Huawei bastelt am Gegen-Android: Europas große Chance gegen die Google-Dominanz ist gekommen
Nach aktuellen Informationen sieht es so aus, dass Huawei kein neues Smartphone mit Googles Android-Version auf den Markt bringen kann, weil die rechtlichen Grundlagen dafür nicht gegeben sind. Huawei muss sich also sehr schnell eine Lösung einfallen lassen, um außerhalb Chinas weiterhin ein attraktiver Smartphone-Hersteller zu bleiben. Diese Lösung soll nun ausgerechnet aus Europa kommen und könnte langfristig dafür sorgen, dass Google ernste Probleme bekommt.
Android ist grundlegend ein freies Betriebssystem, das jeder Nutzer und jeder Hersteller kostenlos verwenden und auf den eigenen Geräten installieren kann. Doch Google hat dem Betriebssystem von Beginn an den eigenen Stempel aufgedrückt, den Play Store etabliert und die eigenen Apps zu Standard-Lösungen erklärt. Genau dieses Paket erwarten die Nutzer, denn der Masse ist das darunter liegende Betriebssystem vollkommen egal, so lange alle Apps wie gewohnt genutzt werden können.
Huawei war bereits vor dem Beginn des US-Banns lange Zeit auf der Suche nach Android-Alternativen, auch wenn man sich immer wieder zu dem Betriebssystem und der Partnerschaft mit Google bekannt hat. Doch die angespannte Situation zwischen den USA und China ist eben nicht erst gestern entstanden, sondern hat sich sehr lange abgezeichnet – kein Wunder also, dass Huawei schon im vergangenen Jahr erstmals mit einem eigenen Betriebssystem als Android-Konkurrenten gedroht hat.
Mittlerweile wurde Harmony OS zwar offiziell vorgestellt, doch es hat sich gezeigt, dass hinter dem großen Namen nur sehr viel heiße Luft steht und noch keine echte Substanz vorhanden ist, um Android ernsthaft ersetzen zu können. Das hat Huawei hinter vorgehaltener Hand immer wieder Mal durchblicken lassen, aber auch gleichzeitig betont, es so schnell wie möglich ausbauen und auf den eigenen Smartphones einsetzen zu wollen.
Doch bis es soweit ist, müssen andere Lösungen her, denn derzeit lizenziert Google keine neuen Huawei-Smartphones, sodass das Unternehmen nur bereits auf dem Markt befindliche Modelle verkaufen und produzieren kann, aber nicht mehr nachlegen kann. Das geht eine Weile gut, doch spätestens im kommenden Jahr hat die Smartphone-Sparte außerhalb Chinas ein ernsthaftes existenzielles Problem. Mittlerweile hat man sogar zu dem Mittel gegriffen, ein altes Smartphone als neu anzukündigen.
Auch Huawei weiß, dass man Smartphones ohne Google-Dienste außerhalb Chinas kaum verkaufen kann – doch es gibt keine Alternativen. Also müssen Alternativen geschaffen werden und das am besten dort, wo die Idee auf sehr fruchtbaren Boden fällt – in Europa. Der Vorsitzende von Huawei hat vor wenigen Tagen angekündigt, eine europäische Smartphone-Plattform etablieren zu wollen und soll sich dazu in Gesprächen mit vielen großen Unternehmen und potenziellen Partnern befinden, wobei aber noch keine Namen genannt worden sind.
Huawei versucht also, einen Gegenpol zu Googles Android-Ökosystem zu schaffen, das weltweit (außer in China) absolut konkurrenzlos ist. Apples iOS kommt natürlich nicht in Frage und muss ausgeklammert werden, sodass Android theoretisch auf einen 100%igen Marktanteil kommt. Eine Alternative wird seit vielen Jahren gefordert, konnte sich bisher aber nicht ernsthaft etablieren oder nennenswerte Nutzerzahlen gewinnen, was natürlich an Googles riesigem Ökosystem liegt, das nicht über Nacht kopiert werden kann.
