Google Play Pass: Googles neues Abo-Modell für den Play Store kann so nicht funktionieren (Kommentar)
Im Google Play Store bzw. dem Android-Ökosystem gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten für App-Entwickler, ihre Arbeit zu refinanzieren. Entweder sie bitten den Nutzer direkt zur Kasse oder sie setzen auf Werbung innerhalb der App, durch die sie bei reger Nutzung eine ständige Einnahmequelle haben. Mit dem Google Play Pass soll nun schon sehr bald eine weitere Variante dazustoßen, die allerdings aus meiner Sicht von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist. Ein Kommentar.
Es gibt fast nichts, das es im Play Store nicht gibt. Die Nutzer können aus ungefähr zwei Millionen Apps und Spielen wählen und finden für jeden Geschmack, jedes Gerät und auch jeden Geldbeutel interessante Inhalte. Über die Qualität wird zwar immer wieder gesudert, doch auch in diesem Punkt hat der Play Store über die Jahre aufgeholt und kann in vielen Punkten mit Apples App Store mithalten. Und nun wird der Konkurrenzkampf auf einem anderen Feld eröffnet.
Google möchte den Google Play Pass einführen und damit ein globales Abo-Modell für den Play Store etablieren. Abos innerhalb einzelner Apps gibt es bereits, aber der Play Pass steht eine Stufe höher und ist ein direktes Abo mit Google. Schließt man dieses Abo ab, bekommt man unbegrenzten Zugriff auf eine Auswahl von kostenpflichtigen Apps und Spielen, die dann weder über In-App-Käufe verfügen noch Werbung anzeigen. Das klassische Abo eben.
Die Rahmenbedingungen sind derzeit nur aus der geleakten, aber von Google bestätigten, Testphase bekannt: Der Nutzer zahlt pro Monat 4,99 Dollar und bekommt dafür Zugriff auf Hunderte von Apps und Spiele im Play Store. Diese Bedingungen können sich noch ändern, aber gehen wir einfach mal davon aus, dass es dabei bleiben wird und das Angebot in dieser Klasse der Preis-Leistung starten wird. Möglicherweise wird man den Start von Apple Arcade – das exakte Gegenstück zum neuen Google-Angebot – und dessen Preisgestaltung abwarten.
Für Nutzer klingt das Modell auf den ersten Blick sehr attraktiv, aber tatsächlich dürfte es wohl dazu führen, dass die Einnahmen eher sinken statt steigen und Google selbst vielleicht noch kräftig draufzahlen muss, um überhaupt Entwickler für diese Idee zu begeistern.
Wie lässt sich damit Geld verdienen?
Nehmen wir mal das einfache Rechenbeispiel: 5 Dollar im Monat für den Zugriff auf 500 Apps und Spiele. Für jeden zahlenden Nutzer bleibt pro App also genau 1 Cent pro Monat. Wenn Google die Standard-Gebühr von 30 Prozent ansetzt, sind es sogar nur 0,7 Cent, die pro Nutzer beim Entwickler hängen bleiben. Bei mehreren Millionen Nutzern mag das vielleicht tragfähig sein, aber attraktiv ist es auch dann nicht – denn auf allen anderen Wegen lässt sich sehr viel mehr Geld verdienen.
Wenn der Nutzer die App kauft – und sei es nur für 99 Cent – verdient der Entwickler das Hundertfache. Kann der Nutzer innerhalb der App Inhalte kaufen, wird diese Einnahme noch einmal vervielfacht. Und wenn der Entwickler einzig und allein (oder manchmal sogar zusätzlich) auf Werbung innerhalb der App setzt, sind deutlich mehr als 0,7 Cent pro Monat pro Nutzer drin. Selbst wenn das Abo 10 Dollar kostet und nur 200 Apps und Spiele dabei wären, wäre es noch immer nicht lukrativ.
Die Geldverteilung im Hintergrund ist unklar
Nun wissen wir nicht, wie das im Hintergrund abgerechnet wird. Vielleicht werden nicht alle Entwickler in gleichem Maße aus dem Geldtopf bedient, sondern nur die, deren Apps auch tatsächlich verwendet werden. Das würde die Umsätze der attraktiven Apps steigern, den anderen teilnehmenden Entwicklern aber nicht viel bringen. Da Google bei nur „Hunderten“ Apps sehr stark sieben muss, bleibt da vermutlich nur das Who-is-who der Apps und Spiele übrig, die sich wohl kaum mit Kleckerbeträgen abspeisen lassen.
Das große Problem im Play Store ist es, dass die Android-Nutzer in der Masse einfach nicht für Apps und Spiele zahlen möchten – ganz anders als die Apple-Nutzer. Das zeigt sich in den Umsatz-Statistiken der App Stores immer wieder und wird vor allem von diesem Abo-Modell nicht gelöst werden können. Eher verschärft sich die Situation dadurch, dass die paar zahlungswilligen Nutzer auf das Abo-Modell umsteigen und so noch weniger Geld ausgeben müssen als zuvor. Sehr gut für den Nutzer, schlecht für die gesamte App-Welt und Google.
Mit der neuen Spieleplattform Stadia hatte Google gerade erst das Nicht-Abo verteidigt und zwischen den Zeilen immer wieder durchblicken lassen, dass ein Abo-Modell in der Form nicht tragbar ist. Wenn ein einzelner Hersteller ein Abo anbietet, sieht das immer ein bisschen anders aus. Nehmen wir das Beispiele Uplay+ von Ubisoft bei Stadia. Ubisoft betreibt das Abo-Modell selbst und muss das Geld so nicht auf einzelne Entwickler bzw. Spieletitel aufteilen. Das funktioniert, weil das Geld sowieso im Unternehmen bleibt.
Weitet man das aber auf sehr viele Entwickler und Unternehmen aus, ist das immer ein riesiges Problem der Geldverteilung. Bei Filmen und Musik funktioniert das, weil die Abo-Plattformen ein zusätzlicher Vertriebsweg sind und die Medienkonzerne einen festen Betrag pro Abruf erhalten. Doch während man sich seinen Lieblings-Song 100x anhört, kann man eine App eben nur einmal kaufen. Ein stetiger Strom ist nur durch Werbung bzw. ein internes Abo-Modell möglich.
Grundsätzlich traue ich dem Team des Google Play Store natürlich zu, dass sie das vorher mal durchgerechnet haben, aber das Angebot dürfte wohl viel mehr von der Ankündigung Apple Arcades getrieben sein, als von der wirklichen Hoffnung, damit nennenswerte Umsatzsteigerungen erzielen zu können. Weil die Nutzerschicht aber eine völlig andere ist und der App Store keine echte Konkurrenz für Google Play ist (niemand wird deswegen das Ökosystem wechseln), halte ich das für blinden Aktionismus, der schlussendlich den teilnehmenden App-Entwicklern oder Google teuer zu stehen kommen wird.
» Google Play Pass: Google testet neues Abo-Modell für Apps und Spiele im Play Store (Screenshots)
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