Android: Google lässt alternative Suchmaschinen jetzt bezahlen – warum das dennoch fair ist (Kommentar)

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Gestern hat Google angekündigt, dass EU-Nutzer künftig die Standard-Suchmaschine auswählen können und das Betriebssystem ab dem kommenden Jahr einen neuen Auswahldialog anbieten wird. Doch hinter diesem unscheinbaren Dialog steckt eine große Brisanz, denn Google hat ein Auktionssystem geschaffen, für das die anderen Suchmaschinen tief in die Taschen greifen müssen. Das dürfte sich schlussendlich für Google mehr lohnen als für die Konkurrenz und das System mal wieder ad absurdem führen.


Google dominiert sowohl den Markt der mobilen Betriebssysteme als auch in vielen Ländern den Suchmaschinenmarkt. Beide Geschäftsfelder sind völlig unabhängig voneinander entstanden, aber dennoch sehen Wettbewerbshüter immer wieder ein Problem in der tiefen Integration der Websuche in das Betriebssystem. Im vergangenen Jahr musste Google auch deswegen eine Milliardenstrafe in der EU zahlen und wurde zu Änderungen verdonnert. Doch diese dürften ihr Ziel verfehlen.

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Google soll es den Nutzer erleichtern, den Standard-Browser sowie die Standard-Suchmaschine zu ändern und neue Alternativen zu entdecken. Das hat man bereits vor einigen Monaten mit der Browserweiche im Play Store begonnen und wird es ab Anfang 2020 mit der neuen Suchmaschinenauswahl bei der Android-Einrichtung fortsetzen. Doch während die Auswahl im Play Store eine zufällige Auswahl anzeigt, verhält es sich mit der neuen Auswahl ganz anders.

Es werden lediglich drei alternative Suchmaschinen zur Google Websuche angezeigt und die Anbieter müssen um den Platz in dieser Liste kämpfen – per Auktionssystem. Alle relevanten Suchmaschinen-Anbieter müssen einige Bedingungen erfüllen und zugleich ein Gebot abgeben, wie viel Geld sie bereit sind, pro gewonnenem Nutzer zu zahlen. Die drei Anbieter mit dem höchsten Gebot bekommen den Zuschlag und werden dann in den kommenden 12 Monaten dort zu sehen sein.

Man kann also nicht von einer Auswahl reden, sondern eher von einer großen Werbeanzeige, an der Google auf jeden Fall mitverdient und von jeder Auswahl des Nutzers profitiert. Wird Google ausgewählt, hält man den Nutzer. Wird ein Konkurrent ausgewählt, fließt Geld nach Mountain View.



Wie hoch der Betrag sein wird, den die anderen Suchmaschinen pro Nutzer zahlen müssen, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Durch das Auktionssystem kann die Höhe je nach Region sehr unterschiedlich ausfallen. In Land A können es vielleicht nur wenige Cent sein, während es in Land B auf mehrere Euro hochgehen kann. Das kann man mit dem AdWords-System hinter den Werbebannern vergleichen, denn dort gehen die Klickpreise pro Begriff ebenfalls vom einstelligen Cent-Bereich bis zum zweistelligen Euro-Bereich.

Prominente Werbeplätze kosten viel Geld
Der „Werbeplatz“ bei der Einrichtung eines neuen Android-Smartphones und in weiter Folge DER Platz auf dem Homescreen von Hunderten Millionen oder gar Milliarden Nutzern ist mehr als attraktiv und vielleicht der beste Werbeplatz der Welt. Es ist also gut möglich, dass hier hohe Eurosummen pro Nutzer gezahlt werden. Dabei darf man nicht vergessen, dass die neuen Suchmaschinen dann schließlich mit dem neuen Nutzer viel Geld durch Werbeanzeigen in den Suchergebnissen verdienen können.

Die Auswahl wird kaum funktionieren
Problematisch ist allerdings, dass die Menschen in vielen Ländern nur Google kennen. Von anderen Suchmaschinen haben sie noch nie etwas gehört und können auch mit den Namen wie Qwant nicht viel anfangen. Da die Auswahlliste keine weiteren Informationen ergibt, werden wohl nur sehr wenige Nutzer eine andere Auswahl als „Google“ treffen. Niemand wird denken, „oh, diese Suchmaschine wollte ich schon lange verwenden“ und dann die Auswahl treffen. Wer wechseln wollte, hat das schon längst getan.

Das nächste Problem ist es, dass viele Suchmaschinen aufgrund von Googles jahrelanger Dominanz nur vergleichsweise kleine Fische sind und es nur in wenigen Ländern große und finanzkräftige Konkurrenten gibt. Es werden sich also nur wenige den Luxus leisten können, überhaupt in dieser Liste aufzutauchen. Und die, die es sich leisten können, hätten es vermutlich ohnehin nicht notwendig. Der Nutzer schlittert also vom Regen in die Traufe. Diese mangelnde Auswahl an attraktiver Konkurrenz kann man Google aber nicht vorwerfen.

Braucht Google die Suchleiste?
Die nächste Frage ist, ob Google die Suchleiste überhaupt unbedingt benötigt. Wenn dort plötzlich Suchmaschine X aufgeführt ist, dann öffnen die Nutzer eben den Browser und nutzen die Google-Suche. Außerdem ist die Google Suche im Discover Feed, im Google Assistant und selbst in der Tastatur-App Gboard integriert und somit stets nur wenige Schritte entfernt verfügbar. Suchmaschine X zahlt also viel Geld und am Ende bleibt der Nutzer doch bei Google. Das kann die Konkurrenz, wenn das im großen Stil geschieht, sogar schwächen.



Warum das System dennoch fair ist
Google hat Android über Jahre aufgebaut und es zum heutigen Erfolg geführt – und die Früchte dieser für alle kostenlos nutzbaren Plattform möchte man natürlich auch ernten. Natürlich soll und muss es Konkurrenz geben, aber warum sollte Google diese mit sehr viel Geld aufgebaute Plattform nun kostenlos der Konkurrenz überlassen? Dafür gibt es überhaupt keinen Grund und auch keine rechtliche Grundlage. Dass die Nutzer die Möglichkeit zum Wechsel haben sollen, ist selbstverständlich, aber der Konkurrenz gleichzeitig den roten Teppich auszurollen, kann niemand verlangen.

Es ist also nur fair, dass Google diesen wichtigen Platz nicht verschenkt, sondern verkauft. Andere Unternehmen können auch von keinem Gericht der Welt dazu gezwungen werden, ihre Kunden kostenlos an die Konkurrenz abzugeben. Selbst bei Zerschlagungen oder Fusionen mit Auflagen (wie jüngst in den USA) werden die Geschäfte VERKAUFT und nicht VERSCHENKT.

Natürlich ist das nicht im Sinne der eigentlichen Intention der EU-Kartellbehörden, aber schlussendlich ist es ein faires offenes System im Sinne der freien Marktwirtschaft. Erfolg muss man sich erarbeiten und nicht auf dem Präsentierteller geschenkt bekommen – und ohne Marketing (als nichts anderes kann man diesen Platz in der Android-Auswahl bezeichnen) geht es in den meisten Fällen nun mal nicht.

Zu guter Letzt sollten wir nicht vergessen, dass umgekehrt Google 10 Milliarden Dollar an Apple zahlt, um als Standard-Suchmaschine vorinstalliert zu sein. Es hat also einen erheblichen Marktwert.

» Android: EU-Nutzer können die Standard-Suchmaschine ändern & Google verdient bei jedem Wechsel mit




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