Die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin werden sich von Alphabet zurückziehen und die Führung der gesamten Holding in die Hände eines Mannes legen, der in den letzten fünf Jahren erstaunlich große Schritte auf der Karriereleiter gemacht hat: Sundar Pichai. Der Google-CEO ist nun auch CEO von Alphabet, was kurzfristig zu Interessenskonflikten führen könnte. Man muss sich aber auch fragen, wie lange Pichai diese Doppelrolle durchhalten kann und ob Google schon bald einen neuen CEO bekommen wird.
Es kam wie aus dem Nichts, war aber dennoch nicht überraschend: Die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin ziehen sich aus dem operativen Geschäft der Alphabet Holding zurück und überlassen dem Google-CEO Sundar Pichai den Chefsessel. Für sich genommen sind das gleich zwei Überraschungen gleichzeitig, denn dass sich Pichai nun praktisch selbst überwacht ist nicht nur ein Kuriosum, sondern wird auch zu Problemen führen.
Die Google-Gründer tauchen endgültig ab: Warum der Abgang von Larry Page & Sergey Brin nicht überrascht
Sundar Pichais Blitzkarriere
Sundar Pichai ist die Karriereleiter in den vergangenen Jahren im Raketentempo nach oben geschossen: Seit dem Jahr 2004 ist er bei Google und war maßgeblich an der Einführung von Google Drive, Google Chrome und Chrome OS beteiligt. Große Aufgaben und wichtige Kernprodukte, aber ab dem Jahr 2013 ging es dann mit Vollgas nach oben: Zuerst übernahm er zusätzlich die Gesamtverantwortung über Android und nur ein Jahr später wurden ihm alle Google-Produkte unterstellt. Schnell war die Rede vom Super-Manager Sundar Pichai.
Ein weiteres Jahr später machte Google-Gründer Larry Page den Chefsessel frei, wechselte zur Alphabet Holding und Sundar Pichai wurde CEO von Google. Ende der Karriereleiter – hätte man gedacht. Als Google-CEO hat er zweifelsohne sehr viel Macht, war aber dennoch Larry Page und Sergey Brin unterstellt – die sich allerdings nach öffentlicher Informationslage nicht in das operative Geschäft von Google eingemischt hatten. Jetzt gab es den nächsten und innerhalb des Alphabet-Universums letzten Karrieresprung.
Sundar Pichai wird CEO von Alphabet und die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin verlassen Alphabet und stehen der Holding nur noch als Aufsichtsräte zur Verfügung. Doch Sundar Pichai steigt nicht etwa auf, sondern muss sich weiter strecken. Er ist nun CEO von Alphabet UND Google.
Smart Home: Der Google Assistant kann jetzt noch mehr smarte Geräte steuern – jetzt auch in der Küche
CEO von Alphabet und Google – kann das gutgehen?
Als CEO eines globalen Konzerns hat man mit dem Tagesgeschäft nicht viel zu tun und delegiert alle Aufgaben, was dazu führt, dass einige Menschen mehrere Unternehmen gleichzeitig leiten können. Das kann funktionieren, keine Frage. Aber Alphabet und Google sind jeweils für sich milliardenschwere Giganten, die gerade in der aktuellen Phase sehr viel Aufmerksamkeit benötigen. Google ist stark, aber durch viele Verfahren und Probleme aktuell in unruhigem Fahrwasser. Alphabet verbrennt nach wie vor Milliarden und die ersten Unternehmen sind endlich auf dem Sprung zum Geld verdienen.
Fraglich, ob ein einzelner CEO diese Aufgaben bewältigen kann. Wenn man bedenkt, dass sich Bill Gates die Schuld an der Android-Dominanz gibt, zeigt sich, dass man auch als CEO mit tausenden unterstellten Managern nicht das Große und Ganze aus dem Blick verlieren darf. Wie soll sich Pichai nun zweiteilen und sowohl für Google als auch für Alphabet zur Verfügung stehen und das Ruder in die Hand nehmen können?
Google ist EIN Unternehmen, das aber mehr als 100 Prozent des Alphabet-Gewinns erwirtschaftet (hier die aktuellen Quartalszahlen). Alphabet besteht aus mehr als einem Dutzend Unternehmen, die kaum Umsatz erwirtschaften und Verluste anhäufen. Worauf soll sich Sundar Pichai konzentrieren? Klar, das sind interne Sorgen und Abläufe, aber als Beobachter muss man sich einfach fragen, ob das wirklich gut gehen kann.
Interessenskonflikte sind vorprogrammiert
Larry Page mag unsichtbar gewesen sein, hatte aber stets strenge Vorgaben. Auch Google wurde Alphabet-intern nie bevorzugt, sodass Pichai sich stets gegenüber Page rechtfertigen und berichten musste. Jetzt ist Pichai als Alphabet-CEO sein eigener Chef und muss sich selbst überwachen. In einem Weltkonzern kann das ein riesiges Problem sein. Alphabet-intern steht Pichai nun in der Hierarchie nicht mehr nur neben allen anderen CEOs, sondern zugleich auch über ihnen. Das birgt enormes Konfliktpotenzial.
Natürlich wird Alphabet-Pichai nun auch den Google-Pichai bevorzugen (um das mal so auszudrücken…). Ein kleines Beispiel: Kürzlich wurde bekannt, dass Deepmind seine KI-Technologien vor Googles Zugriff schützt. Auch Waymo setzt nicht unbedingt auf Google als Technologie-Lieferant und Partner. Das wird sich in Zukunft vermutlich ändern, denn nun hat der Google-CEO auch die volle Macht über alle Schwester-Unternehmen. Dass das für Trouble sorgen wird, ist vorprogrammiert.
Kommt ein neuer Google-CEO?
Achtung – Nun meine Spekulation: Sundar Pichai wird diese Doppelrolle vermutlich nicht lange spielen können, sondern diese lediglich so lange durchführen, bis ein neuer CEO gefunden wurde. Als offenbar sehr Karriere-orientierter und Technologie-begeisterter Mensch würde sich Pichai wohl für Alphabet statt Google entscheiden. Man könnte denken, dass Page und Brin ihren Rückzug recht kurzfristig geplant haben, sodass nicht genügend Zeit gewesen ist, einen Nachfolger für den Posten des Google-CEO zu finden.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es im Laufe des nächsten Jahres einen Wechsel an der Google-Spitze geben wird. Die Frage ist nur, wer nachrücken oder hereingeholt werden könnte. An dieser Stelle steige ich mit meinen Spekulationen aus, möchte einfach mal einen Namen ins Spiel bringen, der für Diskussionen sorgen könnte: Marissa Mayer. Ja, die Managerin die Yahoo! endgültig mit Vollgas gegen die Wand gefahren hat. Aber auch die Managerin, die wie keine andere für den Aufstieg Googles im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends stand und für viele Produkte verantwortlich war.
Es wird nicht dazu kommen, aber Mayer hatte – so wie später Pichai – die Verantwortung über alle Google-Produkte und war maßgeblich an der Einführung und dem Betrieb vieler Produkte beteiligt, die auch heute noch den Erfolg des Unternehmens sichern: Die Websuche, GMail, Google Maps aber auch Chrome, Android und Google Drive fielen noch in ihre Zeit. Wie wäre es also mit einer Doppelspitze Pichai/Mayer?
Oder wer könnte es sonst machen?