Google ist nun schon seit zehn Jahren im Smartphone-Bereich tätig und bringt seit 2010 mindestens ein Gerät pro Jahr auf den Markt, das stets über die neueste Android-Version verfügt und schnell sowie zuverlässig aktualisiert wird. Dieser Nimbus gehört bis heute zu den wichtigsten Verkaufsargumenten für die Pixel-Smartphones – doch wie lange ist das noch haltbar? Seit einigen Monaten steckt der Wurm drin, sodass man sich sogar von Samsung überholen lassen musste. Ist Google mit der Größe der Pixel-Serie überfordert?
Im Januar 2010 hat Google das Nexus One vorgestellt, das zwar von HTC gebaut wurde, aber unter Googles Flagge in den Verkauf ging. Das Konzept der Nexus-Serie war es, den Android-Herstellern Feuer unter dem Hintern zu machen und die Qualität des gesamten Ökosystems zu steigern. Das ist ohne Frage gelungen, hätte sich aber vermutlich auch ohne die Nexus-Unterstützung ohnehin von selbst ergeben. Mit dem Wechsel auf die Pixel-Serie hat sich der Fokus etwas verschoben – denn nun will Google auf den Massenmarkt.
Android: Google rollt Januar-Sicherheitsupdate für die Pixel-Smartphones aus – wieder mit einem Pixel-Update
Wer sich für ein Pixel-Smartphone entscheidet, tut das entweder aufgrund der sehr guten Kamera-Kritiken der ersten Generationen oder möchte das „reine“ Android, das direkt vom Entwickler Google auf die Smartphones gebracht wird. Vergleichsweise lange und zuverlässige Betriebssystem- und Sicherheitsupdates sind vielen Nutzern dann das (viele) Geld wert, das mittlerweile für ein Pixel-Smartphone auf den Tisch gelegt werden muss. Doch genau dieses Argument wird in jüngster Vergangenheit verwässert – und daran ist Google nicht ganz unschuldig.
Android kannibalisiert Pixel
Google macht es den Smartphone-Herstellern immer leichter, die Android-Updates auf die Geräte zu verteilen, sodass sie in den vergangenen Jahren ordentlich zulegen konnten. Insbesondere Neueinsteiger wie Essential oder Nokia haben gezeigt, dass sehr zeitnahe Updates innerhalb weniger Tage möglich sind. Googles Hilfestellungen und der Druck der vorbildlichen Hersteller haben dafür gesorgt, dass auch Samsung, Huawei und andere große Hersteller mehr Gas geben und ihre Smartphones früher aktualisieren.
Für die Nutzer, das gesamte Ökosystem und die Daten-Sicherheit ist das natürlich sehr gut – für Google aber tatsächlich ein zweischneidiges Schwert. Je erfolgreicher das Android-Team in diesem Punkt wird, desto schwerer wird es für das Pixel-Team, das große Verkaufsargument hochzuhalten. Und dann kommen noch die vielen neuen Probleme dazu.
Google vermasselt wichtige Updates mittlerweile in Serie
Seit dem Release der Pixel 4-Smartphones im Oktober ist bei den Sicherheitsupdates ordentlich Sand ins Getriebe gelangt: Das erste Sicherheitsupdate nach dem Verkaufsstart haben die Pixel 4-Smartphones gleich einmal verpasst – sie haben das November-Sicherheitsupdate nicht erhalten. Man hat den Nutzern also ein neues Smartphone für sehr viel Geld verkauft, das rein theoretisch in den ersten Wochen unsicher gewesen ist – zumindest im Vergleich zu den anderen Pixel-Smartphones.
Auch die Pixel-Smartphones der ersten Generation wurden, planmäßig, nicht mehr mit dem November-Update versorgt. Im Dezember sollte dann alles besser werden – wurde es aber nicht. Die Pixel-Smartphones der ersten Generation haben ein aus November und Dezember kombiniertes Update-Paket erhalten, während die Pixel 4-Smartphones zu Beginn wieder nicht versorgt wurden. Erst eine Woche nach der Veröffentlichung des Updates waren dann endlich auch die Pixel 4-Smartphones mit dem ersten Update überhaupt an der Reihe.
