Google hat vor wenigen Tagen angekündigt, dass die Android-Nutzer in der EU ab dem kommenden Jahr eine alternative Suchmaschine verwenden können und diese sehr leicht aus einer Liste auswählen und wechseln können. Allerdings sorgt das von Google gewählte System zur Auswahl der Suchmaschinen für sehr viel Kritik. Nun hat sich auch die europäische Suchmaschine Qwant zu Wort gemeldet und wirft Google vor, die Milliardenstrafe der EU-Kommission auf die Wettbewerber umlegen zu wollen.
Auf jedem von Google zertifizierten Android-Smartphone ist die Google Websuche als Standard eingestellt und dürfte einen Teil dazu beigetragen haben, dass die mobile Websuche extrem hohe Marktanteile hat. Unter anderem das wurde im vergangenen Jahr von der EU-Kommission geahndet und mit einer Strafe in Höhe von 4,3 Milliarden Euro belegt. Obwohl das Urteil noch immer nicht rechtskräftig ist, wird Google ab Anfang 2020 entsprechend darauf reagieren und dem Nutzer die Wahl lassen.
Ab Anfang 2020 können Android-Nutzer in der EU direkt während der Einrichtung des Smartphones ihre bevorzugte Suchmaschine auswählen. Allerdings nicht aus einer endlosen Liste, sondern lediglich aus vier Alternativen inklusive der Google Websuche. Die anderen drei Plätze werden aber nicht an die jeweils populärsten Alternativen vergeben (was wohl ebenfalls für Kritik gesorgt hätte), sondern in einem Auktionssystem verkauft. Ob das fair ist oder nicht, darüber kann man diskutieren.
Die europäische Suchmaschine Qwant ist genauso wie viele andere Konkurrenten nicht gerade von diesem System begeistert und warnt davor, dass Google auf diese Weise einen Teil der Milliarden-Strafe, die bis jetzt noch nicht gezahlt wurde, wieder hereinzuholen. Natürlich wäre auch Qwant selbst gerne dabei, hat aber selbst keinen Vorschlag, wie Google die alternativen Suchmaschinen auswählen sollte. Im Folgenden die vollständige Pressemitteilung von Qwant zu diesem Thema:
Qwant verurteilt die Ankündigung von Google, die darauf abzielt, die freie Wahl der europäischen Verbraucher für die Nutzung einer anderen Suchmaschine als Google Search zu versteigern.
Qwant erinnert daran, dass Google am 18. Juli 2018 von der Europäischen Kommission zu einer Geldstrafe von 4,34 Milliarden Euro verurteilt wurde, weil es seine marktbeherrschende Stellung im Android-System missbraucht hat, indem es Google Search als Standard-Suchmaschine für fast alle Handyhersteller und deren Kunden eingeführt hat. Es kann nicht sein, dass Google seinen Wettbewerbern jetzt sein eigenes fehlerhaftes Verhalten und die Höhe der Geldbuße mit einem Auktionssystem in Rechnung stellt, das weder den europäischen Verbrauchern noch dem freien Wettbewerb zugute kommt, der durch ein solches Verfahren nicht verzerrt werden sollte.
Qwant weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das vorgeschlagene Ausschreibungsverfahren Suchmaschinen offen stehen würde, die ihre Ergebnisse und Einnahmen von Google ableiten, wodurch eine inakzeptable Verzerrung und ein hohes Risiko der Manipulation, Ungleichheit und Untreue der Auktion entsteht.
Die Entscheidung der Europäischen Kommission muss den europäischen Verbrauchern zugutekommen. Sie muss sicherstellen, dass die freie Wahl auf der Grundlage der zugrundeliegenden Vorzüge jeder Engine und der Erwartungen der Bürger, insbesondere in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten, beruht und nicht auf der Fähigkeit, Google zu finanzieren oder von Google finanziert zu werden.
Google hat Berufung gegen das Urteil vom 18. Juli 2018 eingelegt und Qwant ist eine Partei in diesem Prozess. Qwant kann nicht akzeptieren, dass das Auktionsverfahren einer von Google auferlegten Geheimhaltungsvereinbarung unterliegt, während dieser Prozess noch verhandelt wird. Eine solche Vertraulichkeitsvereinbarung lässt sich nur mit dem Wunsch rechtfertigen, den Wettbewerbern die Unstimmigkeiten, die sie sehen würden, zu verheimlichen. Dies ist ein weiterer inakzeptabler Missbrauch der beherrschenden Stellung Googles.
Qwant fordert daher die europäischen Institutionen und Interessengruppen auf, diesen Fall so schnell wie möglich zu klären, um die Entscheidung der Kommission vom 18. Juli 2018 vollständig durchzusetzen.
Der Ärger der Suchmaschinen ist natürlich nachvollziehbar, allerdings muss auch gesagt werden, dass es Gang und Gäbe ist, dass Suchmaschinen-Plätze vom Plattformbetreiber angeboten werden – und in dem Fall ist Google der Betreiber der Plattform. Diesen Platz einfach zu verschenken, würde wohl keinem Unternehmen einfallen. Google selbst zahlt Apple pro Jahr 9 Milliarden Dollar für den Platz als Standard-Suchmaschine. Außerdem zahlt die Konkurrenz nur dann, wenn der Nutzer wirklich wechselt. Fairer geht es kaum. Mehr dazu im folgenden Artikel:
Siehe auch
» Android: Google lässt alternative Suchmaschinen jetzt bezahlen – warum das dennoch fair ist (Kommentar)
» Google Maps: Neue Alternative- die Kartenplattform Qwant Maps will mit starkem Datenschutz punkten