Google wird dem Smart TV-Betriebssystem Android TV einen großen Neustart verpassen und im Rahmen dessen eine neue Oberfläche, neue Hardware und vielleicht auch einen neuen Namen spendieren. In den letzten Tagen gab es bereits zahlreiche Leaks zum Neustart, die eines sehr deutlich gemacht haben: Dem Smart TV soll in Zukunft im Smart Home eine deutlich wichtigere Rolle als bisher zukommen.
Schon seit vielen Jahren hat Google die beiden Plattformen Android TV und Chromecast im Portfolio, die bisher recht streng voneinander getrennt gewesen sind und bis auf die Cast-Funktionalität des Betriebssystems keine Gemeinsamkeit hatten. In naher Zukunft sollten beide Plattformen zusammengeführt werden, wobei das Schicksal des Chromecast schwer zu prognostizieren ist. Die Synergien zwischen den beiden Produkten wäre nämlich sehr groß.
Android TV wurde von Google lange Zeit sehr stiefmütterlich behandelt und nur im nötigsten Rahmen weiterentwickelt, dennoch erfreut es sich recht großer Beliebtheit und sollte um die 50 Millionen Nutzer haben – und das ohne eine Google-eigene Hardware. Nun steht der neue Android TV-Dongle vor der Tür, der sich sehr stark am Chromecast orientiert und sowohl in der Anwendung als auch Formgebung stark an das populäre Produkt erinnert. Kombiniert mit der Android TV-Stärke einer Fernbedienung.
Der neue Formfaktor senkt die Einstiegshürde und dürfte ein Produkt im Preisrahmen von etwa 80 Euro ermöglichen. Nicht ganz so günstig wie der Chromecast, aber dennoch eine sehr konkurrenzfähige Preisklasse, die der Verbreitung des Betriebssystems helfen dürfte. Derzeit ist das neue Produkt unter dem Codenamen Sabrina bekannt, bei dem es sich aber entgegen der sehr Marketing-ähnlichen Abbildungen nicht um den Produktnamen handelt. Ausgeschlossen werden kann das aber nicht zu 100 Prozent.
Viel wahrscheinlicher ist es, dass beim Neustart auf den mehr oder weniger etablierten Namen Google TV zurückgegriffen wird. Dieser ist zwar insbesondere in den USA aufgrund des gefloppten Android TV-Vorgängers negativ behaftet, würde aber sehr gut in das aktuelle Hardware-Ökosystem passen. Auch Nest TV wäre nicht undenkbar, auch wenn das vielleicht gefühlt ein zu großer Sprung von Android TV wäre.
Google Assistant: Hey Google – heißt der Assistent bald SABRINA? Die schwere Suche nach einem neuen Namen
Viele Informationen rund um die Hardware und weitere Bilder findet ihr in diesem Artikel. Das vollständige Video mit den geleakten Aufnahmen und allen Informationen rund um das Betriebssystem sowie der Gestaltung der Oberfläche findet ihr in diesem Artikel. Wir wollen uns aber viel mehr mit dem Betriebssystem, der Oberfläche und den neuen Möglichkeiten befassen, die den Fokus der Plattform stark vom Fernsehen zum Smart Home verschieben.
Android TV goes Google TV goes Smart Home
In 98 Prozent aller Haushalte befindet sich ein Fernseher und mit ziemlicher Sicherheit verfügt jedes Smart Home auch über einen smarten Fernseher – warum sollte man ihn also nur zur Darstellung von Filmen und Serien verwenden, wenn sogar das Smart Display oder Smartphone mit kleinerem Display mehr Möglichkeiten bieten? Während bei vielen Menschen der Fernseher nur zur Benutzung eingeschaltet wird, dürfte das künftige Konzept vorsehen, dass das große Display dauerhaft oder zumindest deutlich länger aktiviert ist.
Auf den Screenshots und im Video war zu sehen, dass der Google Assistant nicht mehr nur eine kleine Leiste am oberen Rand erhält, sondern das gesamte Display belegen und mit vielen Informationen füllen kann. Das ist dann mehr Smart Display als Smart TV. Aber auch die smarten Nest-Geräte werden tief eingebunden und ermöglichen somit den schnellen Blick auf die Überwachungskameras oder die Türklingel. Im Beispiel ist zu sehen, dass ein Klingeln an der Tür direkt das Bild der Klingelkamera (wenn vorhanden) auf den Fernseher legt.
Beides sind keine Revolutionen, waren bisher aber eher auf anderen Geräten zu finden und spielten auf dem Fernseher nur eine Nebenrolle. Dennoch kommt dem Smart TV aber natürlich weiterhin die Rolle der Entertainment-Zentrale zu, die die Medien statt Apps in den Mittelpunkt rückt und mit sehr großflächigen Elementen und einer modernen Oberfläche arbeitet. Dem Fernseher kommt also eine Doppelrolle zu, die das Gerät in die nächste Generation bringt und aus dem seit einem Jahrhundert bestehenden Fernseher-Korsett befreit. Es ist ein Display mit maximaler Größe, nicht mehr und nicht weniger. Der klassische Fernsehempfang spielt ohnehin immer weniger eine Rolle, auch wenn es natürlich noch unverzichtbar ist.
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Aber Google platziert nicht nur die eigenen Smart Home-Produkte auf dem Gerät, sondern auch YouTube wird eine größere Bedeutung bekommen. Auf Screenshots war bereits zu sehen, dass das Angebot YouTube TV tief integriert ist und sowohl Live-TV als auch Medien zum Abruf anbietet. Derzeit gibt es YouTube TV nur in den USA, aber es ist gut möglich, dass dieses Angebot in Zukunft internationalisiert wird und somit eines Tages auch in Deutschland abrufbar sein wird.
Alle nun bekannt gewordenen Informationen stammen übrigens aus einem im Herbst 2019 geleakten Promo-Video für Android TV-Partner, sodass man fast davon ausgehen kann, dass noch weitere Funktionen bis zum Release dazukommen werden. Natürlich kann sich auch noch einiges ändern und vielleicht doch weniger vorteilhaft als erwartet umgesetzt werden, aber in diese grobe Richtung dürfte Google schon gehen wollen.
Und im Gesamtbild betrachtet wird dann auch klar, warum das Betriebssystem einen neuen Namen braucht und eigentlich mit dem klassischen Android TV nicht mehr viel zu tun hat. Unklar bleibt weiterhin das Chromecast-Schicksal, der mit dem neuen Produkt verschmolzen werden dürfte. Allerdings ist der Chromecast auch über seine extreme Simplizität und den Preis populär geworden, was mit dem Android TV Dongle in der Form nicht zu halten ist. Kommt ein Google TV light? Wir dürfen gespannt sein.