Den Progressive Web Apps gehört die Zukunft, allerdings ist ihnen der große Durchbruch bisher noch verwehrt geblieben – aber das könnte sich sehr schnell ändern. Google gehört seit langer Zeit zu den treibenden Kräften hinter der neuen App-Form und hat vor wenigen Tagen einen interessanten Vorstoß gemacht, der die Richtung vorgibt. Es zeichnet sich ab, dass sich auch der Google Play Store stark wandeln muss und wird.
Die App-Entwicklung hat im letzten Jahrzehnt eine erstaunliche Entwicklung genommen. Auf dem Desktop mussten plötzlich alle Anwendungen in den Browser wandern, sodass viele Nutzer kaum noch eine andere Apps als den Browser benötigen. Auf dem Smartphone hingegen konnte und kann man sich vor nativen Apps kaum retten und Web-Apps sind eher die Seltenheit – wenn auch zahlreich vorhanden. Google treibt nun mit den Progressive Web Apps die Vereinheitlichung voran und dürfte in diesem Jahr große Schritte machen.
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Google hat damit begonnen, die ersten Android-Apps gegen Progressive Web Apps zu tauschen, ohne dass die Nutzer darüber informiert werden oder etwas dagegen unternehmen können. Dieser erste Schritt wurde für die vermeintlich unwichtigste Android-Plattform – Chrome OS – durchgeführt und dürfte als Testlauf angesehen werden. Sollte es bei den wenigen Apps und bei Chrome OS keine Probleme geben oder Beschwerden der Nutzer geben, kann das natürlich sehr schnell auf den Play Store auf dem Smartphone ausgeweitet werden.
Die Progressive Web Apps sollen langfristig auf allen Betriebssystemen die nativen Apps ersetzen und auch im Browser selbst für einen größeren Komfort und Funktionsumfang sorgen. All diese Ziele sind grundlegend längst erreicht, aber die tatsächliche Nutzung der Progressive Web Apps in der Masse der Nutzer dürfte wohl noch gegen Null tendieren – abgesehen von der Nutzung der Webseiten im Browser selbst. Aber das kann sich sehr schnell ändern.
Viele Web-Apps stehen heute den nativen Apps in nichts mehr nach, manchmal sogar ganz im Gegenteil, und auch Google hat erst kürzlich YouTube stark ausgebaut und auf die Touch-Nutzung optimiert. Es zeichnet sich ab, dass 2020 das große Jahr der Progressive Web Apps werden könnte.
Google hat die Progressive Web Apps nicht erfunden, gilt aber als eine der treibenden Kräfte hinter der Technologie und betreibt die entsprechenden Plattformen, auf denen die PWAs eine große Rolle spielen werden. Die PWAs wurden in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und können längst Offline genutzt werden, haben weitreichende Möglichkeiten über den Browser hinaus, verhalten sich wie installierte Apps und sind in der Praxis eigentlich nicht mehr von ihren klassischen Kollegen zu unterscheiden.
Weil man vielen Nutzern die Verwendung von Progressive Web Apps aber wohl kaum mit starken Argumenten schmackhaft machen kann, bringt Google diese nun durch die Hintertür auf die Chromebooks und bald sicherlich auch die Smartphones der Nutzer. Im ersten Schritt zeigt sich das darin, dass die installierten nativen Apps durch die PWAs ersetzt werden – ohne dass der Endnutzer das bemerkt. Schlussendlich ist es dem Endnutzer natürlich auch egal, wenn der Funktionsumfang derselbe bleibt und nicht angerührt wird. Kein Nutzer interessiert sich für die darunter liegende Infrastruktur oder Programmierung. Es muss einfach nur funktionieren. Und das tut es.
Der Play Store muss sich stark wandeln
Mit der starken Förderung der Progressive Web Apps torpediert Google allerdings ein sehr wichtiges Produkt im eigenen Portfolio: Den Play Store. Der Play Store und die damit verbundenen Play Google Play Services sind die Hauptargumente für die Android-Smartphones mit Googles zertifizierter Android-Version. Verliert dieser an Bedeutung, was er durch die PWAs unweigerlich tut, fällt auch ein gewichtiges Argument für das Google-Ökosystem weg. Die Nutzer bleiben zwar im Chrome-Browser, einem weiteren Google-Produkt, der aber eine völlig andere Rolle spielt und außerdem nicht auf direktem Wege monetarisiert ist.
Dass die Progressive Web Apps nun über den Play Store installiert werden ist also kein Zufall. Die Installation ist seit langer Zeit direkt über den Chrome-Browser möglich, was man im Kontext mit dem Play Store vielleicht als Sideloading bezeichnen könnte, selbst wenn es sich um Browser-App handelt. Der Play Store wird also aus technischer Sicht nicht unbedingt benötigt, nimmt aber eine andere Rolle ein, die bisher kein anderer Anbieter übernommen hat. Ein Verzeichnis über alle zur Verfügung stehenden Progressive Web Apps.
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Der Play Store wandelt sich vom App-Verteiler zum App-Verzeichnis, was sich für den Nutzer aber gar nicht bemerkbar macht. Google wird mit Sicherheit Mittel und Wege finden, den Play Store weiterhin als zentrale App-Anlaufstelle zu platzieren und sowohl Nutzern als auch Entwicklern Vorteile bei der Nutzung des App Stores gegenüber Konkurrenz-Plattformen einzuräumen. Ansonsten wäre eigentlich der Chrome Web Store die sinnvollere Anlaufstelle, der aber längst keine so große Bedeutung hat.
Googles zweites Betriebssystem Chrome OS kann wie kein Zweites durch die Progressive Web Apps profitieren, denn dort hat man sich gerade erst von Chrome Apps verabschiedet, die den PWAs im Wege gestanden hätten. Mit dem schnellen Wandel zu den PWAs wird die App-Auswahl für das Google-Betriebssystem plötzlich größer als das von Windows, Mac oder Linux – das bis heute wichtigste Argument gegen das browserbasierte Betriebssystem.
Eine spannende Entwicklung, die sicherlich bei der abgesagten Google I/O eine große Rolle gespielt hätte, bei der es immer um die Zukunft der Apps gegangen ist. Die zeitliche dieses Wandels mit der Google I/O ist wohl kein Zufall. Mit Android, dem Play Store und Chrome OS hat Google mächtige Werkzeuge an der Hand, die den Progressive Web Apps ganz von selbst einen Raketenstart ermöglichen können. Wir dürfen sehr gespannt sein, wie sich das weiter entwickelt.