Vergessene Google-Produkte: Google Answers – die erste kostenpflichtige Frage & Antwort-Plattform
Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte hat Google unzählige Produkte aus dem Boden gestampft, den Nutzern teilweise aufgezwungen und den Großteil davon nach einigen Jahren auch wieder eingestellt. Viele der Produkte sind unter der Masse der Nutzer in Vergessenheit geraten, andere wiederum wünschen sich die Nutzer heute noch zurück. Heute stellen wir euch Google Answers vor, das irgendwo zwischen diesen beiden Kategorien Platz findet und tatsächlich heute noch zugänglich ist.
Langjährige Google-Nutzer haben schon sehr viele Produkte kommen und gehen gesehen und immer wieder muss man sich fragen, warum bei manchen Angeboten der Stecker gezogen wurde – vor allem rückblickend ist das nur selten nachvollziehbar. Nachdem wir uns kürzlich die allumfassende Datenbank Google Base angesehen und auch etwas wehmütig auf die starke Desktop-Fotoverwaltung Picasa zurückgeblickt haben, geht es heute noch etwas weiter zurück in der Google-Geschichte. Viele weitere „vergessene Google-Produkte“ findet ihr am Ende des Artikels.
Google hat sich seit den frühesten Tagen das Ziel auf die Fahnen geschrieben, möglichst viele Informationen zu sammeln, zu digitalisieren und den Nutzern zugänglich zu machen. Während sich das heute vor allem auf persönliche Informationen bezieht (GMail, Drive, Fotos, Kalender,…), ging es früher um die Google Websuche. Natürlich ist die Websuche auch heute noch das wichtigste Produkt des Unternehmens, aber an öffentlich zugänglichen Informationen mangelt es nicht mehr.
Vor über 15 Jahren sah das allerdings noch etwas anders aus, denn es waren längst nicht so viele gut strukturierte Daten im Web zugänglich – auch Wikipedia als sehr häufig in der Websuche verwendete Informationslieferant steckte noch in den Kinderschuhen. Google stand also vor dem Problem, das für viele Anfragen der Nutzer zwar die 10 blauen Links ausgeliefert wurden, die Frage aber nicht wirklich beantwortet wurde. Aus diesem Grund hatte man 2002 eine neue Fragen & Antworten-Plattform geschaffen.
Google Answers war kein direkter Bestandteil der Google Websuche, hätte es aber wohl bei größerer Akzeptanz werden können. Dennoch wurde immer wieder auf das Portal verwiesen, auf dem die Nutzer ihr Frage stellen konnten.
Google Answers war ein sehr einfaches Portal, in dem jeder angemeldete Nutzer beliebige Fragen stellen konnte. Diese Fragen waren für alle anderen Nutzer zugänglich und konnten von den „Google Answers Researchers“ beantwortet werden, wobei auch die Antworten wiederum für alle Nutzer zur Verfügung standen. Die Antwort konnte von dem Fragensteller bewertet werden, sodass es noch an selber Stelle eine Rückmeldung darüber gibt, ob die Frage damit wirklich beantwortet ist.
Grundlegend lässt sich das Konzept mit einem Forum oder den auch heute noch sehr populären Fragen & Antworten-Webseiten vergleichen, aber bei Google Answers herrschte eine ganz andere Qualität. Es gab keine echte Community oder Diskussionen, sondern in den meisten Fällen nur ernsthafte Versuche, die Frage zu beantworten. Die Researcher wurden für ihre Antwort außerdem bezahlt, wobei eine akzeptierte Antwort zwischen 2 bis 200 Dollar (!) wert war. Die Höhe der Summe wurde vom Fragensteller festgelegt. Wer schwierige Fragen mit einem hohen Recherche-Aufwand stellte, musste eben auch viel Geld auf den Tisch legen.
25 Prozent dieses Geldes behielt sich Google für den Betrieb der Plattform und die Vermittlung ein, während die Research die restlichen 75 Prozent für sich behalten durften. Insgesamt wohl ein lohnender Nebenverdienst für die Researcher, von denen es zu Spitzenzeiten etwa 500 gegeben haben soll. Weil alle Fragen und Antworten öffentlich zur Verfügung standen – und noch immer zugänglich sind – entwickelte sich die Webseite im Laufe der Zeit zu einer interessanten Wissens-Sammlung.
Die Fragen und Antworten wurden in Kategorien einsortiert, die den damals noch üblichen Web-Katalogen nachempfunden waren und entsprechende Gebiete abgedeckt haben. Ob es eine Moderation gegeben hat, konnte ich leider nicht mehr herausfinden. Die Plattform selbst war mir zwar damals schon bekannt, aber wirklich aktiv genutzt hatte ich sie selbst nie. Weil die Fragen und Antworten in englischer Sprache auch heute noch zur Verfügung stehen, kann man sich aber einen sehr guten Eindruck davon verschaffen, wie wertvoll eine solche Plattform damals gewesen sein muss.
Google Answers hatte sich sehr schnell selbst überlebt und wurde im November 2006 aus strategischen Gründen eingestellt, um anderen Plattformen und Produkten den Vorzug zu geben. Zwar hatte auch Google selbst einige direkte Nachfolger angeboten, aber nur sehr regional beschränkt und nicht mit der Reichweite von Google Answers. Interessanterweise erfreute sich vor allem die Plattform des normalerweise durch Google arg gebeutelten Konkurrenten Yahoo! großer Beliebtheit – Yahoo! Answers.
We considered many factors in reaching this difficult decision, and ultimately decided that the Answers community’s limited size and other product considerations made it more effective for us to focus our efforts on other ways to help our users find information.
Schlussendlich musste Google wohl einsehen, dass andere Frage-Antworten-Plattformen deutlich erfolgreicher sind – aus dem Grund, weil sie kostenlos sind und in Form von Foren und Communitys aufgebaut sind. Diesen Richtungswechsel wollte Google aber nicht mitgehen. Aber auch Wikipedia als riesige Wissens-Datenbank dürfte einen Anteil daran haben, dass ein Portal wie Google Answers schon damals nicht mehr zeitgemäß war.
Auch Google hatte gut ein Jahr nach der Einstellung von Answers mit dem Start des Wikipedia-Konkurrenten Knol einen anderen Ansatz gewählt und etwa zehn Jahre später trat dann auch schon der Google Assistant auf den Plan, der heute für die Beantwortung von Fragen zuständig ist 😉
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