Schon seit langer Zeit war in Huawei-Kreisen die Rede davon, dass das Unternehmen an einem eigenen Betriebssystem arbeitet, aber erst seit dem US-Bann sind die Pläne konkret geworden und erste Details ans Tageslicht gekommen. Jetzt hat Huawei auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz das neue Betriebssystem Harmony OS vorgestellt, das auf sehr vielen Plattformen zum Einsatz kommen kann und laut eigenen Aussagen auch als Android-Ersatz fungieren kann.
Über ein Huawei-eigenes Betriebssystem waren in den vergangenen zwei Monaten immer wieder Gerüchte im Umlauf, die sich aber nicht selten gegenseitig widersprachen – vor allem was das Einsatzgebiet angeht, als auch die Bezeichnung. Als Namen waren zuerst „Hongmeng OS“ und später „Ark OS“ im Umlauf, nun wurde es als Harmony OS vorgestellt, das international sicherlich die beste Wahl gewesen ist und in gewisser Weise einen positiven Klang hat.
Ohne großes Aufsehen oder eine von Feuerwerken unterlegte Präsentation hat Huawei das neue Betriebssystem Harmony OS vorgestellt, aber nur sehr wenige Details zu diesem System und den zukünftigen Plänen genannt. Verkündet wurde lediglich, dass das Betriebssystem auf sehr vielen Geräten eingesetzt werden kann und in Zukunft vom Smart TV über den Desktop, den Fernseher bis hin zum Auto und auch im Smartphone zum Einsatz kommen kann. Ein Betriebssystem für alle Plattformen – so wie Fuchsia.
Harmony OS basiert nicht auf Unix und hebt sich allein schon damit von sehr vielen anderen populären Betriebssystemen ab. Ob tatsächlich der Fuchsia-Kernel Zircon darunter stecken könnte, ist zur Stunde noch nicht bekannt und könnte vielleicht erst in den nächsten Tagen aufgeklärt werden. Sehr wahrscheinlich ist das zum aktuellen Zeitpunkt zwar nicht, aber ausgeschlossen werden kann es auch noch nicht. Da immer wieder von „modular“ die Rede ist, ist der Verdacht nicht ganz so weit hergeholt.
Interessant ist vor allem, dass Harmony OS eine Plattform für alle Geräteklassen bieten soll, die untereinander vernetzt sind und somit auf der gleichen Infrastruktur aufbauen. Müsste man es mit einem aktuellen Betriebssystem vergleichen, wäre wohl am ehesten Samsungs Tizen zu nennen.
A modularized #HarmonyOS can be nested to adapt flexibly to any device to create a seamless cross-device experience. Developed via the distributed capability kit, it builds the foundation of a shared developer ecosystem #HDC2019 pic.twitter.com/2TD9cgtdG8
— Huawei Mobile (@HuaweiMobile) August 9, 2019
Die spannende Frage ist aber, wie es nun auf den Smartphones weitergeht. Aus Huawei-Kreisen gab es in den vergangenen Wochen so viele Informationen – häufig nicht sehr zuverlässig – die jede mögliche Zukunft zugelassen hätten. In den letzten zwei Wochen wurden dann aber doch versöhnliche Töne angestimmt und klargestellt, dass die Smartphones auch weiterhin auf Android setzen sollen und man nach wie vor eine sehr gute Beziehung zu Google hat.
Dennoch kam man auch nach der Präsentation in den Interviewrunden nicht um eine passive Drohung herum, die aber weniger an Google, als viel mehr an die US-Regierung gerichtet sein dürfte: Wenn es notwendig ist, kann Harmony OS jederzeit auch auf Smartphones eingesetzt werden – und das sogar mit so geringem Aufwand, dass es kaum der Rede wert wäre.
Von Android auf Huawei OS umzusteigen, ist nicht so schwierig. Eigentlich ist es sogar sehr einfach.
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
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