Apple hat vor wenigen Tagen im Rahmen der Entwicklerkonferenz WWDC das neue iPhone-Betriebssystem iOS 14 vorgestellt, das zahlreiche Neuerungen im Gepäck hat, die in diesem Jahr zu einem großen Teil von Googles Android inspiriert wurden – man kann es nicht anders sagen. Umgekehrt hat sich aber hoffentlich auch Google das Apple-Event sehr genau angesehen, denn einige nette iOS-Features dürfen gerne den Weg zu Android finden.
Android und iOS bzw. Google und Apple liefern sich seit über zehn Jahren einen Wettlauf um das mächtigste Smartphone-Betriebssystem, das die meisten Funktionen am schönsten und komfortabelsten verpackt. Das Pendel hat in den vergangenen Jahren immer wieder in verschiedene Richtungen geschlagen, denn beide Unternehmen haben völlig andere Herangehensweisen, die sich kaum objektiv miteinander vergleichen lassen: Google experimentiert sehr gerne und Apple liefert Funktionen erst dann, wenn sie vollständig durchdacht und sinnvoll sind. Ich denke, so kann man das ganz grob zusammenfassen.
Apple hat für iOS 14 sehr viele Neuerungen vorgestellt, bei denen man sich stark an Googles Android orientiert hat, denn die größten Sprünge sind für Android-Nutzer ein alter Hut. Umgekehrt hat Apple aber auch neue Funktionen eingeführt, die Androids Umsetzung überlegen oder in Googles Betriebssystem gar nicht zu finden sind. Im Folgenden findet ihr eine kurze subjektive Auflistung der Apple-Neuerungen, die Google gerne als Inspiration für Android nehmen darf.
Bild-in-Bild aus dem Display schieben
Apple hat sich das Bild-in-Bild Feature von Android abgeschaut und es verbessert. Das Video lässt sich nicht nur frei über dem Display verschieben und in der Größe ändern, sondern kann vollständig aus dem Display herausgeschoben werden, falls es im Weg ist. Der Ton spielt normal weiter und am Displayrand erinnert nur ein kleiner Pfeil daran, dass sich außerhalb des Displays ein laufendes Video befindet.
Es ist nur ein kleines Detail, das im Alltag aber mit Sicherheit viele Nerven sparen kann und das Feature somit sinnvoller macht, als es bei der bisherigen Umsetzung der Fall war.
Moderne Widgets
Apple hat sich viele Jahre gegen die Widgets gesträubt, sie nun aber doch eingeführt und sogar auf den Homescreen gebracht. Das kann Android seit zehn Jahren – was in diesem Fall nichts unbedingt positiv ist, denn man sieht den Widgets das Alter an. Apple wird den Widgets zum Comeback verhelfen und hoffentlich dafür sorgen, dass sie auch unter Android nicht nur in der Mittagspause vom Entwickler entworfen werden, sondern sich einmal ein Designer damit beschäftigt.
Neu ist unter anderem der Widget-Stapel, der mehrere Widgets an einem Punkt platzieren kann, die per Swipe oder intelligent anhand des aktuellen Kontext gewechselt werden können. Zu Hause seht ihr ein anderes Widget als am Arbeitsplatz, Morgens ein anderes als Abends und am Flughafen ein anderes als am Busbahnhof.
Das Smartphone als Autoschlüssel
Das iPhone kann in Zukunft auch als Autoschlüssel verwendet werden. Der digitale Autoschlüssel wird direkt im Apple Wallet gespeichert und soll das Fahrzeug durch Annäherung des Smartphones an die Autotür öffnen. Wie das genau funktioniert, welche technischen Voraussetzungen gegeben sein müssen und welche Hersteller mitmachen, wurde leider noch nicht verraten. Und wenn der Akku leer ist, muss man nicht zu Fuß gehen: Auch mit leerem Akku soll sich das Fahrzeug noch mindestens fünf Stunden lang öffnen lassen. Google bietet unterdessen ab Android 11 die Möglichkeit, Ausweise und Führerscheine auf dem Smartphone zu speichern.
Datenschutz-Zusammenfassung
Google hat die Daumenschrauben in den letzten Jahren stark angezogen und App-Entwicklern sehr viele Berechtigungen entzogen und Hürden in den Weg gestellt – was für das Ökosystem schlussendlich eine gute Entscheidung ist. Bei Apple ist das nicht anders, allerdings geht man im App Store nun transparenter damit um, wie die App-Entwickler die gesammelten Daten und Informationen verwenden möchte. In obigem Screenshot seht ihr, wie das in Zukunft aussehen wird.
Google hätte diese Daten ebenfalls und erfordert von App-Entwicklern die Verlinkung einer Datenschutzrichtlinie für die Apps, die aber ohnehin niemals ein Nutzer anklickt und erst recht nicht liest. Apples Umsetzung ist deutlich zielführender.
Google führt neue Privatsphäre-Funktionen ein: Daten werden automatisch gelöscht & Inkognito leichter erreichbar
Hinweis auf aktive Kamera oder Mikrofon
Es ist eine der Ängste unserer Zeit: In vielen Geräten befinden sich Mikrofone und Kameras, die ständig auf unser Gesicht gerichtet sind – und wer hat sich nicht schon einmal gefragt, ob vielleicht gerade irgendjemand zuhört oder gar zusieht? Abgeklebte Frontkameras auf dem Smartphone oder am Laptop sind keine Seltenheit – das weiß auch Apple. Aus diesem Grund führt man nun einen deutlich sichtbaren Indikator am oberen Displayrand ein, der darauf hinweist, wenn eine App auf Kamera oder Mikrofon zugreift.
Google hat den Zugriff auf Kamera und Mikrofon für im Hintergrund laufende Apps bereits sehr stark eingeschränkt, aber dennoch gibt es Mittel und Wege, dies zu umgehen – etwa durch eine transparente App-Oberfläche oder die Einblendung einer dauerhaften Benachrichtigung, die der App automatisch Vordergrund-Berechtigungen erteilt. Ein solcher Indikator in Android wäre also Gold wert und würde viele Beschränkungen, die es auch App-Entwickler nicht leicht machen, überflüssig machen.
Fraglich natürlich, ob sich das nicht aushebeln lässt, denn so lange es Software-seitig umgesetzt ist und nicht untrennbar und unüberbrückbar in Hardware-Form mit Kamera und Mikrofon verbunden ist, kann man dem nur halb vertrauen.