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Google Wave: Der neue Messenger war schon da – die Kommunikationsplattform war ihrer Zeit weit voraus

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Google arbeitet an einem neuen Messenger für G Suite-Nutzer, der zu einer mächtigen Kommunikationsplattform innerhalb von Unternehmen aufgebaut und in Konkurrenz zu den Mitbewerbern wie Slack oder Microsoft Teams gehen soll. Interessanterweise scheint Google damit wieder einmal einem Markt hinterherzulaufen, den man vor über zehn Jahren selbst geschaffen hat, dem aber viel zu früh der Stecker gezogen wurde: Die Rede ist von der Google Wave-Plattform.


Google hat seit vielen Jahren große Messenger-Pläne, schafft es aber einfach nicht, diese in EIN fertiges Produkt zu gießen. Stattdessen entwickelt man seit langer Zeit parallel mehrere Messenger, grenzt sie voneinander ab, integriert sie wieder, startet einige Projekte neu, lässt andere im Sande verlaufen etc… Das hat dazu geführt, dass Google auf ein riesiges Messenger-Portfolio zurückblicken kann, das niemals große Erfolge feiern konnte und auch für die Zukunft keine rosigen Aussichten verspricht.


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Messenger wurden von Google offenbar viele Jahre lang unterschätzt und eher als Nebenprojekt geführt, das ohnehin keine große Bedeutung hat. Dabei kamen zwar immer wieder interessante Produkte bei heraus von Google Talk über den GMail Chat bis hin zu Hangouts und heute Google Duo, aber die großen Ambitionen scheinen immer kurz nach dem Start verschwunden zu sein. Spätestens seit dem Aufstieg von WhatsApp und dem Facebook Messenger muss aber auch Google bewusst geworden sein, dass es ein Riesenmarkt ist, den man nicht unterschätzen darf.

Nun wurde bekannt, dass das G Suite-Team an einem neuen Messenger arbeitet, der als mächtige Kommunikationsplattform aufgebaut werden soll, die weitere Produkte wie GMail oder auch Google Drive integriert. Damit zielt man natürlich ganz klar auf die Vorbilder wie Slack oder Microsoft Teams ab, denen man nichts entgegenzusetzen hat. Und hier rächt sich das Messenger-Chaos ein weiteres Mal, denn Google hat viele Jahre Zeit und genügend Ressourcen, um rein theoretisch selbst in der Rolle von Slack oder im Endnutzer-Bereich auch WhatsApp zu sein.

Tatsächlich hatte Google vor vielen Jahren ein Produkt im Portfolio, das sehr viel Lob einheimsen konnte und bei denen sich viele Beobachter einig waren, dass es seiner Zeit weit voraus war: Google Wave. Hätte Google etwas Geduld bewiesen, hätte es Slack & Co wohl niemals gegeben und Wave hätte den Standard bilden können.

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Google Wave wurde Mitte 2009, also vor knapp 11 Jahren (!) vorgestellt und bot genau das, was heute unter einer modernen Kommunikationsplattform verstanden wird: Instant Messaging und E-Mail wurden zusammengeführt, es gab Räume (Waves) in denen mehrere Nutzer miteinander kommunizieren konnten und es ließen sich durch einzelnen Module viele weitere Plattformen und Medien anbinden. Nutzer konnten Dateien versenden, gemeinsam an Dokumenten arbeiten und vieles mehr. Wave hat auch eine Prise Wiki hereingebracht. Beschrieben wurde Wave damals als Mischung aus E-Mail, Chat, Fotoplattform, Wiki und Blog. Also alles, was im damaligen Buzzword-Bingo nicht fehlen durfte.

Aus heutiger Sicht ist die Google Wave-Plattform natürlich sehr altbacken (schaut euch die Screenshots an), aber immerhin liegt das schon mehr als ein Jahrzehnt zurück und damals war das Google-Design längst noch nicht erwachsen, sondern eher verspielt. Google Wave wollte die Lösung für die gesamte Kommunikation und den Datenaustausch sein und bot auch genügend Ansätze, um das tatsächlich zu ermöglichen. Die ersten Nutzer waren regelrecht begeistert, denn in der damaligen Zeit war das etwas völlig Neues.

Google Wave war aber nicht nur eine Web-App, sondern auch ein Open Source-Framework, sodass auch andere Unternehmen eigene Wave-Applikationen entwickeln konnten – ein Konzept, dass Google bis heute in vielen Produkten fortführt. Die Vorzeichen standen also sehr gut, dass sich hier eine neue Plattform etabliert, die allen damaligen Lösungen weit überlegen war. Allerdings hatte Wave starke Stabilitätsprobleme und war für viele Nutzer einfach zu kompliziert. Die Oberfläche war überladen und der Funktionsumfang so riesig, dass der Durchschnittsnutzer Wave nicht zur normalen Chat- oder gar Mail-Kommunikation verwenden wollte.

Schon Mitte 2010 hatte Google bekannt gegeben, dass Wave wieder eingestellt wird und die eigene App in wenigen Monaten geschlossen wird. Die Technologie wurde als Open Source freigegeben und sollte auch in anderen Google-Produkten Verwendung finden. Ob das jemals der Fall gewesen ist, lässt sich heute nicht mehr sagen.



Woran Wave genau krankte, lässt sich eigentlich gar nicht so genau sagen. Ich selbst hatte es damals ausprobiert, war aber gleichzeitig begeistert und auch abgeneigt. Es war einfach seiner Zeit weit voraus, denn viele Menschen wussten noch gar nicht, dass sie so etwas jemals benötigen werden. 2009 und auch in den folgenden Wave-Jahren 2010 und 2011 war die Cloud noch längst nicht so weit etabliert wie heute. Nur die wenigsten Menschen haben ihre Dokumente in der Cloud erstellt und gemeinsam bearbeitet.

Um Google Wave ist es auch rückblickend eigentlich sehr schade, denn hätte Google eine etwas längere Geduld bewiesen, hätte das Produkt möglicherweise richtig abheben können und wäre heute ein Standard. Aber so vorausschauend waren Googles Strategen dann wohl doch nicht und haben recht frühzeitig den Stecker gezogen. Heute arbeitet man an einer neuen Lösung und hat wieder mal das Image des Hinterherläufers, der die Entwicklung nicht vorhergesehen hat. Dabei war es genau anders herum.

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