Mit der Spieleplattform Stadia ist Google in einen Markt eingestiegen, dem man viele Jahre lang kaum Beachtung geschenkt hat. Wie erfolgreich dieser Einstieg ist, wird sich schon bald zeigen aber auch abseits von Stadia wird sich Google tief in der Spielebranche verwurzeln und in sehr vielen Bereichen die Finger im Spiel haben. Das unterstreicht dann auch die Ernsthaftigkeit von Stadia.
Google ist ein gigantischer Konzern mit weit über 100.000 Mitarbeitern und einem wöchentlichen Milliardenumsatz. Die Marke wird aber dennoch auch heute noch von vielen Nutzern als sympathisch und vielleicht auch verspielt wahrgenommen. Umso erstaunlicher ist es, dass Spiele bisher keine Rolle gespielt haben und bis auf wenige Ausnahmen in den Eastereggs oder auch Doodles ein großer Bogen um diesen riesigen Markt gemacht wurde.
Stadia: Viele Probe-Abos laufen in diesen Tagen aus – Spieler können die Plattform nun auch kostenlos nutzen
Man kann das Gefühl bekommen, dass viele Nutzer Stadia scheitern sehen wollen und die Verkündung der Einstellung der Spieleplattform gar nicht erwarten können. Das wird so schnell mit Sicherheit nicht passieren, auch wenn es aktuell eher schlecht aussieht und sich die Produktmanager ordentlich ins Zeug legen müssen, um die Spieleplattform zum Erfolg zu führen. Aber selbst wenn Stadia scheitern sollte, ist das längst nicht das Ende von Googles Bemühungen im Spielemarkt.
Tatsächlich ist Stadia nur die Spitze des Eisbergs, die bekanntlich nur 10 Prozent ausmacht, während die restlichen 90 Prozent nicht sichtbar sind. Google hat schon lange vor der ersten Ankündigung der Spieleplattform viele Weichen gestellt, deren Auswirkungen erst in den nächsten Jahren sichtbar werden und die dem Unternehmen eine sehr zentrale Rolle im Spielemarkt sichern sollen. Vieles davon geschieht unter der Haube und richtet sich an Spieleentwickler – aber die haben es schlussendlich auch in der Hand, Googles Plattformen zu unterstützen oder eben nicht.
Wenn Google erst einmal fest im Sattel sitzt und wichtige Plattformen kontrolliert, kann das natürlich auch wieder Auswirkungen auf Stadia haben, das dann rein zufällig sehr viel mehr Möglichkeiten als die Konkurrenzplattformen bringen wird. Das wissen auch die Strategen, sodass sie die aktuell schlechte Stimmung bei Stadia wohl eher zur Kenntnis nehmen als besorgt sind.
Hier nun eine kurze Auflistung mit Googles wichtigsten bekannten Aktivitäten im Spielebereich, über die wir in der Vergangenheit schon sehr ausführlich berichtet haben. Über den aktuellen Stand ist nur wenig bekannt, alle bekannten Details findet ihr jeweils verlinkt.
Stadia
Der Vollständigkeit Halber darf Stadia in dieser Auflistung natürlich nicht fehlen. Die Spieleplattform wurde am 19. November 2019 gestartet und hat in den letzten Tagen zwei wichtige Meilensteine genommen, über deren Erfolg bzw. die Auswirkungen bisher noch nichts bekannt ist. Seit Donnerstag lassen sich viele weitere Smartphones verwenden und am selben Tag dürften die Probe-Abos der meisten frühen Nutzer ausgelaufen sein, sodass diese nun vor der ersten Entscheidung standen, Stadia zu abonnieren oder kostenlos zu verwenden.
Alle Bemühungen drehen sich um Stadia und arbeiten auf den Erfolg der Plattform hin, die Starthilfe wirklich sehr gut gebrauchen kann. Google wird aller Voraussicht nach einen sehr langen Atem beweisen (müssen).
Stadia Games Studios
Google hat bereits ein erstes eigenes Game Studio veröffentlicht und erste Spieleentwickler übernommen – und damit wird es noch lange nicht vorbei sein. In Zukunft sollen zahlreiche weitere eigene Studios geschaffen und kleinere Entwickler übernommen werden – die dann natürlich exklusiv nur für Stadia entwickeln werden. Auch große Übernahmen sind ausgeschlossen, stehen aber laut einer Q&A-Runde vorerst nicht zur Debatte.
Es sollen keine erfolgreichen Spielereihen auf Stadia-exklusiv umgestellt, sondern völlig neue Marken und Spielideen geschaffen werden. Diese sollen vor allem die Stadia-Vorteile verwenden, die auf anderen Plattformen nicht existieren: Praktisch unbegrenzte Ressourcen, Google Assistant oder auch die YouTube-Anbindung. Da werden noch einige spannende Dinge kommen, die aber noch etwas Zeit (vielleicht Jahre) brauchen werden.
