Google hört mit: Die Auswertung aller Sprachbefehle muss transparenter und optional werden (Kommentar)

google 

Gestern musste Google nicht ganz freiwillig zugeben, dass viele Google Assistant-Sprachbefehle abgehört werden und auf den Schreibtischen von gut 1000 Mitarbeitern landen. Völlig überrascht war von diesem Eingeständnis wohl niemand, der sich ein bisschen in der Tech-Welt auskennt – enttäuscht aber vielleicht dennoch. Googles Erklärung erfolgte sehr schnell und war die einzig richtige Reaktion, aber es kam – wieder einmal – viel zu spät.


Smarte Assistenten begleiten uns schon seit Jahren auf dem Smartphone, wurden dort aber meist nur als unnötiges Gimmick angesehen, das nur selten benötigt wird und höchstens mal eine lange Suchanfrage per Sprache abkürzen kann. Doch mit der rasanten Verbreitung der Smart Speaker und damit dem Aufbau des Smart Homes sieht das etwas anders aus. Hier ist die Sprache das einzig sinnvolle Kommunikationsmittel und es wird viel geredet und aufgezeichnet.

google home smart speaker

Dass Google alle Sprachbefehle der Nutzer aufzeichnet und diese im Normalfall niemals löscht, ist seit langer Zeit bekannt. Wer möchte, kann sich alle Sprachbefehle inklusive Transkribierung ansehen und diese sogar wieder abspielen – das funktioniert sowohl mit brandaktuellen als auch mit längst vergessenen Befehlen und Anfragen. Über der Auflistung steht der Satz Nur Sie können diese Daten sehen. Google schützt Ihre Daten und Ihre Privatsphäre. Das ist faktisch korrekt, denn im aktuellen Fall geht es um das anhören, nicht das ansehen.

Dass einige Mitarbeiter einige wenige Sprachbefehle auswerten, um die Qualität der Spracherkennung weiter zu steigen, hatte Google vorsichtshalber schon beim Amazon-Fall eingestanden. Man konnte also schon davon ausgehen, dass Google sehr ähnliche Methoden wie Amazon anwendet. Spätestens seit gestern wissen wir, dass das nicht nur tatsächlich der Fall ist, sondern wie groß dieser Umfang der Auswertungen wirklich ist. Prozentual mag man von einer kleinen Anzahl reden können, absolut hingegen nicht.

1000 Mitarbeiter sind mittlerweile notwendig, um 0,2 Prozent aller Sprachbefehle auszuwerten. 0,2 klingt wenig, global betrachtet und auf die Masse der Nutzer ist das aber sehr viel – was sich vor allem an der hohen Mitarbeiterzahl zeigt. Jeder 500. Befehl wird ausgewertet. Wer also ständig das Licht An- und Ausschalten lässt, rutscht schon schnell in die Statistik rein.



Die Kommunikation ist mangelhaft
Dass Google diese Auswertungen vornimmt, weil sie technisch notwendig sind, ist gar nicht das große Problem. Das Problem ist, wie der ganze Ablauf kommuniziert wird – nämlich gar nicht. Kein Durchschnittsnutzer hat eine Ahnung davon, dass seine Ansagen auf dem Präsentierteller landen. Natürlich muss man ihm das nicht ständig auf die Nase binden, aber eine einmalige Information nach der Einrichtung (die nicht in vagen Sätzen im Kleingedruckten steht) wäre vielleicht eine gute Idee. Gerne natürlich auch eine Möglichkeit, die eigenen Aufnahmen ausschließen zu können.

Kleckerweises Zugeben ist nicht vertrauensbildend
Jetzt, wo der Fall bekannt geworden ist, spricht Google darüber – nennt aber lediglich die Details, die ohnehin bereits bekannt waren. Interessante Details wie etwa die Frage, wonach die 0,2 Prozent ausgesucht werden, werden weiterhin verschwiegen. Das schafft kein Vertrauen. Wäre da nicht der extrem hohe Grad an Fehlerkennungen (laut dem belgischen Bericht), könnte man das verschmerzen, aber wenn über 10 Prozent aller nachträglich analysierten Aufnahmen private Gespräche enthalten, läuft da etwas gewaltig schief.

Statt die Nutzer in dem englischsprachigen Blogpost zu informieren, schießt man sich vor allem auf den Whistleblower ein, der diese Daten weitergegeben hat und den man zur Rechenschaft ziehen wird. Natürlich, das muss man tun, aber es lenkt das negative Bild von den eigenen Vorgängen auf die Person, die vielleicht einen Stein ins Rollen bringt, mit dem sich die Methoden ändern könnten. Die beste Lösung, wie bereits gesagt, wäre eine Möglichkeit, sich selbst von diesen Analysen ausnehmen zu lassen.

Siehe auch
» Google lauscht wirklich: Google bestätigt – und erklärt – den Vorwurf der abgehörten Sprachbefehle

» Google lauscht mit: Mehr als 1000 Mitarbeiter werten die Sprachbefehle an den Google Assistant aus (Bericht)




Teile diesen Artikel:

Facebook twitter Pocket Pocket

comment 1 Kommentare zum Thema "Google hört mit: Die Auswertung aller Sprachbefehle muss transparenter und optional werden (Kommentar)"

  • ….Kein Durchschnittsnutzer hat eine Ahnung davon, dass seine Ansagen auf dem Präsentierteller landen…

    Da muss man aber schon ganz arg naiv sein um das anzunehmen.
    Google als auch Amazon sprachen öfters davon, das wegen Qualitätsverbesserungen mitgehört werden kann…Es ist Jedermann Sache damit umzugehen…
    Wenn ich halbwegs weiß, dass ein Gerät permanent auf Bereitschaft sein MUSS um das Reizwort zu hören, kann ich mir ja vorstellen was dahinter sich verbirgt…..nur nachher so zu tun, als wäre man ahnungslos….ist wirklich naiv.
    KI setzt vor allem I beim Enduser voraus und nicht die Abgabe des eigenen Gehirns, genau so verhält es sich mit Sprachassistenten.

Kommentare sind geschlossen.