Android Auto: Volkswagen entwickelt Google-freies ‚VW OS‘ auf Android-Basis – Google fordert zu viele Daten
Android Auto erfreut sich bei vielen Nutzern großer Beliebtheit und wird von vielen Fahrzeugherstellern ab Werk als Erweiterung für das Infotainment-System unterstützt. Die Zukunft liegt aber in Googles Betriebssystem Android Automotive, das allerdings von einigen Autoherstellern als Frontalangriff angesehen wird. Volkswagen hat nun angekündigt, ein eigenes Betriebssystem für alle Fahrzeuge zu entwickeln, das zwar auf Android basiert, aber frei von Google-Diensten sein soll.
In den nächsten Jahren wird es bei der Digitalisierung des Autos einen großen Wandel geben, denn das reine Infotainment-System mit Android Auto oder Apple Carplay stößt an seine Grenzen und muss durch modernere Lösungen ersetzt werden – das haben viele Hersteller und auch Google erkannt. Google buhlt mit Android Automotive um die Gunst der Nutzer und Hersteller und konnte bereits erste Erfolge vermelden. Erst kürzlich hat General Motors eine umfangreiche Unterstützung zugesagt.
Zwischen Android Auto und Android Automotive gibt es sehr fundamentale Unterschiede, die auch für Skepsis bei den Herstellern sorgen, da sie ihre Hoheit über das Fahrzeug in Teilen abgeben müssen. Volkswagen hat bereits vor einigen Monaten angekündigt, an dieser Stelle auszusteigen und Google nicht in das Auto zu lassen. Das hat für Beifall und Kritik zugleich gesorgt und nun hat das Unternehmen seine Zukunftspläne noch einmal etwas genauer konkretisiert.
Android Auto bleibt
Volkswagen wird vorerst auch weiterhin Android Auto unterstützen und den Nutzern die Möglichkeit bieten, ihr Smartphone mit dem Infotainment-System des Fahrzeugs zu verbinden. Das könnte auch in Zukunft so bleiben, denn Volkswagen geht es darum, die Macht über die Daten des Fahrzeugs zu behalten – die ja mit Android Auto bekanntlich aufgrund des Konzepts nicht angezapft werden können. Wie die Fahrer und Beifahrer ihr Smartphone im Auto verwenden, denn nichts anderes ist Android Auto, ist dem Konzern schlussendlich (derzeit) noch egal.
Android Auto als Brücke zum Smartphone wird also bleiben, doch den weiteren Vorstoß von Google im Auto wird man in Wolfsburg nicht mitgehen und dem Unternehmen die Türen versperren. Stattdessen soll es ein eigenes Betriebssystem richten.
VW OS basiert auf Android
Mittelfristig wird Volkswagen nicht auf Android Automotive setzen, sondern ein völlig eigenes Betriebssystem entwickeln, das ab 2025 in allen Fahrzeugen des Konzerns zum Einsatz kommen wird. Zu Volkswagen gehören die Marken Audi, Seat, Skoda, Porsche, Bugatti, Lamborghini, Bentley, MAN, Scania, Neoplan, Ducati und natürlich VW. Aktuell kommen in den Fahrzeugen des Unternehmens bis zu 70 Module für die Software zum Einsatz, die nur noch zu einer Handvoll Modulen zusammengeschrumpft und mit einem einzigen Betriebssystem angesprochen werden sollen. Das erfolgreiche Baukasten-Prinzip wird also auf die Software erweitert. Bis zu 10.000 Mitarbeiter sollen direkt und indirekt an dem Projekt arbeiten und auch Microsoft soll an der Anbindung von Android an die Auto-Infrastruktur beteiligt sein.
Das neue Betriebssystem mit dem Arbeitstitel VW OS soll auf Android aufsetzen und die Stärken der Plattform voll ausspielen. Dabei handelt es sich natürlich nicht um Android Auto oder Android Automotive, sondern um die Basis-Version für Smartphones aus dem AOSP-Projekt, die stark angepasst und für den Einsatz im Auto ausgebaut werden soll. Ein Grund für die Android-Entscheidung ist es, sich dem großen App-Ökosystem zu öffnen und auch der Google Play Store soll an VW OS angebunden werden können. Ob das so einfach sein wird, wird sich erst in einigen Jahren zeigen.
