Google hat das Hardware-Portfolio in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und auf immer mehr Bereiche rund um das Smart Home und mobile Geräte ausgedehnt. Es hat sich schon mehrmals gezeigt, dass das Unternehmen zur Erweiterung auch nicht vor größeren Übernahmen zurückschreckt, die einen strategischen Vorteil bringen könnten. Durch die Sonos-Klage kommt nun ein Name ins Spiel, der tatsächlich ein interessanter Übernahmekandidat sein könnte.
Vor sechs Jahren hat Google das Smart Home-Startup Nest übernommen und dieses nach vielen Schwierigkeiten zur heutigen bekannten Marke mit mehreren Dutzend Geräten im Sortiment geformt. Nest konzentriert sich mittlerweile vor allem auf den Sicherheitsbereich, hat aber auch das gesamte Smart Home-Geschäft der Marke „Google Home“ übernommen. Vor wenigen Monaten wurde die Übernahme von Fitbit verkündet, das diese (sehr) kleine Erfolgsgeschichte wiederholen und Google endlich auf dem Smartwatch-Markt etablieren soll.
Sonos verklagt Google: Um diese fünf Patente geht es & darum sind grundsätzlich beide Unternehmen im Recht
Bisher hatte Google mit den Hardware-Übernahmen wenig Glück, aber dennoch hatte man schon kurz nach dem Fitbit-Kauf verkündet, stets für weitere Übernahmen hoffen zu sein. An finanziellen Hürden wird das nicht scheitern, denn Barmittel hat Google im Überfluss und dürfte die Tür am Geldspeicher kaum noch schließen können. Wir hatten uns schon vor einigen Wochen darüber Gedanken gemacht, welche Unternehmen Google übernehmen könnte und heute soll ein weiteres dazukommen, das sehr interessant sein könnte.
Google und Sonos arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen, wenn auch nur im sehr kleinen Kreis. Hauptsächlich dreht sich die Kooperation darum, dass Google Play Music bzw. YouTube Music auch auf den Sonos-Lautsprechern verwendet werden kann. Im Zuge dieser Partnerschaft soll Google Einblicke in Sonos-Produkte und Technologien erhalten haben, die dazu geführt haben, dass das Unternehmen sehr ähnliche Methoden für die später geschaffene eigene Smart Speaker-Linie einsetzt. Das zumindest wirft Sonos Google vor.
Durch die nun eingereichte Sonos-Klage, die sich im Wesentlichen um fünf sehr allgemeine Patente dreht, hat sich das Unternehmen vielleicht auch bei Googles Strategen ins Spiel gebracht und wieder in Erinnerung gerufen. Denn das Unternehmen besitzt viele Dinge, die Google derzeit noch fehlen.
Sonos hat starke Patente
Wie die Klage rund um die fünf Patente zeigt, besitzt Sonos offenbar eine ganze Reihe von Patenten rund um die smarten und drahtlosen Lautsprecher. Das Unternehmen hatte unmittelbar nach den ersten Pressemeldungen angekündigt, dass auch Amazon und andere Unternehmen in diesem Sektor diese Patente verletzen, man aber nicht die Mittel hat, alle gleichzeitig vor Gericht zu zerren. Außerdem hatte man zuvor schon eine Klage gegen Denon gewonnen und scheint somit über starke Argumente zu verfügen, die durch die Patente abgesichert sind.
Schon bei früheren Google-Übernahmen ging es vor allem um eines: Patente. Es wäre also gar nicht so verwunderlich, wenn sich Google auf dem Smart Home-Markt absichern wollen würde. Der Worst Case wäre es, wenn nun z.B. Amazon oder ein anderer großer Hersteller sich Sonos schnappen würde und dann die ganz große Patentkeule herausholt.
Ein breites Produkt-Portfolio
Sonos hat das, was Google derzeit fehlt: Ein breites und attraktives Sortiment. Google ist nach wie vor mit dem drei Jahre alten Google Home und dem nahezu unveränderten Nest Mini am Markt, während der Google Home Max kaum eine Rolle spielt. Gegen den großen Konkurrenten mit gefühlt Dutzenden Geräten und dem baldigen Neueinsteiger Samsung wird es rein aus Hardware-Sicht schwierig. Und weil Google nicht nur Smart Speaker, sondern auch qualitativ hochwertige Lautsprecher produzieren möchte, käme das Sonos-Portfolio sehr gelegen.
Sonos ist eine starke Smart Home- & Lautsprechermarke
Die Marke Sonos ist seit vielen Jahren etabliert und vielleicht auch weniger vorbelastet als „Google“. Vermutlich ist sie in vielen Ländern auch bekannter als „Nest“ und könnte, wenn es denn mal zu einer Übernahme kommen sollte, die neue Zugmarke der smarten Google-Lautsprecher werden. Weil Google bereits mehrfach bewiesen hat, dass die eigene Marke nicht auf Gedeih und Verderb auf jedem Produkt angebracht werden muss und man auch Submarken, so wie jetzt Nest, stärken möchte, könnte es bei Sonos sehr ähnlich ablaufen.
Sonos hat attraktive Partnerschaften
Sonos hat im vergangenen Jahr eine große Partnerschaft mit IKEA verkündet und wird der Zulieferer für alles, was aus den schwedischen Lautsprechern kommen. IKEA spielt im Smart Home-Markt noch eine untergeordnete Rolle, investiert aber sehr stark in diesen Bereich und dürfte sehr schnell an Bedeutung gewinnen. IKEA unterstützt den Google Assistant bereits, wenn er aber zum Standard in allen mit smarten Features ausgestatteten Möbeln wird, kann das Google einen großen Schub geben.
Google Maps: Huawei verabschiedet sich von Googles Kartenplattform – TomTom wird neuer Kartenlieferant
Das Unternehmen hat Probleme
Ein wichtiger Punkt: Sonos hat schon seit mindestens zwei Jahren große Probleme und hat mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen – was vor allem daran liegt, dass Google und Amazon den Markt quasi über Nacht übernommen haben. Zwar sind die Sonos-Lautsprecher und die Smart Speaker der beiden Marken auf einem etwas anderen Geschäftsfeld unterwegs, aber die Überschneidungen sind so groß, dass sich viele Menschen nun lieber 4-5 Smart Speaker statt einem Sonos kaufen. Das Unternehmen dürfte also derzeit vergleichsweise günstig zu haben sein und Google muss gerade aufgrund der aktuellen Situation aufpassen, das es nicht vor der Nase weggeschnappt wird.
Klage? Welche Klage?
Und nun der letzte Punkt, der die kleinste Rolle spielt, aber vielleicht ausschlaggebend sein kann – zumindest war es das für meinen Artikel. Wenn Google sich Sonos einverleibt, ist die Klage natürlich sofort vom Tisch. Weil der Ausgang eines Verfahrens zwischen den beiden Unternehmen völlig offen ist und für Google mit sehr hohen Nachzahlungen oder sogar Verkaufsverboten enden könnte, ist es natürlich eine Überlegung wert, dieses Geld lieber in den Kauf des gesamten Unternehmens zu investieren.
—
Dieser Artikel ist natürlich rein spekulativ und sagt absolut nichts über irgendwelche Pläne aus und soll auch keine Prognose darstellen. Dennoch ist es sicher eine Überlegung wert, dass die beiden Marken gemeinsam sehr viel mehr erreichen könnten und jeweils genau das besitzen, was der andere benötigt. Was haltet ihr davon? Vollkommen ausgeschlossen oder gut denkbar?