Alles gut? Nein. Viele Pixel 3-Smartphones haben im Dezember kein Sicherheitsupdate erhalten und bekommen nun ein Paket aus Dezember und Januar. Gleichzeitig hat man sich nun auch schon das zweite Mal innerhalb weniger Monate von Samsung überholen lassen müssen, denn die Koreaner haben das Januar-Update deutlich vor Google ausgeliefert. Dass im vergangenen Jahr schon zwei Mal Sicherheitsupdates für bestimmte Geräte zurückgezogen wurden, fällt dann auch kaum noch ins Gewicht.
Ist Google überfordert?
Es scheint, dass Google-intern eine Grenze erreicht wurde, denn es müssen wohl zu viele Geräte rechtzeitig versorgt werden – und damit ist man in der Welt der großen Smartphone-Hersteller angekommen. Zumindest in der Übergangszeit von Oktober-Dezember sprechen wir immerhin vom Pixel, Pixel XL, Pixel 2, Pixel 2 XL, Pixel 3, Pixel 3 XL, Pixel 3a, Pixel 3a XL, Pixel 4 und Pixel 4 XL – 10 Smartphones. Noch dazu bei drei Jahre alten Geräten aus völlig unterschiedlichen Generationen. Es scheint so, dass auch Google langsam bemerkt, dass das keine leichte Aufgabe ist.
Google hat zwar nicht die Kontrolle verloren, aber in der Pixel-Abteilung scheint es doch an irgendeiner Stelle zu rumpeln und zu krachen – und das, obwohl Hardware und Software aus dem gleichen Hause stammen. Google hat nach wie vor diesen Vorteil, den alle anderen Hersteller abseits von Apple nicht haben. Warum das seit mittlerweile vier Monaten in Folge so ein Problem ist, lässt sich von außen schlecht beurteilen.
Die digitale Welt wird sicherer
Natürlich ist die Gesamtsituation aus Sicht außerhalb von Google sehr befriedigend, denn wenn immer mehr der vielen Milliarden Android-Smartphones auf einem aktuellen Stand und nicht offen wie ein Scheunentor sind, ist das eine sehr gute Nachricht für die gesamte globale Datensicherheit. Wie oft hat man früher, teilweise auch heute noch, gelesen, dass viele Tausend oder Millionen Android-Smartphones ohne Wissen der Nutzer zu einem Botnetz zusammengeführt wurden? Wenn das nicht mehr möglich ist, ist schon viel gewonnen.
Google muss neue Schwerpunkte setzen
Betrachten wir das ganze Thema nun aber aus der Sicht von Googles Hardware-Abteilung, dann wird es in gewisser Weise doch problematisch. Google hat im vergangenen Jahr mehrfach betont, dass man die Pixel-Serie zum Erfolg führen und keine Rücksicht auf andere Smartphone-Hersteller nehmen will. Aber wie soll das gelingen, wenn das wichtigste Verkaufsargument verwässert? Hohe Preise ohne nennenswerte Innovationen können sich vielleicht Apple und Samsung erlauben, aber Googles Pixel-Marke ist dafür nicht stark genug.
Das andere Zugpferd war die Kamera, die zwar auch in der aktuellen Generation wieder extrem gute Ergebnisse liefert, aber im Vergleich zur Konkurrenz nicht einmal mehr in die Top 5 der weltbesten Smartphone-Kameras kommen konnte. Mit den Spielerei-Innovationen von Soli bis zur Gesichtserkennung kann man ebenfalls nicht all zu sehr glänzen. Google muss also neue Schwerpunkte finden, um sich von der Konkurrenz abzusetzen.
Oder einfach die Updates wieder zuverlässiger ausliefern…