Um Googles Betriebssystem Fuchsia ist es in den vergangenen Monaten sehr ruhig geworden und erst kürzlich gab es sogar erste Gerüchte und Hinweise auf ein neues Betriebssystem namens Pigweed. In diesen Tagen hat Fuchsia allerdings einen großen Schritt gemacht, denn das Betriebssystem befindet sich nun in der Dogfood-Phase und damit beim letzten Schritt vor der ersten öffentlichen Version.
Vor längerer Zeit gab es nahezu wöchentlich neue Informationen rund um Fuchsia, denn das Betriebssystem wurde aktiv und zum Teil unter den Augen der Öffentlichkeit weiter entwickelt. Anfang 2019 hat sich das allerdings geändert, denn große Teile wurden plötzlich zurückgezogen und es wurde sehr ruhig um das Betriebssystem – und die Absage des Android-Chefs auf der Google I/O 2019 hat dann endgültig den Deckel zugemacht. Jetzt wissen wir endlich warum.
Google-Produkte oder größere Updates durchlaufen sehr viele Phasen, bevor sie beim Endnutzer ankommen. Das gilt insbesondere für große Projekte wie etwa Betriebssysteme oder Plattformen. Wir sehen das gerade wieder an der langen Android 11 Beta-Phase sowie ständig bei den zahlreichen Update-Kanälen des Chrome-Projekts (Stable, Beta, Dev, Canary). Und das sind alles nur die Versionen, die man der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.
Google-intern gibt es weitere Stufen, die ein Projekt noch zuvor durchlaufen muss. Die bekannteste Phase ist die Dogfood-Phase, was sich von „eat your own dogfood“ ableitet – also im übertragenen Sinne „probiere dein eigenes Produkt“. Davor hat sich in den letzten Jahren dann noch die Teamfood- sowie Fishfood-Phase etabliert, die jeweils erst nacheinander kommen und unterschiedliche Stufen der Produktentwicklung markieren. Auch intern gibt es in sehr frühen Phasen noch Geheimniskrämereien.
So, nun haben wir uns mit Googles Produktphasen beschäftigt und kommen zurück zum eigentlichen Thema: Fuchsia. Das neue Betriebssystem hat in den vergangenen Jahren schon die ersten Phasen durchlaufen und hat damit unter Ausschluss der Öffentlichkeit einige große Schritte gemacht.
Fuchsia ist in der Dogfood-Phase
Jetzt gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass Fuchsia in der Dogfood-Phase ist, also dem letzten Schritt vor der Veröffentlichung einer ersten Developer Preview. Das ist nicht nur ein interessanter Hinweis auf den Status des Projekts, sondern auch ein sehr eindeutiges Lebenszeichen sowie eine Erklärung dafür, warum es in den vergangenen Monaten so ruhig geworden ist. Das Projekt war einfach in einer internen Testphase, in der es noch eine strenge Geheimhaltung innerhalb des Fuchsia-Teams gibt.
Die Dogfood-Phase bedeutet nun, dass das Projekt Google-intern freigegeben wurde und von sehr viel mehr Mitarbeitern verwendet werden kann. Ob nun alle Google-Mitarbeiter darauf Zugriff haben oder nur die, die an angebundenen Projekten arbeiten, lässt sich daraus nicht ableiten. Durch den sehr viel größeren Kreis an Testern dürfte es dann wohl auch wieder mehr Informationen und möglicherweise Leaks geben – die ja immer ganz versehentlich ihren Weg an die Öffentlichkeit finden.
Googles interner Zeitplan
Fuchsia soll von April 2019 bis August 2019 in der Fishfood-Phase gewesen sein, was schon einmal erklären würde, warum es genau zu diesem Zeitpunkt ruhig wurde und der Android-Chef erstmals offiziell über Fuchsia sprechen konnte. Zwar war es damals ein Abgesang, aber möglicherweise hat auch Android-Chef Lockheimer damals erstmals das Fuchsia-Projekt selbst gesehen. Seit August 2019 bis Februar 2020 war Fuchsia dann in der Teamfood-Phase – bei der der Kreis der Tester schon größer wurde.
Nun also die Dogfood-Phase. Schauen wir uns den Zeitraum der jeweiligen Vorabversionen an, kommen wir auf gut vier Monate Fishfood, sechs Monate Teamfood und nun vermutlich weitere vier bis sechs Monate Dogfood. Das bedeutet, dass wir auch in diesem Jahr auf der Google I/O 2020 – sofern sie denn stattfindet – keine Informationen über Fuchsia erhalten werden. Das ist aber vielleicht gar nicht so überraschend, denn für ein solch riesiges Projekt veranstaltet Google gerne eigene Events für die volle Aufmerksamkeit.
Die erste Fuchsia Developer Preview könnte also zwischen Herbst und Sommer starten. Vielleicht ein sehr guter Zeitpunkt, denn irgendwann in diesem Dreh wird auch die finale Version von Android 11 und später die zahlreichen neuen Hardware-Generationen präsentiert. Aber auf welchem Gerät soll Fuchsia überhaupt Verwendung finden? Potenziell auf allen.
Auf welche Geräte kommt Fuchsia?
Fuchsia wurde in den vergangenen Jahren auf zahlreichen Geräten bzw. Codenamen von Geräten gesichtet, die längst auf dem Markt sind oder zumindest als interne Testgeräte sehr bekannt waren. So wurde Fuchsia lange Zeit auf dem Google Nest Hub Smart Display getestet, wurde schon auf dem Chromebook Pixelbook eingesetzt, hat diverse Pixel 3-Smartphones angetrieben und wurde sogar mit Produkten wie Routern in Verbindung gebracht. Sprich: Fuchsia könnte auf allen Geräten eingesetzt werden.
Genau diese Flexibilität macht Fuchsia so unberechenbar, denn Google hat ja bekanntlich weitere Betriebssysteme wie Android und Chrome OS etabliert sowie auf den Smart Displays oder auch dem Chromecast weitere Oberflächen im Einsatz. Gerade auf Smart Displays gibt es allerdings eine starke Flutter-Abhängigkeit, was wiederum für einen späteren Wechsel auf Fuchsia spricht. Auch heute erhärten sich Gerüchte, dass Fuchsia zu Beginn ein Smart Home-Betriebssystem wird – was wiederum sehr breit gefasst sein kann.
Wir dürfen sehr gespannt sein, denn in den nächsten Wochen und Monaten dürfte der Fuchsia-Zug wieder Fahrt aufnehmen. Entweder durch Leaks, durch weitere Informationen von verbundenen Produkten wie etwa der Hardware oder dem Google Assistant oder einfach durch die Weiterentwicklung, die nun langsam in Richtung erster offizieller Version geht. Eine Entwickler-Doku ist bekanntlich schon seit langer Zeit online.