto vs. Android Automotive
Jetzt kennen wir den Unterschied zwischen den beiden Plattformen – aber warum unterstützen die Hersteller das eine und sträuben sich gegen das andere? Ganz einfach: Aktuell haben sie keine andere Wahl, denn die Kunden möchten die gewohnten Smartphone-Features auch im Fahrzeug verwenden. Auch bei Android Automotive gibt Google Gas und dürfte die Hersteller überrumpelt haben, aber wenn sie einmal einen Schritt in Richtung Google getan haben, gibt es so schnell kein Zurück mehr.
Android Automotive ersetzt das zuvor verwendete Betriebssystem, das die Hersteller dementsprechend fallen lassen müssten. Es ist zwar nichts über die Verträge bekannt, aber Google dürfte wohl eine Konkurrenz-Klausel einfordern, so wie es sie auch bei den Android-Smartphones gibt. Entweder alle Modelle mit Android oder gar keines. Das schafft eine neue Abhängigkeit und ist gerade im Hinblick auf die steigende Bedeutung des Infotainment-Bereichs und auch der Fahrzeugdaten nichts, was man leichtfertig an einen externen Partner abgibt.
Google hat den eigenen starken Namen, das starke Android und die zahlreichen starken Apps von Google Maps bis Google Assistant in der Hinterhand, die man natürlich nur gebündelt anbieten wird. Schlussendlich bauen aber die Hersteller die Fahrzeuge und bestimmen, welche Plattform Verwendung findet. Und heute sind wir noch nicht so weit, dass sich die Masse der Kunden das Traumauto nach Infotainment-Plattform aussucht.