Volkswagen macht sich damit von Google unabhängig, verschließt sich aber nicht mit dem populären Ökosystem, das von den Nutzern derzeit noch gefordet wird. Grundsätzlich stärkt man Google also auch weiterhin den Rücken, selbst wenn man eine Konkurrenz-Plattform neben Android Automotive platziert. Als einer der weltweit größten Autohersteller hat VW natürlich auch eine entsprechende Marktmacht, um so etwas durchzudrücken.
Google fordert zu viele Daten
Schon vor einigen Wochen hatte Volkswagen durchblicken lassen, dass Googles zu datenhungrig ist und das hat man auch jetzt wieder betont. Auf die Frage, warum man nicht Android Automotive verwenden möchte, gab es folgende Antwort:
Es gibt einige Marken, die wirklich die Automotive Services von Google nutzen; dies ist nicht unsere Strategie. Wenn Sie dies tun, erhalten Sie ein großartiges Paket von Funktionen und Dienstleistungen, daran besteht kein Zweifel. Aber man muss auch alle Sensordaten des Autos an Google geben, und wenn ich ALLE sage, dann sind es auch wirklich ALLE Sensordaten.
Das muss man wohl nicht weiter kommentieren und es ist eigentlich schon verwunderlich, dass sich die ersten Hersteller darauf einlassen.
Daten werden zum wichtigen Geschäft
Auch die Autohersteller haben längst die Macht der Daten entdeckt und wissen, das ihre Geschäftsmodelle zukünftig auch auf diesen Bereich ausgerichtet werden müssen. Einem fremden Unternehmen den Zugriff oder gar die Kontrolle über diese Daten zu geben, ist also vielleicht nicht die klügste Idee. Allerdings hat Google das dominante eigene Ökosystem und die Android-Dominanz als starkes Argument, dem sich kein Hersteller verschließen kann. Denn die Nutzer wollen, wenn man das so sagen kann, Google im Auto und nicht VW auf dem Smartphone.
Für Volkswagen kann es sich dennoch lohnen, ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln, das noch dazu Brücken zur Google-Welt schlagen kann und dem Kunden viele Freiheiten gibt. Das ist allerdings für die komplett branchenfremden Autohersteller ein Mammut-Projekt, das nur Riesen wie VW stemmen können, während kleinere Hersteller kaum eine andere Wahl haben, als sich mit externen Partnern zusammenzuschließen. Ob diese nun Google, Apple, Amazon oder Microsoft heißen, ist dann auch schon wieder egal.
Vielleicht kann sich unter der Regie von Volkswagen aber auch ein ganz eigenes Ökosystem etablieren, das man anderen Autoherstellern zur Verfügung stellt. Schon beim Kartendienst here oder dem Stammgeschäft, der Motorproduktion, arbeiten die Hersteller zusammen. Warum sollte also VW OS – unter anderem Namen – nicht auch im BMW zu finden sein? Weil Google natürlich Gas gibt und mit Volvo, GM und Renault Nissan Mitsubishi sehr mächtige Partner hat, sollte man sich mit dem Schmieden solcher Allianzen nicht zu viel Zeit lassen.
Der „Kampf“ um die Vorherrschaft im Auto wird in Zukunft noch sehr spannend sein.
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„…frei von Google-Diensten…“ – OK Ciao!
Typisch Deutsch. Es gibt fertige Systeme und wir erfinden die Welt neu. Gerade Volkswagen! Na ja, schön blöd und schön teuer…
Nun, VW hat schon seit Ende letztem Jahres eine stragegische Partnerschaft mit dem Monopolisten Microsoft verkündet und zwar geht es um die (ungefragte) Erfassung der Nutzer-Telemetriedaten in der Microsoft Cloud. Dass diese Cloud ausserhalb der EU liegt und damit gegen das DSGVO verstoßen wird ist ein anderes Thema.
Das überhaupt derart äussert private und kritische Nutzerdaten gesammelt werden sollen, darüber sollte es endlch mal eine Diskussioni in der breiten Öffentlichkeit geben bevor diese Systeme etabliert wurden.
WAS und WELCHE sind denn die „privaten und kritischen“ Nutzerdaten?
VW der Retter in der Not. Das ich nicht lache.