Neues Android Download-Feature
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Google mit Android 12 (!) ein völlig neues Dateisystem bringen wird, das vor allem Spielen zugute kommen soll. Dieses Dateisystem soll es ermöglichen, Dateien während der Nutzung zu vervollständigen, sodass Spiele wenige Sekunden nach dem Start des Downloads bereits gezockt werden können, während alle weiteren Ressourcen im Hintergrund geladen werden. Das steht zwar nicht im direkten Zusammenhang mit Googles weiteren Spiele-Plänen, zeigt aber, dass das Unternehmen in puncto Spiele in alle Richtungen denkt.
» Details zum neuen Android-Dateisystem
Unity in der Google Cloud
Unity ist die mit Abstand größte Spiele-Engine und ist nicht nur voll auf Stadia optimiert, sondern wurde im vergangenen Jahr sehr stark an das Google-Ökosystem angebunden. Spieleentwicklern wird es nun sehr leicht gemacht, ihre Daten und Spielstände auf den Google Cloud-Servern abzulegen. Die Entwickler profitieren dabei von einigen Vorteilen und können somit auch größere Anstürme sehr leicht abfangen, was beim Aufbau eigener Infrastrukturen nicht so leicht möglich ist und gerade zu Beginn für den Erfolg von Spielen geradezu tödlich sein kann.
Und weil Google das Cloud-Geschäft aktuell stark pusht, ist sowohl Stadia als auch Unity und somit die halbe Spielebranche ein sehr gewichtiges Argument.
» Mehr Informationen zu Unity in der Google Cloud
Google-Werbung in Unity-Spielen
Spieleentwickler möchten nicht nur sehr gute Titel entwickeln, sondern natürlich auch Geld verdienen. Auch das wird den auf Unity setzenden Entwicklern nun sehr viel leichter gemacht, denn es gibt eine native Anbindung an Googles Werbenetzwerk, das ganz neue Lösungen für die Integration von Werbung in Spielen ermöglicht. Das ist durch Googles AdMob zwar bisher auch schon möglich, durch die tiefere Integration in die Spiele-Engine aber doch deutlich leichter und vermutlich auch mit einer verbesserten Performance umzusetzen.
» Mehr Informationen zur Google-Werbung bei Unity
Google Maps als Spielewelt
Viele Spieleentwickler erschaffen immer aufwendigere Welten oder bauen zahlreiche echte Städte und Orte nach, in denen sich die Spieler dann bewegen können. Das könnten sie sich in Zukunft ersparen, denn die Google Maps-API ist nun auch für Spiele optimiert und bietet den Entwicklern völlig neue Möglichkeiten. Diese bringen sowohl die Satellitenbilder als auch die Streetview-Aufnahmen in die Spiele und ermöglichen somit echte Real-World-Games. Auch zahlreiche weitere Live-Details sollen abrufbar sein.
» Mehr Informationen zu Google Maps in Spielen
GameSnacks
Die Google-interne Tochter Area 120 hat vor wenigen Tagen die neue GameSnacks-Plattform gestartet, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Browserspiele zu optimieren und die Ladezeit deutlich zu verringern. Dabei konzentriert man sich vor allem auf mobile Spiele, die dann auch als Progressive Web Apps genutzt werden könnten. Das mag auf den ersten Blick gegen die Spieleplattform Stadia arbeiten, aber dabei darf man nicht vergessen, dass es hier eher um einen Technologie-Test geht und einige Spielekategorien vielleicht gar nicht zum Streaming geeignet sind.
Google Play Games
Google bringt nicht nur das neue Android-Dateisystem, sondern betreibt schon seit sehr vielen Jahren den Play Store-Ableger Google Play Games. In sehr bescheidenem Maße kann das als Vorläufer von Stadia angesehen werden, denn einige Features gibt es dort schon seit vielen Jahren: Natürlich der Zugriff auf Hunderttausende Spiele, der gemeinsame Login, globale Highscores, eine mehr oder wenige starke Synchronisierung und einiges mehr.
Google Play Games spielt heute keine große Rolle mehr, ist aber nach wie vor vorhanden. Es ist gut denkbar, dass es eines Tages mit Stadia kombiniert wird, das ja nun von immer mehr Smartphones unterstützt wird.
Ingress
Es war DAS erfolgreiche Spiel im Google-Universum, auch wenn es nur vom Tochterunternehmen Niantic stammt, das kurz nach dem Erfolg ausgegliedert wurde: Ingress. Den Riesenerfolg von Pokemon Go hat Google dann zwar nur noch als Cloud-Betreiber, aber es waren die ersten Schritte des Unternehmens in die Spielewelt. Damals dürfte man bemerkt haben, dass sich auch mit Spielen unglaubliche Datenmengen sammeln und die Nutzermassen begeistern lassen.
—
Das waren jetzt nur die wichtigsten Aktivitäten rund um die Spielewelt, die bestimmt nicht die Letzten sein werden. Vieles arbeitet(e) auf Stadia zu und es zeigt sich, dass man eine solche Plattform eher nicht einstellen wird, weil zu viele weitere Geschäfte an diesem Markt hängen.