Europa kann Huaweis Rettung sein
Dass Huawei nun nach Europa blickt, ist nicht verwunderlich. Hier wurde bereits gegen die Android-Bündelung vorgegangen, viele Unternehmen würden der US-Herrschafft gerne etwas entgegensetzen und theoretisch wäre wohl auch das Know-How vorhanden. In China braucht es keine Alternative, eine weitere US-Lösung wäre nicht sinnvoll und als einziger großer Markt bleibt nur noch Europa übrig. Vermutlich würden sich mit starken Partnern auch hohe Fördergelder der EU-Kommission gewinnen lassen. Der Schritt ist also nur logisch.
Von vorneherein sagt das Gefühl, dass eine solche Lösung von Beginn an zum scheitern verurteilt wäre, aber das muss gar nicht sein. Huawei könnte von der wankenden Stimmungslage in den USA profitieren, denn vor Donald Trumps chaotischen Anweisungen ist kein Unternehmen sicher und auch andere Smartphone-Hersteller außerhalb der USA dürften sich Gedanken machen, wie sie eine Zukunft ohne Android gestalten könnten. Und eins ist klar: Das geht nicht alleine.
Die großen Smartphone-Hersteller könnten ein Konkurrenz-System aufbauen und das Android-Ökosystem verlassen, was derzeit zwar noch verrückt klingt, aber sich sehr schnell als ernsthafte Idee durchsetzen könnte. Alle chinesischen Hersteller wären wohl aufgrund der zu erwartenden zukünftigen Problemen sofort dabei. Theoretisch genügt auch nur ein reißerischer Tweet von Donald Trump in Richtung Südkorea, um auch Samsung zum Umdenken zu bewegen und schon verliert Google nahezu die gesamte Top 10 der großen Smartphone-Hersteller.
Grundsätzlich profitieren alle Hersteller und Nutzer von Googles Android, doch schon seit Jahren breitet sich eine Unzufriedenheit aus, gegen die bisher niemand eine Antwort hatte. Ein Smartphone-Hersteller alleine, sei er noch so mächtig, kann dem nicht viel entgegensetzen. Chinesische Lösungen verlassen meist nicht die Ländergrenze und europäische Lösungen ersticken oft schon im Keim. Doch das Trumpeltier im Weißen Haus sorgt für immer weitere Eskalationen und zeigt die US-Abhängigkeit auf vielen weiteren Ebenen auf.
Auch wenn es lange dauern wird, wird sich nun wohl ein Gegenpol entwickeln, in welcher Form auch immer. Problematisch ist es, dass die möglichen Abtrünnigen nicht auf die Hilfe von Schwergewichten wie Microsoft oder Facebook setzen können, die einem neuen System einen gewaltigen Boost geben könnten – denn die sitzen bekanntlich ebenfalls in den USA. Leicht wird es also nicht, aber langfristig dürfte Google noch unter den heutigen Eskalationen leiden – auch wenn Trump längst nicht mehr am Hebel sitzt.
Das alles ist aber noch immer keine Lösung für Huawei, denn während alle anderen Hersteller noch auf Android setzen können, hat Huawei diesen Luxus derzeit nicht. Einfach drei Jahre Smartphones ohne Google-Dienste herauszubringen oder das Smartphone-Geschäft zu pausieren ist aber auch keine Lösung und würde die starke Marke in jedem Fall beschädigen. Es bleibt also weiter spannend und vielleicht wissen wir schon bald mehr, wenn Huawei das Mate 30 vorstellt. Ausgerechnet in Deutschland.
Welche Folgen eine solche Konkurrenzplattform für Google haben könnte, lest ihr in diesem Artikel
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Konkurrenz ist eigentlich immer gut, nur möchte ich im OS Bereich (egal ob PC oder Phone) das Geld für meine über sechs Jahre erworbenen Apps bzw. Anwendungen nicht einfach in die Tonne hauen.
Genau daran ist bereits Microsoft mit seinen Mobile OS gescheitert, davor Symbian und PalmOS. Sailfish OS ist genau so ein Fail und ewige Baustelle (Vertraut mir, ich hab ein Sony mit SFX laufen). Nur WA und FB reichen eben nicht für echte Breitenwirkung.
Schlussendlich bin ich lieber von einem US Unternehmen als einem chinesischen abhängig, die Vorstellungen von Freiheit und Demokratie unterscheiden sich beim Zweitgenannten einfach zu sehr. Aber gut, ihr habt ja die Wahl.
Mir ist Google, als Vertreter des freien Westen, immer noch lieber, als die seelenlosen Chinks.