Google Assistant: Duplex ruft an und füllt Formulare aus – Googles merkwürdige Methoden für alte Technologien
Der Google Assistant gehört laut vielen Vergleichstests zu den schlausten Sprachassistenten und liegt in puncto Funktionsumfang oder Informationsgehalt nicht selten aus dem ersten Platz. Aber natürlich enden dessen Möglichkeiten an der Stelle, wo es keine Assistant-Anbindung oder moderne Technologien gibt. Diesen Nachteil, den alle Sprachassistenten haben, möchte Google mit dem neuen Duplex-Assistenten wettmachen, bei dem es sich aber nur um eine Übergangstechnologie handeln kann.
Heute muss alles smart sein, denn die Menschen sind nicht nur immer bequemer geworden, sondern genießen auch den Luxus, dass ihnen immer mehr kleine Aufgaben des Alltags abgenommen werden können – und das am besten von den Sprachassistenten. Der Google Assistant macht dabei schon eine ganze gute Figur und kann einige Aufgaben erledigen, das gesamte Smart Home steuern und vieles mehr. Aber was ist mit den Bereichen, die so gar nicht smart sind?
Google hat vor wenigen Tagen den neuen Google Assistant on Chrome gestartet, der dem Nutzer das Ausfüllen von Formularen soweit wie möglich abnehmen möchte. Angekündigt wurde das neue Produkt schon vor weit über einem halben Jahr und erst jetzt ist es für den großen Einsatz bereit: Der neue Assistent kann für den Nutzer einzig und allein Kinokarten kaufen. Nur in den USA. Nur in einigen wenigen Kinoketten. Und stellt viele Fragen.
Viele neue Produkte und Technologien fangen mal klein an, aber der Funktionsumfang des neuen Duplex-Ablegers ist dann vielleicht doch etwas zu klein, um überhaupt sinnvoll genutzt werden zu können. Schaut euch das kurze Video und die Screenshots einmal an und beobachtet, wie viele Gegenfragen der Google Assistant stellen muss, um für den Nutzer die Kinokarten zu kaufen. Zwar regelt der neue Assistant auch einige Dinge von allein, aber wer häufiger Kinotickets online kauft, der wird das Formular möglicherweise dank Autofill ebenso schnell ausfüllen können.
Eine echte Zeitersparnis gibt es also nicht, zumindest keine die unbedingt erwähnenswert wäre, also muss man sich bei diesem neuen Duplex-Ableger – und auch der klassischen Version – fragen, wozu man das eigentlich benötigt.
Google Duplex ist bereits im vergangenen Jahr gestartet und wurde als der „telefonierende Google Assistant“ bekannt, denn genau das konnte der Assistant den Nutzern nach dem Start anbieten: Nach Aufforderung und einigen Gegenfragen ist Duplex dazu in der Lage, selbstständig ein Telefongespräch zu führen und im ersten Schritt einen Tisch im Restaurant zu reservieren oder einen Termin beim Friseur auszumachen. Dass der Assistant dabei extrem menschlich spricht und das Gegenüber anfangs getäuscht hat, hat für große Diskussionen im Sommerloch gesorgt.
Nun hat sich Google dazu entschlossen, mit Duplex nicht nur zu telefonieren – obwohl das auch weiterhin angeboten wird – sondern eben auch Formularfelder im Browser auszufüllen. In beiden Fällen muss es aber viele Nachfragen geben, der Nutzer muss den Assistenten erst einmal auf seinen Wunsch hinweisen und anschließend auch noch das Ergebnis des Telefonats bzw. des ausgefüllten Formulars kontrollieren. Wie bereits erwähnt, dürfte sich die Zeitersparnis in Grenzen halten. Und wenn sich dann auch noch Irrtümer eingeschlichen haben, hat man genau das Gegenteil erreicht.
Warum jagt Google den Assistant auf veraltete Technologien?
Nun ist das gute alte Telefonat oder das Ausfüllen von Browser-Formularen nicht unbedingt als veraltet anzusehen, aber es gibt eben bequemere Lösungen. Zahlreiche Restaurants bieten die Möglichkeit, Online einen Tisch zu reservieren. Wer das nicht möchte, der kann natürlich auch anrufen. Aber warum sollte der Google Assistant anrufen? Ein Nutzer weist seinen digitalen Assistenten an, ein Gespräch mit einer realen Person zu führen, die wiederum die Daten in ein digitales System einträgt. Irgendwo scheint es doch da einen unnötigen Umweg zu geben – oder?
Noch kurioser wird es, wenn auch das Restaurant auf einen Telefoncomputer setzt – Google selbst bietet die Duplex-Technologie auch schon ersten Business-Partnern an. Dann unterhalten sich zwei digitale Sprachassistenten in menschlicher Sprache und versuchen krampfhaft Informationen auszutauschen und sich nicht gegenseitig misszuverstehen. Das ist so, als wenn wir statt Briefe zu schreiben wieder auf Rauchzeichen umsteigen oder mit dem Morsegerät im Internet surfen.
Googles Technologien mögen vielleicht langfristig funktionieren, obwohl Duplex mit großen Problemen kämpft, aber es stellt sich doch die Frage, wozu Google so extrem viel Zeit und Ressourcen in solch eine Entwicklung steckt. Vernünftiger wäre es, die wirklich großen Baustellen des Assistant anzugehen und sich mit den modernen Technologien zu beschäftigen, statt auf Teufel komm raus die älteren Wege irgendwie an den Assistenten anzubinden.
Wenn ein Kino möchte, dass die Nutzer Kinokarten über den Google Assistant reservieren können, dann soll es eine entsprechen Assistant Action erstellen und fertig – das ist heutzutage kein großes Kunststück mehr. Wer das nicht anbietet, der muss seinen Kunden eben weiter zumuten, ein Formular auszufüllen – auch das wird wohl kaum jemanden davon abhalten, eine Karte zu reservieren. Gerade im Browser gibt es ohnehin die praktische Autofill-Funktion, die dem Nutzer sehr viel Tipparbeit abnimmt.
Was ich nun damit sagen möchte? Der Assistant-Ableger Duplex erscheint mir ganz persönlich auf dem Holzweg zu sein und sich vielleicht auch in eine Sackgasse zu manövrieren. Problematisch daran ist es, dass man das neue Produkt nun „Google Assistant on Chrome“ genannt hat – was dem Assistenten überhaupt nicht gerecht wird. Seit Jahren warten die Nutzer darauf, dass der Google Assistant auf den Desktop kommt und Chrome ist die optimale Plattform dafür – aber so wird das sicher nichts…
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